Rund 3000 Menschen fliehen aus Mariupol
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In der Nacht von Freitag auf Samstag kommen geflüchtete Menschen aus Mariupol und nahe gelegenen Städten in Saporischschja an.
© Quelle: Felipe Dana/AP/dpa
Kiew. In der stark zerstörten südukrainischen Stadt Mariupol ruhen die Hoffnungen am Samstag auf einem neuen Versuch der Evakuierung von Zivilisten unter Schutz des Roten Kreuzes. Am Freitag war kein sicherer Fluchtkorridor zustande gekommen, auch wenn eigentlich eine Feuerpause vereinbart war. Vertreter des Roten Kreuzes kündigten aber an, am Samstag einen neuen Anlauf zu nehmen.
Die heftigen Kämpfe in vielen Teilen der Ukraine gingen in der Nacht zu Samstag weiter, wobei ukrainische Behörden Raketenbeschuss auf mehrere Großstädte im Süden des Landes meldeten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor mehr als einem Monat am 24. Februar den Angriff auf das Nachbarland befohlen.
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In der Millionenstadt Dnipro seien in der Nacht zu Samstag zwei oder drei schwere Explosionen zu hören gewesen, berichtete das Portal „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf die Gebietsverwaltung. Die Umgebung der Stadt Krywyj Rih wurde mit Raketenwerfern beschossen. Dabei sei eine Tankstelle in Brand geraten, teilte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Olexander Wilkul, mit.
Seinen Angaben nach setzten die russischen Kräfte Mehrfachraketenwerfer vom Typ Grad (Hagel) ein. Wie alle Berichte aus den Kampfzonen waren die Angaben nicht unabhängig überprüfbar. Am Freitagabend war auch die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer mit Raketen beschossen worden.
Russland: Ukraine für Angriff auf Tanklager verantwortlich
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rechnete mit heftigen russischen Angriffen im Osten seines Landes. „Russische Soldaten werden in den Donbass geholt. Genauso in Richtung Charkiw“, sagte der Staatschef in einer Videoansprache in der Nacht zum Samstag. „Im Osten unseres Landes bleibt die Lage sehr schwierig.“
Die ukrainische Luftwaffe habe trotz schwerer russischer Angriffe noch die Lufthoheit im eigenen Land, sagte deren Kommandeur Mykola Oleschtschuk. Russland habe nach dem Angriff am 24. Februar versucht, die ukrainische Luftwaffe auszuschalten. Dies sei nicht gelungen.
Russland wirft Ukraine Luftangriff auf russisches Gebiet vor
Zwei ukrainische Militärhubschrauber hätten am Freitag Treibstofflager im russischen Belgorod beschossen, hieß es.
© Quelle: Reuters
Der Generalleutnant äußerte sich, nachdem am Freitag ein Tanklager in der russischen Stadt Belgorod in Brand geraten war. Russische Behörden schrieben dies dem Angriff von zwei ukrainischen Helikoptern zu. Oleschtschuk forderte von Verbündeten modernere Waffen, darunter Jagdflugzeuge und Flugabwehr-Raketensysteme.
Rund 3000 Menschen aus Mariupol geflohen
Auch wenn es am Freitag keinen organisierten Fluchtkorridor aus Mariupol gab, gelang es dennoch etwa 3000 Menschen, auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet zu flüchten. Etwa 2500 Flüchtlinge aus Mariupol wie aus der Stadt Melitopol trafen nachts in Bussen und Privatautos in Saporischschja ein. Das teilte ein Mitarbeiter des ukrainischen Präsidialamtes, Kirilo Timoschenko, mit.
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Moskau sprach von ebenfalls mehr als 3000 Menschen, die Mariupol am Freitag in Richtung Russland verlassen hätten. Das Rote Kreuz plant, einen Evakuierungskonvoi aus Bussen und Privatfahrzeugen aus der Hafenstadt zu geleiten.
