Bund will mehr Tempo bei Impfstoffherstellung, Länder bereit
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Europaweit haben nach Weihnachten die Anti-Corona-Impfungen begonnen.
© Quelle: imago images/GlobalImagens
Berlin. Nachdem in den deutschen Bundesländern die größte Impfkampagne der Nachkriegszeit erfolgreich begonnen hat, arbeiten Bund, Länder und der Impfstoffhersteller Biontech daran, das Tempo der Immunisierungen künftig zu erhöhen.
So erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass Anfang 2021 durch erweiterte Produktionskapazitäten sowie durch die Zulassung weiterer Präparate deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen sollte. Die Bundesregierung arbeite daran, dass es bald mehr Impfstoff gebe. „Aber wir machen das so, dass dann anschließend auch die Qualität stimmt”, sagte Spahn im ZDF.
Ramelow: Vorbereitet, Impfungen auszuweiten
Generell sei es falsch, wenn der Eindruck entstehe, alle Länder außer Deutschland hätten genügend Impfstoff: „Der ist überall knapp, für alle auf der Welt.”
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mahnte zur Geduld: „Ich bin froh, dass der Impfstoff jetzt da ist und wir ein Startsignal haben“, sagte Ramelow dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Je mehr wir an Impfdosen bekommen, desto mehr sind wir in der Lage, die Zahl der Impfungen hochzufahren. Wir sind vorbereitet.”
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Bodo Ramelow (Linke), Ministerpräsident von Thüringen
© Quelle: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/
Auch nach Auskunft mehrerer anderer Bundesländer ist es logistisch möglich, die Zahl der Impfungen pro Tag zu erhöhen, wenn größere Mengen an Impfstoff geliefert werden.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich noch am Sonntagabend besorgt gezeigt, „dass wir nicht immer genügend Impfstoff rechtzeitig da haben”, und den Bund zum Handeln aufgefordert: „Von Anfang an haben wir uns die Aufgaben so aufgeteilt: Der Bund organisiert den Impfstoff und wir vor Ort die Logistik mit unseren Impfzentren und vor allem mit unseren mobilen Teams”, so Schwesig bei „Bild-TV“.
Erstlieferung: Knapp 10.000 Dosen pro Land
Der Bund hatte den Ländern am 26. Dezember in einem ersten Schritt zunächst rund jeweils knapp 10.000 Impfdosen geliefert, sodass am Sonntag bundesweit die ersten Impfungen begannen.
„Die ersten Impfstofflieferungen decken zunächst die Bedarfe in den Pflegeeinrichtungen und anschließend in den ausgewählten Krankenhausbereichen ab”, erläuterte etwa das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium das bundesweite Vorgehen auf RND-Anfrage.
Nach Impfstart: Rufe nach schnellerer Produktion
Nach dem Start der Corona-Impfungen gibt es Forderungen nach einem höheren Tempo bei der Impfstoffproduktion.
© Quelle: dpa
Die Verimpfung erfolge zunächst ausschließlich über mobile Teams in stationären Pflegeeinrichtungen, die bestehenden Impfzentren werden erst dann aktiviert, „wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht”, hieß es. In Berlin fanden bereits rund 150 Impfungen in einem Impfzentrum statt.
Ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums sagte dem RND, die in Niedersachsen geplanten 50 Impfzentren seien bereit, aber noch nicht in Betrieb genommen. Solange nicht ausreichend Impfdosen zur Verfügung stünden, werde zunächst – wohl bis Anfang Januar – mit mobilen Impfteams in den Alten- und Pflegeheimen geimpft.
Der Sprecher wies darauf hin, dass das Impfen in den Heimen gut vorbereitet sein müsse, etwa weil bei Menschen, die nicht einwilligungsfähig seien, die Zustimmung der Betreuer eingeholt werden müsse.
Eine zweite, größere Impfstofflieferung des Bundes wird nach Auskunft mehrerer Bundesländer zur Hälfte für die notwendige Zweitimpfung eingelagert und zur anderen Hälfte direkt an die Landkreise zur weiteren Verimpfung in den Pflegeheimen und Krankenhäusern verteilt. Erst danach sollen in den Bundesländern neben den mobilen Impfteams auch die Impfzentren eröffnet werden.
Täglich Zehntausende Impfungen geplant
Allein Hessen rechnet im Dezember mit insgesamt 100.000 Impfdosen vom Bund. Wenn dort alle 28 eingerichteten Impfzentren unter Volllast betrieben werden, können täglich etwa 30.000 Corona-Schutzimpfungen erfolgen, teilte das hessische Innenministerium dem RND mit. Das sei aber erst möglich, wenn ausreichend Impfstoff dafür geliefert werde. In Sachsen wird zunächst mit 13.000 Impfungen pro Tag geplant, in Rheinland-Pfalz mit rund 8000.
Bislang ist in der EU und Deutschland nur der Impfstoff von Biontech/Pfizer zugelassen. Als Gesamtmenge einer Jahresproduktion strebt das Mainzer Unternehmen 750 Millionen Dosen an, die aber weltweit ausgeliefert werden.
Biontech will bis Jahresende 12,5 Millionen Impfdosen in EU ausliefern
Die Europäische Kommission hatte das Mittel am Montag als ersten Covid-19-Impfstoff in der EU zugelassen.
© Quelle: Reuters
Anfang Januar möchte die europäische Zulassungsbehörde Ema zudem über den Impfstoff des Unternehmens Moderna entscheiden. Er könnte ab Mitte Januar verfügbar sein. Doch auch dann wird es weiter nur in sehr begrenztem Umfang Impfstoff geben.
Deutschland hat sich von beiden Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna dem Gesundheitsministerium zufolge insgesamt 136,3 Millionen Dosen gesichert, die nahezu alle 2021 geliefert werden könnten. Mit je zwei nötigen Dosen ließen sich so rechnerisch 68,2 Millionen Bürger impfen – bei 83 Millionen Einwohnern in Deutschland.
Biontech erklärte, es verfüge über ein „komplexes Netzwerk an Produktionskapazitäten in Europa“. Neben der Herstellung des Ausgangsstoffs im eigenen Werk in Mainz liefen Teile der Produktion beispielsweise auch bei Partnerunternehmen in Sachsen-Anhalt und bei Wien.
In dem Werk im hessischen Marburg, das Biontech vor wenigen Wochen vom Schweizer Pharmariesen Novartis übernommen hat, soll die Produktion im Februar anlaufen. Zudem wird der Impfstoff Comirnaty bereits teilweise auch im Werk des US-Partners Pfizer in Belgien und in den USA produziert. Biontech-Chef Ugur Sahin hatte in der vergangenen Woche erklärt, sein Unternehmen suche nach weiteren Partnern für die Produktion.