Merkel über Greta Thunberg: “Ein außergewöhnliches Mädchen”

Berliner Salon des RND on tour im  OZ-Leserforum mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, OZ-Chefredakteur Andreas Ebel (r.) und RND-Hauptstadtbüro-Chef Gordon Repinski (l.) im Ozeaneum in Stralsund.

Berliner Salon des RND on tour im OZ-Leserforum mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, OZ-Chefredakteur Andreas Ebel (r.) und RND-Hauptstadtbüro-Chef Gordon Repinski (l.) im Ozeaneum in Stralsund.

Stralsund. Zuerst ist Alexandra dran. Die Pinguin-Dame ist sozusagen die gute Bekannte Angela Merkels im Ozeaneum der Hansestadt - und die Bundeskanzlerin schaut jedes Mal, wie es ihrem Schützling geht, für den sie vor 8 Jahren die Patenschaft übernommen hatte. Die CDU-Politikerin beginnt die ersten Arbeitstage in ihrem Wahlkreis, sie ist Dienstagnachmittag in das Museum am Sund gekommen, um sich beim RND-Salon on Tour den Fragen der Leser der Ostsee-Zeitung zu stellen.

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Merkel wird gleich am Anfang zu den in diesem Herbst stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg befragt. Die Kanzlerin zeigt sich zuversichtlich. “Ich glaube, wir haben durchaus gute Chancen“, sagte sie mit Blick auf die Wahlen am 1. September, bei denen die AfD laut Umfragen stärkste Kraft werden könnte. Das Umfeld sei “schwierig”, aber die CDU-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer in Sachsen und Ingo Senftleben in Brandenburg kämpften.

Gegen Minderheitsregierung: "Ich stelle mir das nicht gut für Deutschland vor“

Auf die Frage nach einem möglichen Ende der großen Koalition von CDU, CSU und SPD im Bund sagte Merkel, die Union stehe zur Bundesregierung. Von ihren Ministern, Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und den Parteichefs höre sie auch nicht, dass jemand aussteigen wolle. Es gebe “unglaublich viele Probleme zu lösen“, sowohl innen- als auch außenpolitisch. “Jeden Tag diskutieren wir die Frage, was wäre wenn. Wir müssen die Frage diskutieren, was sollten wir tun.“

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Merkel lehnt eine Minderheitsregierung in Deutschland, in der zum Beispiel die Union sich wechselnde Mehrheiten im Bundestag sichern müsste, ab. “Ich stelle mir das nicht gut für Deutschland vor“, bekräftigte sie.

Merkel: Wirtschaft geht „in eine schwierigere Phase“

Trotz zunehmender Krisenstimmung in der deutschen Wirtschaft spricht die Regierungschefin gegen ein Konjunkturpaket aus. „Im Augenblick sehe ich für ein Konjunkturpaket keine Notwendigkeit“, sagte Merkel. „Wir werden situationsgerecht agieren.“ Sie halte es mit dem früheren Bundeskanzler Ludwig Erhard, der gesagt habe, Wirtschaft sei „50 Prozent Psychologie“.

Merkel erklärte, die Wirtschaft gehe nun „in eine schwierigere Phase“. Dies sei auf die internationalen Handlungskonflikte zurückzuführen sowie auf „viele Fehler“, die in der deutschen Automobilindustrie gemacht worden seien. Aktuell sei es so, dass die Wirtschaft vom Binnenkonsum getragen werde. Sie sei gegen ein Konjunkturpaket, so die Kanzlerin, aber für „beständige Investitionen“.

Klimaschutz: "Wir müssen Vorreiter sein“

Zudem plane die Bundesregierung Entlastungen beim Solidaritätszuschlag, wolle den Bürokratieabbau weiter vorantreiben und für Investitionen in den Klimaschutz sorgen. „Das sind Sachen, mit denen wir die Binnenkonjunkturnachfrage noch einmal ankurbeln können“, sagte Merkel. Das Problem seien im Augenblick überlange Planungsfristen etwa für Bahnstrecken sowie der Fachkräftemangel, der den Wohnungsbau ausbremse.

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Beim Klimaschutz pocht Merkel auf eine Vorreiterrolle Deutschlands und verlangt einen grundlegenden Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. „Wenn wir uns nicht vernünftig verhalten, wie sollen wir es dann von Ländern mit geringerem Lebensstandard verlangen? Wir müssen Vorreiter sein“, sagte die Kanzlerin. Die Bundesregierung werde bis zum 20. September ein Maßnahmenpaket erarbeiten.

CO2-Zertifikate seien besser als Steuer

Merkel sprach sich für eine CO2-Bepreisung aus. „Wir werden eine Bepreisung von CO2 brauchen“, sagte sie. Dies sei durch Steuern oder durch Zertifikate möglich. Zertifikate hätten den Vorteil, dass sie eine bessere Steuerung ermöglichten.

Die Kanzlerin sagte, für den Klimaschutz müsse man nicht „immer gleich mit dem Verbot“ kommen. Stattdessen forderte sie ein Umdenken ist der Gesellschaft. Es gehe darum, „unser ganze Leben in einem Kreislauf zu denken“. Es sei nicht richtig, mehr aus der Erde „herauszuzerren“ als durch Regeneration ausgeglichen werden könne. Oft gehe es auch um einen Bewusstseinswandel und um Innovationen. „Die Technologie wird uns helfen. Sie wird unser Leben nicht unbedingt trister machen“, so die CDU-Politikerin.

Greta Thunberg - "ein außergewöhnliches Mädchen”

Merkel lobte ausdrücklich die „Fridays for Future“-Bewegung und deren Initiatorin Greta Thunberg. „Sie ist schon ein außergewöhnliches Mädchen, das viel ins Rollen gebracht habe“, sagte Merkel. „Ich freue mich, wenn sich die Jugend eine Stimme gibt und sie zur Gehör bringt.“ Thunberg habe viele motiviert. „Deshalb nehme ich sie sehr ernst“, so die Kanzlerin. Die 16-jährige Schwedin habe viele Menschen aufgewühlt und es vor allem geschafft, „die Zivilgesellschaft in einem Maße in Bewegung zu bringen, wie es andere nicht allein geschafft haben“.

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Beim Thema Migration verteidigte die Kanzlerin ihre Flüchtlingspolitik gegen Kritik. „Meine Politik hat das Land nicht gespalten. Wir haben versucht, den Prozess zu ordnen und zu steuern. Wir haben in einer humanitären Ausnahmesituation geholfen“, betonte die Regierungschefin.

„Seenotrettung ist ein Gebot der Menschlichkeit“

Sie nahm ebenso die Seenotrettung durch private Organisationen auf dem Mittelmeer in Schutz. „Seenotrettung ist ein Gebot der Menschlichkeit“, sagte Merkel. „Es kommen jedoch nicht immer nur die Ärmsten und Schwächsten. Wir sprechen mit den afrikanischen Ländern, wo wir helfen können. Schlepper und Schleuser wollen wir nicht unterstützen“, sagte sie.

Merkel mahnte jedoch, dass man vor gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht die Augen verschließen dürfe. „Wir müssen einerseits Humanität wählten lassen, anderseits gibt es ein Problem zwischen Europa und den afrikanischen Ländern, das wir lösen müssen“, so die Kanzlerin. „Das Thema wird immer da sein, wenn sich die Verhältnisse in Afrika nicht stabilisieren. Denn wir hängen zusammen, und das wird auch so bleiben.“

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