Klimakonferenz geht in die Verlängerung: Verhandlungen bis mindestens Samstag
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Noch kein Beschluss gefasst: Die UN-Klimakonferenz geht auch am Samstag weiter.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Die Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz ziehen sich bis mindestens Samstag hin. Erst am Morgen soll ein neuer Entwurf für die Abschlusserklärung vorgelegt werden, wie die Deutsche Presse-Agentur in Glasgow am Freitagabend aus Verhandlungskreisen erfuhr. Zuvor war das Ende des Gipfels für Freitagabend angesetzt gewesen.
Doch auch am Freitagabend machten die Unterhändler in Glasgow Überstunden. Auch deutlich nach dem offiziellen Ende des Treffens rangen die Teilnehmer noch um eine gemeinsame Abschlusserklärung. Als größter Knackpunkt erwiesen sich dabei der Ausstieg aus der Kohle, der Zeitpunkt zur Aktualisierung der Emissionsziele und vor allem das Geld.
Verhandlungen im Stillstand
Die Verhandlungen seien zum Stillstand gekommen, und die Vereinigten Staaten hielten mit Unterstützung der Europäischen Union die Gespräche auf, sagte Lee White, der gabunische Minister für Wälder und Klimawandel. Bis zum geplanten Ende der Konferenz um 19.00 Uhr (MEZ) war keine Einigung zustande gekommen. Aber manchmal hilft das den Diplomaten, in eine bessere Verhandlungsstimmung zu kommen, wie ein Experte erklärte.
„Die Verhandlungskultur besteht darin, harte Kompromisse erst dann einzugehen, wenn das Treffen in die Verlängerung geht, wie wir es jetzt getan haben“, sagte Alden Meyer, langjähriger Beobachter der Klimaverhandlungen und Mitglied der europäischen Denkfabrik E3G. „Aber die britische Präsidentschaft wird immer noch eine Menge Leute unglücklich machen müssen, um in Glasgow das umfassende Abkommen zu erreichen, das wir brauchen.“
Streitthema Kohleausstieg
Ein Streitthema war der Ausstieg aus der Kohlenutzung. Am offiziell letzten Gipfeltag kursierte ein Textentwurf mit einem Wortlaut, der von Beobachtern als Verwässerung ursprünglicher Zielvorgaben gewertet wurde. So hieß es in der Vorlage, dass „der Ausstieg aus der unverminderten Kohleverstromung und aus ineffizienten Subventionen für fossile Brennstoffe“ forciert werden solle. Eine Version vom Mittwoch klang da schärfer: Alle Länder sollten „den Ausstieg aus der Kohle und aus Subventionen für fossile Brennstoffe beschleunigen“, hieß es.
Alex Rafalowicz, Direktor einer Umweltinitiative gegen die Verbreitung fossiler Brennstoffe, beklagte, der Text biete so große Schlupflöcher, „dass man mit einem Lastwagen durchfahren könnte“. Der US-Klimabeauftragte John Kerry sagte, Washington stehe hinter der aktuellen Formulierung. „Wir reden nicht über die Abschaffung der Kohle“, sagte er zu anderen Diplomaten. Aber: „Diese Subventionen müssen weg.“
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Aktivistin Thunberg: „Solange unser Hauptziel darin besteht, Schlupflöcher und Ausreden zu finden, werden wir keine großen Ergebnisse sehen.“
© Quelle: Jon Super/AP/dpa
Kritik von Greta Thunberg
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg sagte der Nachrichtenagentur AP: „Solange unser Hauptziel darin besteht, Schlupflöcher und Ausreden zu finden, anstatt echte Maßnahmen zu ergreifen, werden wir bei diesem Treffen höchstwahrscheinlich keine großen Ergebnisse sehen.“ Thunberg äußerte sich am Freitagmorgen bei ihrem wöchentlichen Protest vor dem schwedischen Parlament in Stockholm.
Gerade fossile Energieträger gelten als Haupttreiber der globalen Erwärmung. Fachleute sind sich einig, dass ein Ausstieg so schnell wie möglich umgesetzt werden müsse. Sonst lasse sich das im Pariser Klimaabkommen von 2015 gesteckte Ziel nicht erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Streit um finanzielle Klimahilfen
Weiterer Streitpunkt bei den Verhandlungen war die Frage einer finanziellen Hilfe für ärmere Länder bei der Bewältigung des Klimawandels. Reichere Staaten haben sich nicht an die Vereinbarung gehalten, ihnen bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Gegenmaßnahmen bereitzustellen. Vertreter der Entwicklungsländer gingen daher mit großem Unmut in die Klimaverhandlungen.
Der aktuelle Entwurf zur Abschlusserklärung spiegelte das wider. Mit „tiefem Bedauern“ werde zur Kenntnis genommen, dass das Ziel von Hilfszahlungen von 100 Milliarden Dollar nicht erreicht worden sei, hieß es im Text. Reiche Länder müssten die Mittel daher aufstocken. Angeregt wird in der Vorlage auch eine Schaffung eines Fonds, durch den Länder für gravierende Zerstörungen infolge des Klimawandels entschädigt werden könnten.
Neue nationale Emissionspfade gefordert
Ein weiterer Punkt des Entwurfs betraf die Frage, wann die Länder neue Ziele zur Emissionssenkung vorlegen müssen, die sie eigentlich vor den Gesprächen in Glasgow hätten präsentieren sollen. Da die Zusagen nicht ausreichten, fordert der Entwurf die Länder auf, bis Ende 2022 ein weiteres, strengeres Ziel vorzulegen, aber einige Länder, wie Saudi-Arabien, sträuben sich dagegen, wie David Waskow vom World Resources Institute erklärte.
Bei den vorangegangenen 25 Gipfeln kam es häufig vor, dass die Delegierten nachsitzen mussten. Denn für Beschlüsse muss es Konsens unter allen 197 Ländern geben.
RND/AP/dpa