Innenministerin Faeser: Ukraine-Geflüchtete müssen in der EU gerecht verteilt werden
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
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Berlin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) drängt angesichts des anhaltenden Zuzugs von Geflüchteten aus der Ukraine auf eine bessere Verteilung innerhalb der Europäischen Union und weist zugleich Forderungen nach einer Koordinierung der Flüchtlingspolitik im Kanzleramt zurück.
„Seit dem ersten Tag des Krieges koordinieren wir die Aufnahme und Versorgung der Geflüchteten sehr eng mit den Ländern“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Erst am vergangenen Donnerstag habe Kanzler Olaf Scholz (SPD) erneut mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten über das Thema beraten. Integrations- und Sprachkurse würden bereits geöffnet, betonte Faeser, medizinische Versorgung und Arbeitsmarktzugang würden ermöglicht. „Wir sind viel besser aufgestellt, als wir es bei früheren Fluchtbewegungen waren.“
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Problem Registrierung und Verteilung
Die SPD-Politikerin fügte hinzu: „Es hat nun absolute Priorität, für eine faire Verteilung in der gesamten EU zu sorgen.“ Zwar gebe es einen Schulterschluss zur gemeinsamen Aufnahme der Geflüchteten in allen EU-Staaten. Doch diese Vereinbarung müssten „jetzt auch alle gemeinsam umsetzen“.
Das fordere sie gemeinsam mit Frankreich und Polen und berate sich dazu am Mittwoch abermals mit der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Überdies kündigte die Ministerin an, am Donnerstag mit den Innenministern der G7-Staaten darüber sprechen zu wollen, „wie Geflüchtete auch in Staaten außerhalb der EU wie Kanada, den USA und Japan Schutz finden können“.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuvor eine zentrale Koordinierungsstelle im Kanzleramt angemahnt. Er sagte in der Sendung „RTL Direkt“: „Jetzt sollen bis Anfang April wieder Arbeitsgruppen eingesetzt werden. Es muss eigentlich viel schneller passieren.“ Die Länder und Kommunen seien bei der Unterbringung der Ankommenden längst am Anschlag. „Wir haben jetzt in Bayern allein eine Milliarde vorgeschossen für die Kommunen“, so der CSU-Politiker. „Das wird auf Dauer nicht reichen. Der Bund muss seiner Verpflichtung nachkommen.“
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte bereits für einen Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen plädiert. Grünen-Chef Omid Nouripour und die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sprachen sich für einen ministeriumsübergreifenden Krisenstab im Kanzleramt aus.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem RND: „Der Bund muss sich mehr in die Pflicht nehmen. Das gilt insbesondere für Registrierung und Verteilung der Geflüchteten. Man kann das nicht Hamburg oder Berlin überlassen.“
Die Registrierung aller Grunddaten dauere pro Person zwischen 30 und 60 Minuten, fuhr er fort. „Das sollte der Bund mit Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge an zentralen Ankunftsorten übernehmen, damit auf dieser Grundlage die Verteilung erfolgen kann“, erklärte der Linken-Politiker. „Ob das vom Bundesinnenministerium oder vom Kanzleramt gesteuert wird, ist mir egal.“
225.000 in Deutschland - offiziell
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rechnet mit acht bis zehn Millionen Geflüchteten aus dem von russischen Truppen angegriffenen Land „in den nächsten Wochen“ – bei 44 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern insgesamt. Bis Dienstag waren es mehr als 3,5 Millionen.
In Deutschland wurden bisher mehr als 225.000 Flüchtlinge erfasst. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher sein, weil Ukrainer ohne Visum einreisen dürfen und es im Regelfall keine festen Kontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt. Vor allem die Ballungszentren und an erster Stelle Berlin sind sehr stark belastet.