COP26 auf der Zielgeraden: Wird Bekenntnis zum Kohleausstieg verwässert?

Glasgow: Delegierte sitzen in einer Aktionszone am Veranstaltungsort der UN-Klimakonferenz COP26.

Glasgow: Delegierte sitzen in einer Aktionszone am Veranstaltungsort der UN-Klimakonferenz COP26.

Die Staatengemeinschaft fällt auf der zu Ende gehenden UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow doch wieder in alte Rituale. Ein am Freitag kursierender neuer Entwurf zur Abschlusserklärung rückt überraschend vom Ziel eines totalen Kohleausstiegs ab und lässt Schlupflöcher für die anhaltende Verbrennung von Kohle und Zuschüsse für fossile Energieträger.

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Die Verwässerung klarer Ziele hat Tradition auf diesen Gipfeln. Im Falle der Kohle, die als Haupttreiber der globalen Erwärmung gilt, setzen Förderländer ihr ganzes Gewicht ein. Auch wenn sich alle Expertinnen und Experten einig sind, dass ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen so schnell wie möglich erfolgen müsse, ist die Umsetzung auf nationaler Ebene heikel. Es hängen Jobs daran, Profite und das soziale Gefüge.

Finanzielle Unterstützung für ärmere Länder

Bis zuletzt umstritten blieb die finanzielle Unterstützung für ärmere Länder bei der Bewältigung der aktuellen und künftigen Folgen des Klimawandels. Nur mit Ach und Krach gelang es, die reichen Industrieländer dazu zu bewegen – wie in Paris 2015 vereinbart – bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Gegenmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.

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Ebenso unklar blieben bis zuletzt die Regelungen für Aus­gleichs­maß­nah­men bei Emissions­min­de­run­gen. Dabei geht es zum Beispiel darum, dass Maßnahmen zum Schutz von Wäldern nicht gleichzeitig von den unterstützenden und den unterstützten Ländern auf deren CO₂-Reduktionsziele angerechnet werden.

COP26 neigt sich dem Ende – Proteste dauern an
 November 12, 2021, Glasgow, UK: Campaigners wearing big heads of world leaders, including Boris Johnson, Joe Biden, Justin Trudeau and Narendra Modi gather for Oxfam s Ineffective Fire-Fighting World Leaders protest performance in front of a 10 foot globe with a simulated bonfire, during the official final day of the Cop26 summit in Glasgow. Picture date: Friday November 12, 2021. Glasgow UK PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY - ZUMAp134 20211112_zba_p134_038 Copyright: xJanexBarlowx

Aktivistinnen und Aktivisten am Tagungsort Glasgow machten auch am Freitag weiter auf die Gefahren der globalen Erwärmung aufmerksam.

Trotzdem: Es gibt ermutigende Entwicklungen. Das vor dem Hintergrund der geopolitischen Auseinandersetzungen überraschende Bündnis der USA und China in Sachen Waldschutz, Reduzierung des Methanausstoßes und Kohleausstieg hat deshalb so große Bedeutung, weil sich hier die beiden größten Klimasünder der Welt treffen.

Deutschlands Rolle blieb in den zurückliegenden 14 Tagen ambivalent. Die Verhandler aus Berlin repräsentierten gezwungenermaßen eine sich in Auflösung befindende Bundesregierung ohne eigene Prokura und mussten außerdem noch auf die Interessen der künftigen Ampelkoalitionäre Rücksicht nehmen.

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Deutschland beteiligt sich nicht an Erklärung zu Verbrennermotoren

Das wurde besonders deutlich, als die Bundesrepublik nicht die von 24 Staaten und sechs Automobilkonzernen betriebene Vereinbarung, alle neuen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis zum Jahr 2040 emissionsfrei zu betreiben, unterzeichnete. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), nur noch ein paar Tage geschäftsführend im Amt, hatte interveniert.

Immerhin: Das Deutsche Klima-Konsortium (DKK), ein Wissenschaftsverband aus 26 Forschungs­einrichtungen, begrüßt den deutlichen politischen Willen fast aller Mitgliedsstaaten, innerhalb nur weniger Jahrzehnte klimaneutral zu werden.

„Es ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zum Stand direkt nach dem Pariser Abkommen – da lagen die Zusagen im Bereich von drei bis vier Grad Celsius“, sagte DKK-Vorstandsvorsitzende Astrid Kiendler-Scharr dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wollen wir die ausgerufenen Ziele wirklich erreichen, müssen alle Länder sofort anfangen zu handeln und die Umsetzung in den kommenden zehn Jahren entscheidend voranbringen“, so die Atmosphärenforscherin am Forschungszentrum Jülich.

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Auch Hans-Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, ist optimistisch. „Noch in Paris war es undenkbar, die globale Dekarbonisierung bis 2050 zu beschließen. Das ist nun Konsens“, sagte der Klimaforscher dem RND. „Doch die großen Durchbrüche passieren nicht auf den pompösen Konferenzen. Die geschehen vorher, in bilateralen Verhandlungen und unzähligen gesellschaftlichen Veränderungen.“

Die COP sei wie eine große Theaterbühne, auf der ein Stück aufgeführt wird, das vorher an ganz anderen Orten geschrieben wurde. „Insofern kommt es schon auf den Text an, er ist nicht nur ‚Blablabla‘, wie Greta Thunberg sagt“, so Schellnhuber.

Luisa Neubauer fordert klare Haltung von Scholz beim Klimaschutz: „Was hält ihn auf?“

Der 26. Klimagipfel neigt sich dem Ende. In Deutschland sind nun vor allem die Ampel-Verhandler gefragt, das Gesagte umzusetzen, fordert Luisa Neubauer.

Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer bewertet die deutsche Rolle auf der Klimakonferenz äußerst kritisch. „Wir sind ein Vorbild, ob wir das wollen oder nicht. Wenn wir loslegen und was machen, dann zeigen wir: Es geht eben auch“, sagte Neubauer im RND-Videointerview. „Deutschland hat in Glasgow enttäuscht: Eine Zusage, bei der wir nicht mitgemacht haben, ist der schnelle Ausstieg aus dem Verbrenner. Das ist für eine so relevante Autonation ein extrem problematisches Zeichen.“

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