Lambrecht schließt Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an Ukraine nicht mehr aus
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Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bei dem Truppenbesuch.
© Quelle: Getty Images
Marienberg. Am Ende schließt die Verteidigungsministerin nicht einmal mehr die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine aus. Nach ihrem Truppenbesuch im sächsischen Marienberg bei deutschen Soldaten der schnellen Nato-Eingreiftruppe und einer Vorführung des Schützenpanzer Marder, den Deutschland demnächst der ukrainischen Armee liefern will, lässt Christine Lambrecht (SPD) es offen, ob Deutschland dem Vorbild Polen folgen wird und den Kampfpanzer ebenfalls zur Verfügung stellt.
Es ist die erste Dienstreise von Christine Lambrecht, seit sie mit ihrem Silvestervideo erneut in Verruf geraten war: Am Mittwoch weihte die sozialdemokratische Bundesministerin der Verteidigung ein neues Marinearsenal in Rostock ein. Am Donnerstag hielt sie sich im sächsischen Marienberg auf – genauer: beim Panzergrenadierbataillon 371. Die zweite Station war die wichtigere.
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© Quelle: dpa
Das hat damit zu tun, dass die Panzergrenadiere Teil der „Very High Readiness Joint Task Force“ sind – kurz: VJTF. In dieser schnellen Eingreiftruppe der Nato hat Deutschland seit dem 1. Januar die Führung. Dabei ist neben einer guten Ausrüstung vor allem „Kaltstartfähigkeit“ gefragt, also das Vermögen, binnen kurzer Zeit Personal und Material von A nach B zu verlegen, in diesem Fall: an die Ostflanke des Bündnisses. Die 11.500-köpfige VJTF mit 8.000 deutschen Soldatinnen und Soldaten soll in maximal sieben Tagen abmarschbereit sein.
Die Bedeutung des Termins rührte überdies daher, dass zum Material in diesem Fall auch Schützenpanzer vom Typ Marder gehören. Denn von den für die VJTF eigentlich vorgesehenen Nachfolgemodellen Puma fielen bei einer Übung zuletzt alle 18 Exemplare aus. In Marienberg haben sie 44 Marder, 28 werden bei Bedarf verlegt. Unterdessen wird die Materialnot noch dadurch verschärft, dass deutsche Marder auf Geheiß von Kanzler Olaf Scholz nun auch in die Ukraine geschickt werden sollen, obwohl seine Verteidigungsministerin lange erklärte, die Bundeswehr könne sie nicht abgeben.
In Marienberg wurde Lambrecht zunächst demonstriert, was die Marder leisten. Die 39 Tonnen schweren Schützenpanzer haben einen Turm, der rundum schwenkbar ist. Dazu sind sechs Soldaten mit Maschinengewehren an Bord, ergänzt durch Panzerfäuste und das Panzerabwehrsystem Mells, das andere Panzer ins Visier nehmen kann.
Ein hochgewachsener junger Mann, der sich als „Hauptgefreiter Paul“ vorstellte und aus Sachsen stammt, sagte freimütig, dass er zur kämpfenden Truppe gehören wolle und sich zu diesem Zweck die heimischen Panzergrenadiere angeboten hätten. Das Material reiche zum Üben, sagte Paul weiter. „Aber es könnte mehr sein.“ Auf den hinter ihm stehenden Schützenpanzer ließ der Hauptgefreite indes nichts kommen. „Der Marder ist der beste Freund des Grenadiers“, betonte er. Ansonsten hat sich für den Soldaten durch die VJTF-Bereitschaft nach eigenen Worten nicht viel verändert – nur dass er bis auf weiteres „nicht zwei Wochen nach Malle“ fliegen kann.
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Der Marder-Demonstration schloss sich ein Gespräch der Ministerin mit Soldatinnen und Soldaten an. „Einen schönen guten Tag“, sagt sie. „Ich freue mich sehr, mit Ihnen in einen Austausch zu kommen.“ Mehr erfuhren die anwesenden Journalisten jedoch nicht. Nach den einleitenden Worten mussten sie den Raum verlassen.
Das ist bei Lambrecht-Besuchen längst die Regel. Visiten wie diese werden sorgfältig vorbereitet. Direkte Begegnungen zwischen Medienvertretern und der Verteidigungsministerin gibt es kaum noch. Mitarbeiter wollen angesichts der zunehmenden öffentlichen Kritik an ihr offenbar die Angriffsfläche minimieren. Das war bei ihren jüngsten Auslandsreisen nach Mali und in die Slowakei ebenso wie am Donnerstag bei der Inlandsreise nach Marienberg.
Lambrecht zu Leo-Lieferungen: „Nichts ausschließen“
So endete der Ausflug von Berlin ins 300 Kilometer entfernte Marienberg wie vorgesehen mit einem Statement. Mit Blick auf den Ausfall der Puma für die Nato-Truppe und den Ersatz durch die Marder sagte Lambrecht: „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen.“ Gemünzt auf die Marder-Lieferungen an die Ukraine fügte sie hinzu, diese sollten mit möglichst geringen Einschränkungen für die Bundeswehr verbunden sein, würden aber ebenfalls sichergestellt.
Und dann ging die Verteidigungsministerin diesen einen Schritt weiter. Auf die Frage nach der Unterstützung der Ukraine mit Leopard-Kampfpanzer, die nach der Zusage solcher Lieferungen durch Polen immer lauter gefordert wird, antwortete Lambrecht: „In den Zeiten, in denen wir leben, sind wir gut beraten, uns auf die jeweilige Situation einzustellen.“ Zwar bekräftigte sie zugleich, dass solche Lieferungen im Moment noch nicht auf der Tagesordnung stünden: „Diese Entscheidung ist nicht getroffen. Und deswegen stellt sich diese Frage auch darüber hinaus nicht“, so die Ministerin. Es werde auch hier keine deutschen Alleingänge geben, fügte sie hinzu.
Aber die Möglichkeit einer Lieferung von Leopard-Panzern verneinte sie nicht mehr. Es sei der richtige Ansatz, „nichts auszuschließen“, sagte Lambrecht sogar. Das klang in Marienberg schon fast wie eine Zusage.