Lauterbach: “Spanien hat die risikobereiten Touristen zu sich eingeladen”
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/WKIZEYNBMJBC7N3QFA3XQ2A4N4.jpg)
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach im Bundestag.
© Quelle: imago images/Christian Spicker
Berlin. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ist angesichts der neuen Coronavirus-Welle in Spanien nicht überrascht. “Spanien hatte einen massiven Lockdown und hat dann sehr viel Tourismus zugelassen”, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Dabei seien Touristen “in der heutigen Zeit risikobereiter als andere”, das gelte insbesondere für junge Menschen. “Spanien hat die risikobereiten Touristen zu sich eingeladen”, sagte Lauterbach. Insofern dürfe man sich über die Folgen nicht wundern.
Die jetzt vom Auswärtigen Amt für fast ganz Spanien mit Ausnahme der Kanarischen Inseln ausgesprochene Reisewarnung sei daher ebenso richtig wie geplante Tests oder etwaige Quarantäne für Rückkehrer von dort. “Man hätte damit nicht länger warten dürfen.”
Der SPD-Politiker betonte: “Ich würde persönlich keinen Urlaub in Spanien machen. Ich hoffe, dass die Spanier das hinbekommen.” Im Übrigen seien die jetzt auftretenden zweiten Wellen in Spanien und anderen Ländern “keine Überraschung”, so Lauterbach. “Zweite Wellen sind die Regel und nicht die Ausnahme.” Deshalb fühle er sich in seinen zuweilen kritisierten Warnungen bestätigt.
Lauterbach fühlt sich bestätigt
Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Reisewarnung verteidigt. “Das ist kein Reiseverbot, aber die klare Ansage: Wer aus dem Spanien-Urlaub kommt, muss in Quarantäne, solange er kein negatives Testergebnis hat”, sagte er der “Bild am Sonntag”. “Und wer trotz der Warnung nach Spanien fährt, sollte sich und andere auch im Urlaub schützen. Partyurlaub ist in dieser Pandemie unverantwortlich.”
Er wisse, was diese Entscheidung der Regierung für viele Urlauber, für Reisebüros oder auch für Spanien bedeute, sagte Spahn weiter. “Aber leider steigen die Infektionszahlen dort stark, zu stark.”
Der Tourismus trägt in Spanien etwa 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Auf den Balearen und den Kanarischen Inseln liegt der Anteil sogar bei über einem Drittel. Im Zuge der Corona-Krise fiel das BIP dort im Frühjahr um 18,5 Prozent zum Vorquartal. Das Minus ist damit sogar noch größer als erwartet und das größte in der spanischen Geschichte.
Derzeit weilen nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) rund 30.000 deutsche Pauschaltouristen auf den Balearen. Mit geschätzt mehr als 90 Prozent dürften die meisten von ihnen auf Mallorca Urlaub machen, sagte DRV-Sprecher Torsten Schäfer am Samstag der dpa. Gäste, die bei der Tui gebucht haben, können entweder ihren planmäßigen Rückflug in den nächsten sieben Tagen antreten oder auf ein früheres Datum umbuchen.
Regierung stuft Mallorca als Corona-Risikogebiet ein
In Regierungskreisen wurde betont, dass die Einstufung als Risikogebiet kein Reiseverbot für Spanien darstellt.
© Quelle: Reuters
Nach Angaben des DRV werden alle Reiseveranstalter in den kommenden Tagen geplante Reisen zu den von der Reisewarnung betroffenen Zielen absagen. Das ermöglicht Pauschaltouristen eine kostenlose Kündigung des Reisevertrages. Das spanische Festland und die Balearen werden zugleich vom Robert-Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet geführt. Das bedeutet, dass für heimkehrende Urlauber eine Pflicht zum Test auf das Coronavirus greift. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen sie sich in häusliche Quarantäne begeben.
Wann wird ein Land als Risikogebiet eingestuft?
Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat. Für ganz Spanien gab das Gesundheitsministerium in Madrid diesen Wert am Freitag mit mehr als 58 für die vergangenen sieben Tage an. Auf den Balearen liege er sogar bei über 77.
Für Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten gilt schon seit einigen Wochen, dass sie sich beim Gesundheitsamt melden und Angaben zu Symptomen und einem eventuellen Corona-Test machen müssen. Seit dem vergangenen Wochenende greift zudem eine Testpflicht bei der Heimkehr: Wer kein negatives Testergebnis von kurz vor der Abreise dabeihat, muss sich nach der Ankunft in Deutschland testen lassen.
Frankreich: Paris und Marseille wieder zu Risikogebieten erklärt
Die französische Regierung hat unter anderem Paris und die Region um Marseille herum zum Corona-Hochrisiko-Gebiet erklärt.
© Quelle: Reuters
Das heißt: Entweder man lässt sich noch im Urlaubsland höchstens 48 Stunden vor der Abreise testen und legt einen Negativnachweis in deutscher oder englischer Sprache vor – Tests im Ausland sind aber selbst zu zahlen –, oder man lässt sich nach der Rückkehr in Deutschland testen, was drei Tage lang kostenlos möglich ist.