Laschet-Biografie: Familie soll von Karl dem Großen abstammen

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen

Düsseldorf. Armin Laschet und Karl der Große: Als Verbindung zwischen dem mächtigsten Kaiser des Mittelalters und dem nordrhein-westfälischen CDU-Ministerpräsidenten fällt einem eigentlich nur Aachen ein. Dass die Familie Laschets meint, direkt vom Frankenherrscher abzustammen, ist in der ersten Laschet-Biografie “Der Machtmenschliche” nachzulesen.

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Der geborene Aachener Laschet hat in seinem Büro in der Düsseldorfer Staatskanzlei eine goldene Karl-Büste aufstellen lassen. Was Laschet vielleicht auch mit dem Frankenherrscher verbindet, ist das Streben nach Höherem. Der Politiker bewirbt sich um den CDU-Bundesvorsitz und gilt als möglicher Kanzlerkandidat.

Nicht nur Anekdotisches, wenig schmeichelhaft

Wenige Monate vor dem entscheidenden CDU-Bundesparteitag legen die Journalisten Tobias Blasius (NRW-Korrespondent der Funke-Mediengruppe) und Moritz Küpper (Deutschlandradio) eine detailreiche und akribisch recherchierte Biografie über den oft unterschätzten CDU-Politiker vor.

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Sie fördern dabei nicht nur viel Anekdotisches zutage, etwa dass Laschet bei Peter Maffay einen lebenslangen Backstage-Pass hat oder dass er als Jugendlicher ein Plakat der polnischen Gewerkschaft Solidarność im Zimmer hängen hatte.

Anhand von mehr als 60 Gesprächen mit Weggefährten Laschets und aus eigener Beobachtung heraus sezieren die Autoren vielmehr die holprige und von Niederlagen begleitete politische Laufbahn Laschets von Aachen über Bonn und Brüssel in die Düsseldorfer Staatskanzlei.

Laschet kommt im Buch zwar durchaus sympathisch rüber, aber die Autoren legen schonungslos auch Fehler offen – und kommen oft zu wenig schmeichelhaften Schlussfolgerungen.

Behütet weit im Westen

Kann Laschet Kanzler? Das ist die alles beherrschende Frage auch in der Biografie. Durch Machtwillen wie einst Helmut Kohl zeichne sich Laschet nicht aus. Ihm fehle die Härte einer Kanzlerin Angela Merkel, die mit sicherem Instinkt wisse, wann man in der Politik keine Verwandten mehr kennen dürfe. Vertraute sagen, Laschet fehle die Fähigkeit "zum Abservieren".

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Laschet wächst behütet weit im Westen der Bonner Republik auf, mit einer intakten Großfamilie. Er ist Reihenhaus-Besitzer in seinem Geburtsort, verheiratet mit seiner Sandkasten-Liebe, tief vernetzt in einem Aachener Klüngel aus Kirche, Karneval und Jugendfreunden.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei der Verleihung des "Ordens wider den Tierischen Ernst 2020".

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei der Verleihung des "Ordens wider den Tierischen Ernst 2020".

Keine biografischen Brüche, sondern “fröhliche Kontinuität”, heißt es im dem Buch. Laschet vermittele “keinen brachialen Aufstiegswillen am Fuße des Achttausenders”.

Niederlagen im Wahlkampf

Laschet war ein mittelmäßiger Schüler, bleibt in der zehnten Klasse einmal sitzen, wird von der Bundeswehr ausgemustert und studiert bis zum Ersten Jura-Staatsexamen (Note befriedigend). Ein "notorischer Optimismus" steuere Laschet auch durch Niederlagen, heißt es in dem Buch. Und davon muss er einige einstecken: Er verliert ausgerechnet im "Wahlkreis Karls des Großen" 1998 sein Bundestagsmandat und wird Europa-Parlamentarier.

2010 verliert er nach der Abwahl der CDU in NRW erst den Kampf um den Vorsitz in der Landtagsfraktion und dann gegen Norbert Röttgen den Vorsitz des CDU-Landesverbandes. Erst bei der NRW-Neuwahl 2012 schlägt Laschets Stunde, als Spitzenkandidat Röttgen nach dem desaströsen CDU-Ergebnis auch von Merkel als Bundesumweltminister abserviert wird.

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Verstehen und einen Mittelweg finden

Als erster Landesintegrationsminister Deutschlands wird Laschet bundesweit prominent, aber auch als “Türken-Armin” verspottet. Sein zweites Ressort, die Familien- und Kita-Politik, vernachlässigt er. Sein Schreibtisch gilt als “Bermudadreieck”. Höhepunkt des Chaos ist die Affäre um die verschwundenen Uni-Klausuren, die Laschet als Lehrbeauftragter der RWTH Aachen hatte korrigieren sollen.

Laschet gelte aber auch als “Grünen-Versteher”, schließe Freundschaften mit Andersdenkenden und sucht nach Ansicht der Interviewpartner immer das Verbindende und den Mittelweg. Er betreibe Politik nicht als Kampfsport und schaffe es, “nirgendwo verbrannte Erde zu hinterlassen.”

Er sei nicht nachtragend, aber auch fordernd mit Neigung zu launischen Wutausbrüchen. Laschets Schwäche: Er stecke sich bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit einen Zigarillo an.

Das Cover des Buches "Der Machtmenschliche" der Autoren Tobias Blasius und Moritz Küpper zeigt Armin Laschet.

Das Cover des Buches "Der Machtmenschliche" der Autoren Tobias Blasius und Moritz Küpper zeigt Armin Laschet.

Keine Machtmaschine

Schon früh holt sich Laschet den aus einem erzkatholischen Milieu stammenden Nathanael Liminski an seine Seite. Nach dem Sieg der CDU 2017 macht er ihn zum jüngsten Staatskanzleichef Deutschlands. Liminski sei eine "politische Präzisionsmaschine, die gewissenhaft durch Laschets Alltag schnurrt", schreiben die Autoren. "Wenn die Nummer Eins den Bauch sprechen lässt, bewahrt die Nummer zwei den kühlen Verstand." Manche sehen Liminski als eigentlichen Treiber für Laschets Ambitionen.

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"Er ist keine Machtmaschine", meinen die Autoren. Laschet warte ab, sondiere, wolle Teamlösungen. Die aber wird es im Kampf um den Bundesvorsitz wohl nicht geben. Sein alter Freund Cem Özdemir von den Grünen sagt: "Er ist schon auch ein knallharter Polit-Profi, der weiß, in welche Schlacht man ziehen muss."

So zieht Laschet auch erst im zweiten Anlauf in den Kampf um den CDU-Vorsitz. Sein Kampfgeist ist geweckt, die Konkurrenten Röttgen und Friedrich Merz zu besiegen. Die Corona-Pandemie macht die Pläne für einen vorgezogenen Parteitag vorerst zunichte – plötzlich scheint nicht mehr der freundliche Versöhner Laschet gefragt, sondern Autorität ausstrahlende Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. “Ich bin wie ich bin”, zitieren die Autoren Laschet.

“Ja, er will ganz nach oben, er muss es aber wohl nicht”, bilanzieren Blasius und Küppers nach 350 Seiten – und überlassen dem Leser die Antwort auf die Frage: “Reicht das?”

RND/dpa

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