Krise in der Ukraine: Auch Videogipfel mit Biden und Putin bringt keine Deeskalation

Wladimir Putin (r) beim bilateralen Treffen mit US-Präsident Biden.

Wladimir Putin (r) beim bilateralen Treffen mit US-Präsident Biden.

Washington/Moskau. Der Videogipfel von US-Präsident Joe Biden mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin hat im Streit um den Ukraine-Konflikt keine Annäherung gebracht. Der US-Präsident drohte Putin bei dem gut zweistündigen Gespräch am Dienstag im Falle einer russischen Invasion erneut mit „starken Wirtschaftsmaßnahmen“ der Vereinigten Staaten und ihrer europäischen Verbündeten, wie Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte. Der US-Präsident habe für diesen Fall außerdem angekündigt, die Ukraine noch weiter aufzurüsten und die Nato-Partner an der Ostflanke zu stärken.

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Putin bekräftigte bei dem Videogipfel seine Forderung nach einem Stopp der Nato-Osterweiterung. Russland wolle verbindliche juristische Garantien, dass sich das westliche Militärbündnis nicht nach Osten ausweite und dort Angriffswaffen stationiere, sagte Putin einer am späten Dienstagabend vom Kreml veröffentlichten Mitteilung zufolge. Sullivan sagte, Biden habe keine Zugeständnisse gemacht. Der Präsident stehe dazu, „dass Länder in der Lage sein sollten, frei zu wählen, mit wem sie zusammenarbeiten“.

Russland sieht Überschreitung einer „roten Linie“

Russland sieht sich von einem Vorrücken der Nato bedroht und will die Aufnahme der benachbarten Ex-Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien in die Allianz verhindern. Putin hatte auch erklärt, dass eine Verlegung von militärischer Nato-Infrastruktur in die Ukraine aus russischer Sicht die Überschreitung einer „roten Linie“ darstelle.

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Putin und Biden hatten am Dienstag vor dem Hintergrund wachsender Spannungen im Ukraine-Konflikt gut zwei Stunden gesprochen. Der Dialog sei sachlich und offen gewesen, teilte der Kreml mit. Sullivan sagte: „Es war ein nützliches Meeting.“ Das Gespräch habe Biden ermöglicht, die US-Positionen in aller Deutlichkeit darzulegen. Ursprünglich war mit einem längeren Austausch gerechnet worden. Der Kreml hatte zuvor erklärt, es könne angesichts der Vielzahl von Konfliktthemen ein sehr langes Gespräch werden.

Gegenseitige Vorwürfe über Truppen an der Grenze

Die USA werfen Russland seit Wochen einen Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vor. Befürchtet wird im Westen demnach eine russische Invasion der Ex-Sowjetrepublik. Russland weist das zurück und wirft der Ukraine vor, mehr als 120.000 Soldaten an die Linie zu den Separatistengebieten verlegt zu haben.

Nach seinem Gespräch mit Putin beriet sich Biden nach Angaben des Weißen Hauses mit der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi. Bei einem Gespräch am Vortag hätten die Verbündeten bereits vereinbart, „eng miteinander in Kontakt zu bleiben, um ein koordiniertes und umfassendes Konzept als Reaktion auf Russlands militärisches Aufrüsten an den Grenzen der Ukraine zu entwickeln“.

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Vor Videokonferenz zu Ukraine-Konflikt: USA will Russland mit Sanktionen drohen
16.06.2021, Schweiz, Genf: Der russische Pr��sident Wladimir Putin (l) und US-Pr��sident Joe Biden bei ihrem Treffen in der "Villa la Grange". Foto: Saul Loeb/Pool AFP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die USA und ihre europäischen Verbündeten haben ihr Vorgehen für den Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine abgestimmt.

Blinken sichert Ukraine Unterstützung der USA zu

Sullivan kündigte an, Biden werde an diesem Donnerstag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits vor dem Videogipfel mit Selenskyj telefoniert. Dabei hatte Blinken nach Angaben seines Ministeriums die unerschütterliche Unterstützung der USA für die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine „angesichts der russischen Aggression“ bekräftigt.

Schon vor Bidens Schalte mit Putin hatten die USA der Regierung in Moskau im Fall einer militärischen Eskalation im Ukraine-Konflikt mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte vor dem Gespräch gesagt: „Russland hat nicht vor, irgendjemanden anzugreifen, aber wir haben unsere Befürchtungen und unsere ‚roten Linien‘.“ Vergangene Woche hatte Putin erklärt, dass etwa die Verlegung von militärischer Nato-Infrastruktur in die Ukraine aus russischer Sicht eine solche „rote Linie“ darstellen könnte. Der Kremlchef sprach sich für ein schriftlich vereinbartes Ende der Nato-Osterweiterung aus.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine.

Auch Olaf Scholz fordert Entspannungspolitik

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzten Prinzipien voraus, die in der Entspannungspolitik ausgehandelt worden seien und bis heute fortwirkten, mahnte Scholz. „Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen.“

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte Moskau mit weiteren Sanktionen. Die Europäische Union werde auf weitere Aggressionen Moskaus regieren, sagte sie. Bestehende Sanktionsregime könnten erweitert oder neue Strafmaßnahmen ergriffen werden. Sie wolle noch einmal „die uneingeschränkte und unerschütterliche Unterstützung der EU für die Ukraine“ unterstreichen. Derzeit seien es Russlands bewusste Entscheidungen und aggressive Handlungen, die die Sicherheit Europas weiter destabilisierten.

Ukrainischer Verteidigungsminister warnt vor „blutigem Massaker“

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow warnte in einem Interview des US-Senders CNN, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine ein „wirklich blutiges Massaker“ bedeuten würde. Moskau wiederum forderte von Kiew eine Garantie, die von den prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Donbass nicht anzugreifen. Im Falle eines Angriffs durch die Ukraine sähe Russlands Militärdoktrin klar einen Einmarsch vor - weil im Donbass auch viele russische Staatsbürger leben.

Wann sich wiederum Biden und Putin erneut austauschen werden, ist laut dem außenpolitischen Berater im Kreml, Juri Uschakow, noch unklar. Das sei schwer vorauszusagen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Allerdings seien Gespräche am Telefon oder eine Videoschalte leicht zu organisieren. „Wir müssen abwarten, wie sich die Situation entwickelt.“ Zunächst werde der Kreml das Gespräch mit Biden auswerten, sagte Uschakow. Das könne dauern.

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Als Staatschefs hatten sich Putin und Biden erstmals im Juni in Genf persönlich getroffen. Bei dem Videogipfel am Dienstag ging es unter anderem auch um die Cybersicherheit beider Länder sowie um das iranische Atomprogramm und weitere internationale Konflikte.

RND/dpa

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