Ukrainischer Präsident Selenskyj warnt Kollaborateure
Selenskyj mahnte Ukrainer im russisch kontrollierten Süden des Landes, keine Posten in dem Besatzungsregime anzunehmen. In seiner Videoansprache nannte er solche Leute Gauleiter wie bei den Nationalsozialisten. „Meine Botschaft an sie ist einfach: Die Verantwortung für die Kollaboration ist unausweichlich.“ Nach ukrainischen Angaben versucht Russland, in den besetzten Gebieten moskautreue Verwaltungen aufzubauen.
Die prorussischen Separatisten im Gebiet Luhansk teilten unterdessen mit, der Bürgermeister der Stadt Rubischne sei zu ihnen übergelaufen. Bürgermeister Serhij Chortyw habe die ukrainischen Truppen aufgerufen, die Waffen niederzulegen. Rubischne ist im Verwaltungsgebiet Luhansk die achtgrößte Stadt und hatte vor dem Krieg etwa 60.000 Einwohner. Die Stadt war bislang nicht in der Hand der Separatisten. Kiewer Politiker drohten Chortyw Vergeltung an.
Russische Truppen positionieren sich neu
Die erste Phase des russischen Angriffskriegs war eine Abfolge offensiver Züge. Nach dem Scheitern seines Plans setzt Putin nun auf Ermüdung und Verunsicherung.
© Quelle: dpa
Ein Generalmajor der Reserve vom ukrainischen Geheimdienst SBU wurde festgenommen bei dem Versuch, sich verbotenerweise nach Ungarn abzusetzen. An der Grenze habe er sich als Gefreiter ausgegeben, teilte das Staatliche Ermittlungsbüro mit. In der Nacht zu Freitag hatte Selenskyj mitgeteilt, er habe zwei Brigadegeneräle des SBU degradiert. Er nannte sie Verräter, genaue Gründe nannte er nicht.
Neue US-Waffenhilfe zugesagt
Das US-Verteidigungsministerium will der Ukraine weitere Waffen im Wert von 300 Millionen Dollar (270 Millionen Euro) zukommen lassen.
Das neue Paket soll verschiedene Drohnen, Raketensysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Munition, Nachtsichtgeräte, sichere Kommunikationssysteme, Maschinengewehre, medizinische Güter und die Bereitstellung von kommerziellen Satellitenbildern umfassen. Das teilte das Pentagon am Freitagabend (Ortszeit) in Washington mit.
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Die US-Regierung hat der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereits Militärhilfen und Waffenlieferungen im Wert von 1,65 Milliarden US-Dollar zugesagt. Seit Anfang vergangenen Jahres summieren sich die US-Hilfen auf 2,3 Milliarden Dollar.
Diplomatische Bemühungen zur Beilegung des Krieges
Mit der Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, sprach Selenskyj nach eigenen Angaben in Kiew über die Möglichkeit eines raschen Beitritts der Ukraine zur EU. Es sei um konkrete Vorschläge gegangen, sagte er in seiner Videoansprache.
In einem Interview des US-Fernsehsenders Fox News erneuerte der Präsident seinen Vorschlag, die Ukraine sollte Sicherheitsgarantien von verschiedenen „führenden Staaten“ bekommen. Selenskyj sieht dies als Ersatz für eine Mitgliedschaft in der Nato, die politisch nicht erreichbar ist.
Die diplomatischen Bemühungen rund um den russischen Krieg in der Ukraine sollen auch am Samstag weitergehen. Die US-Spitzendiplomatin Victoria Nuland kommt nach Europa, um die Reaktion auf das russische Vorgehen abzustimmen. Stationen ihrer Reise bis zum 9. April sollen Frankreich, Deutschland, die Türkei, Griechenland und Zypern sein, wie das US-Außenministerium mitteilte.
Ukraine: Erneuter Evakuierungsversuch aus Mariupol für heute geplant
Am Freitag musste das IKRK-Team eine Rettungsaktion abbrechen, bei der ein Konvoi mit 54 ukrainischen Bussen aus der Stadt geleitet werden sollte.
© Quelle: Reuters
RND/dpa