Starkregen, Hitzerekorde – nicht nur die Eisbären haben ein Problem
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Trümmer nach dem Hochwasser im nordrhein-westfälischen Bad Münstereifel.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Berlin. Noch steht die Nothilfe im Vordergrund. Noch stehen Städte und Dörfer unter Wasser, werden Menschen vermisst. Es geht um Retten, Bergen, Helfen, ums sich Berappeln. Die Begutachtung und Beseitigung von Schäden hat begonnen, sie wird noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Wo Leben genommen wurde, wo das Hab und Gut und die eigenen vier Wände in den Fluten verschwanden, werden Räumfahrzeuge und finanzielle Hilfen nicht reichen. Verlust hat nicht nur materielle Seiten.
Klimawandel, kein Zufall
Umso dringlicher ist es, auch andere Konsequenzen aus diesem Hochwasserdrama zu ziehen. Die Ursache und deren unwiderrufliche Folgen müssen angegangen werden. Mit zufälligen Wetterschwankungen sind die Niederschlagsrekorde in Deutschland in diesem Jahr, der Dürresommer von 2020, die Hitzerekorde in Kanada und anderswo nicht mehr zu erklären.
Der Planet hat sich aufgeheizt. Das lässt nicht nur Eisberge und Gletscher schmelzen. Es verdunstet dadurch auch mehr Wasser und die Wetterwirbel und Winde verschieben sich. Mehr Hitzetote, Wasserknappheit und Fluten sind die Folge.
Nicht nur die Eisbären haben also ein Problem.
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All das ist eine Katastrophe mit Ankündigung: Schon seit Jahrzehnten warnen Klimawissenschaftler und Ökonomen vor den möglichen Folgen des Klimawandels. Vieles wurde als Panikmache beiseite gewischt. Vor einem Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland durch zu engagierten Klimaschutz wurde gewarnt.
Es ist, als wären vor einer schmalen einspurigen Autobahnspur keine Tempolimit-Schilder aufgestellt worden, sondern allenfalls freundliche Hinweise auf eine Richtgeschwindigkeit von 130km/h. Auf den ersten Crash müsste man nicht lange warten.
Klimaschutz und Wirtschaft
Das Hochwasser von 2013 hat Experten zufolge rund 20 Milliarden Euro gekostet – das entspricht der Höhe des Etats des Bundesbildungsministeriums in diesem Jahr. Und auch aktuell lässt sich begutachten, was Extremwetter bedeutet: Wenn Infrastruktur beschädigt wird, Straßen und Bahnlinien unterspült werden, das Stromnetz zusammenbricht, Computerserver ausfallen, ganze Landstriche durch Wetterfolgen schachmatt gesetzt werden, leiden auch die Produktion und der Güterverkehr.
Es ist also gerade umgekehrt: Klimaschutz ist kein Hindernis, sondern die Voraussetzung für eine auch langfristig gute Entwicklung von Unternehmen und Konjunktur.
Der Verweis auf den mit 2 Prozent im Vergleich geringen Anteil Deutschland am CO₂-Ausstoß hilft da nicht weiter: Dass die größte Volkswirtschaft der EU mit seiner Industrietradition, seinen Stahl- und Chemiekonzernen, mit gutem Beispiel vorangehen kann, liegt auf der Hand. In der Außen- und Sicherheitspolitik gilt das Credo einer wichtigeren Rolle Deutschlands quasi als Konsens – warum also nicht auch in der Klimapolitik?
Zeit als zentraler Faktor
Es gilt, sich im Rennen um Klimaschutzinnovationen an die Spitze zu setzen – der Dreckschleuderwettbewerb um die niedrigsten Preise lässt sich ohnehin nicht gewinnen.
Weiteres ist nötig: Versiegelung von Flächen ist auf vielen Ebenen ein Problem, für das Überleben von Insekten, aber eben auch für den Wasserabfluss. Es braucht zwingend Grünflächen in Städten, Vegetationsstreifen zwischen Ackerflächen, Auen und andere Überschwemmungsbereiche für Flüsse. Und gesunde Wälder, der Verzicht auf Monokultur, können unter anderem verhindern, dass Hänge ins Rutschen geraten.
Zeit ist bei alledem ein zentraler Faktor. All das bedeutet, dass die Politik antreiben muss statt abzuwarten, durch Regulierung und Investitionshilfen und auch durch einen noch schnelleren Kohleausstieg. Die Forderung nach mehr Tempo beim Klimaschutz darf keine leere Floskel bleiben. Umsonst ist Klimaschutz auch nicht zu haben.