Konferenz in Berlin: Libyens Regierungschef fordert Schutztruppe
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Der libysche Premierminister Fayis al Sarradsch aufgenommen am 07.12.2017 in Berlin. Berlin Deutschland *** The Libyan Prime Minister Fayis al Sarradsch taken on 07 12 2017 in Berlin Berlin Germany PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xXanderxHeinl/photothek.netx
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Berlin. Kurz vor Beginn der Berliner Libyen-Konferenz hat der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch eine internationale Schutztruppe gefordert, sollten die Kämpfe in seinem Land andauern.
"Wenn Chalifa Haftar seine Offensive nicht einstellt, muss die internationale Gemeinschaft aktiv werden, und zwar auch mit einer internationalen Truppe zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung", sagte Al-Sarradsch der "Welt am Sonntag".
"Eine solche Schutztruppe muss unter dem Dach der Vereinten Nationen agieren. Dann müssen Fachleute beraten, wer daran teilnimmt, etwa die EU oder die Afrikanische Union oder die Arabische Liga", sagte Al-Sarradsch.
Berliner Libyen-Konferenz offiziell begonnen
Im Berliner Kanzleramt hat die von der Bundesregierung organisierte Libyen-Konferenz begonnen.
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Al-Sarradsch zweifelt an friedlichen Absichten seines Gegenspielers General Chalifa Haftar. "Die lange Erfahrung lässt uns an den Absichten, der Ernsthaftigkeit und dem Engagement der anderen Seite zweifeln", sagte Al-Sarradsch der Deutschen Presse-Agentur.
"Jeder weiß, dass er um jeden Preis nach Macht strebt", sagte der Chef der international anerkannten Regierung mit Sitz in Tripolis, ohne Haftar dabei namentlich zu nennen.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen kommen an diesem Sonntag Akteure rund um den Libyen-Konflikt bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Ziel der Konferenz mit Vertretern aus mehr als zehn Ländern im Kanzleramt ist, die jüngst vereinbarte Feuerpause in Libyen zu festigen und eine konsequente Durchsetzung des Waffenembargos für das Bürgerkriegsland zu vereinbaren.
Libyen-Konferenz: Merkel empfängt Macron
Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Libyen-Konferenz im Kanzleramt.
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Erwartet werden unter anderem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Russlands Staatschef Wladimir Putin, der französische Präsident Emmanuel Macron und US-Außenminister Mike Pompeo.
In Libyen war nach dem Sturz und der Tötung von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Die Regierung von Al-Sarradsch ist international anerkannt, hält aber nur kleine Gebiete rund um die Hauptstadt Tripolis im Westen des nordafrikanischen Staates.
Gegen ihn kämpft der General Chalifa Haftar mit seinen Verbündeten, die weite Teile des ölreichen Landes beherrschen. Eine Reihe ausländischer Akteure mischt mit, teils auch mit militärischer Unterstützung.
Verhandlungen über einen dauerhaften Waffenstillstand in Libyen auf russisch-türkische Initiative hatte Haftar Anfang der Woche platzen lassen. Er war von den Gesprächen in Moskau abgereist, ohne eine entsprechende Vereinbarung zu unterschreiben, die Al-Sarradsch aber unterzeichnete. Später erklärte Haftar sich nach Angaben von Außenminister Heiko Maas zu einem Waffenstillstand bereit.
"Er hat sich geweigert, die russisch-türkische Initiative zu unterschreiben, obwohl er deren Inhalt schon vor seiner Fahrt nach Moskau kannte", sagte Al-Sarradsch, ohne Details der Vereinbarung zu nennen.
"Wir haben niemanden angegriffen"
Er versicherte, Tripolis zu verteidigen, sollte Haftar seine Offensive auf die Hauptstadt fortsetzen. Im Fall weiterer "Aggression" würde Tripolis "mit Stärke" verteidigt, bis die Angreifer in die Flucht geschlagen seien, sagte Al-Sarradsch. "Wir haben niemanden angegriffen."
Sowohl Al-Sarradsch als auch Haftar werden nach Angaben von Außenminister Heiko Maas (SPD) bei der Konferenz in Berlin dabei sein.
Über die Teilnehmerliste hatte es bis zuletzt Diskussionen gegeben. So beschwerten sich Griechenland und Tunesien, nicht eingeladen worden zu sein. Nach Angaben des tunesischen Außenministeriums vom Samstag wurde das Land nun am Freitag doch eingeladen. Tunesien werde der Konferenz aber fernbleiben. Das Ministerium begründete dies mit der Kurzfristigkeit der Einladung und damit, dass das Land nicht Teil der Vorbereitungstreffen gewesen sei.
Europa hat erhebliches Interesse an Stabilität an der Südküste des Mittelmeeres - auch weil Libyen traditionell ein wichtiger Öllieferant der Europäischen Union ist. Das Land hat sich durch das Kriegsgeschehen mit Willkürherrschaft und Schwäche der staatlichen Institutionen in den vergangenen Jahren außerdem zu einem der wichtigsten Transitstaaten für Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Norden entwickelt.
Deutschland hat keine unmittelbaren Interessen in Libyen und gilt damit als geeigneter Vermittler.
RND/cle/dpa