Kommentar

Lindners Atomdebatte: Strahlkraft ohne Zukunft

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm vom Atomkraftwerk (AKW) Isar 2. Der Zug in der Kernkraftdebatte ist längst abgefahren, kommentiert Steven Geyer.

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm vom Atomkraftwerk (AKW) Isar 2. Der Zug in der Kernkraftdebatte ist längst abgefahren, kommentiert Steven Geyer.

Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war. Das hat Bertolt Brecht gesagt, und das gilt im Zweifel auch für den Ankläger, in diesem Fall also für Christian Lindner: Der FDP-Chef klagt „Deutschland“ an, sich einer Debatte zu verschließen, „die überall auf der Welt geführt wird“.

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Bundesfinanzminister Lindner will Diskussion über Atomkraft-Rückkehr

Deutschland muss nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner in der Energiedebatte auch offen über Rückkehr zur Kernkraft diskutieren.

Zwar zählen zu diesem „Deutschland“, das das Ende dieser Debatte beschlossen hat, alle Parteien außer der AfD. Aber erst Anfang des Jahres, als zum Wohle des Klimas über längere Atomlaufzeiten debattiert wurde, hatte Lindner noch selbst vor Wettbewerbsverzerrung gegenüber den nachhaltigen Energien gewarnt. Zudem finde sich jenseits von Staatsprojekten kein Investor und kein Versicherer mehr für die unwirtschaftlichen Atomkraftwerke mit dem Endlagerproblem, was ihn als Marktwirtschaftler zum Atomskeptiker mache.

Gab der Atomdebatte neuen Schwung: Finanzminister Christian Lindner.

Gab der Atomdebatte neuen Schwung: Finanzminister Christian Lindner.

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Atomdebatte: Eine Planänderung würde teuer

Wenn man aber seine Meinung, siehe oben, ändern darf, mag ein Krieg, der die Energiepreise in neue Höhen und Deutschland von russischen Importen weg treibt, kein schlechter Anlass sein. Leider stammt auch der Brennstoff für die europäischen AKW zu 40 Prozent aus Russland und Kasachstan. Und selbst das ist bald vorbei: weil der endgültige Ausstieg in Deutschland lange für Ende dieses Jahres geplant ist, sind alle Verträge gekündigt. Eine Planänderung würde teuer.

Ohnehin muss sehr vergesslich sein, wer die Angst vor russischen Angriffen auf ukrainische AKW schon wieder vergessen hat oder Putin keine fiesen Überraschungen zutraut.

Freilich weiß der FDP-Chef das alles und bedient sich lediglich medialer Reflexe zur Profilierung bei seiner derzeit verstimmten Anhängerschaft. Nur: Wie oft kann man sich den Applaus der angeblich so unideologischen Wirtschaftsfreunde abholen, bis auch diese das Unseriöse daran erkennen?

Lange vor Brechts Satz pflegten die Dakota eine Weisheit, die besser zu Lindners Vorstoß passt: Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest – steig ab.

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