Verlegung von Pflegekräften auf Kinderstationen: Pflegeverbände kritisieren Lauterbach-Plan scharf
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Intensivpflegerinnen pflegen auf der Kinderintensivstation des Olgahospitals des Klinikums Stuttgart einen am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkrankten Patienten, der beatmet wird (Symbolbild). Wegen einer Atemwegs-Erkrankung bei Kleinkindern ist in einigen Krankenhäusern viel zu tun. (zu dpa: «Viel zu tun in Kinder-Krankenhäusern») Foto: Marijan Murat/dpa - Honorarfrei nur für Bezieher des Dienstes dpa-Nachrichten für Kinder +++ dpa-Nachrichten für Kinder +++
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Hannover/Berlin. Der Plan von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Pflegekräfte aus Erwachsenen- in Kinderstationen zu verlegen, stößt bei Pflegeverbänden auf scharfe Kritik. „Das kann man nur als Verzweiflungstat bezeichnen“, sagte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), Christine Vogler, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „In den Kliniken kann bereits jetzt nur die Minimalversorgung gesichert werden. Wir haben keine Station mehr, wo man Pflegepersonal abziehen kann.“
Hintergrund der von Lauterbach angekündigten Hilfsmaßnahmen ist die aktuelle Notsituation auf den Kinderstationen infolge einer Welle an Atemwegsinfektionen. In diesem Zuge sollen die Krankenkassen Vorgaben zur Personalbesetzung vorerst nicht prüfen und Sanktionen aussetzen.
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DBfK warnt vor Berufsflucht
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen „unzumutbar“. Die Vorsitzende Christel Bienstein monierte gegenüber dem RND: „Die Untergrenzen sind die rote Linie, die das Minimum an Versorgung markiert.“ Sie dienten deshalb vor allem der Sicherheit der Patientinnen und Patienten in den Kliniken. „Pflege unter diesem Minimum betreiben zu müssen, wäre daher auch eine enorme Zumutung an die Kolleginnen und Kollegen – mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen bis zur Berufsflucht.“
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Trotz der Kritik sieht Vogler den Gesundheitsminister nicht als alleinigen Verantwortlichen der „Verfehlungen der letzten Jahrzehnte“. Dennoch machte sie deutlich, dass Pflegekräfte aus anderen klinischen Abteilungen zwar die Grundlagen ihres Berufes kennen würden, aber nicht automatisch die Qualifikation zu Versorgung im pädiatrischen Intensivbereich hätten. „Diese Vorstellung, dass Pflegefachpersonen mit ihrer Qualifizierung mal eben überall in Spezialabteilungen eingesetzt werden könnten, das ist ein irriger Gedanke in der Bevölkerung, der aufhören muss“, so die DPR-Präsidentin.
Lob für angekündigten Personalschlüssel
Lob für Lauterbach äußerte Vogler dagegen für den Pflegeschlüssel als Bestandteil des vom Bundestag am Freitag beschlossenen Gesetzespakets der Ampelkoalition, das die Krankenhäuser in Deutschland stärker von wirtschaftlichem Druck lösen soll. „Wir sind sehr froh, dass die Personalbemessung kommt. Das ist sehr wichtig“, so die Präsidentin des Deutschen Pflegerats. „So können wir das erste Mal sehen, wie viel Pflegepersonal wir überhaupt benötigen, um eine vernünftige Gesundheitsversorgung in Deutschland leisten zu können.“
Vogler berichtete, dass in anderen Ländern durchschnittlich eine Pflegekraft auf fünf bis sieben Patientinnen und Patienten käme. „In Deutschland liegt der Wert bei eins zu 14″, klagte die DPR-Präsidentin. „Da sieht man doch schon ganz deutlich, dass hierzulande etwas ganz schön schiefläuft.“
Pflegerat: keine Entlastung für Fachkräftemangel, aber ...
DBfK-Vorsitzende Bienstein sieht in der am Pflegebedarf ausgerichteten Personalbemessung „ein gutes und dringend notwendiges Instrument, um qualitativ gute Pflege zu liefern“. Sie machte aber deutlich: „Es kommt nun darauf an, dass es zügig und verbindlich umgesetzt wird.“ Beginnend mit einer Testphase ab 1. Januar 2023 soll die Personalbemessung laut Plan ab 2025 scharf gestellt und auch sanktioniert werden.
Dies bedeute zwar zunächst keine Entlastung in der Fachkräfteproblematik, so DPR-Präsidentin Vogler. „Aber zu wissen, wie viele zusätzliche Pflegekräfte benötigt werden, um das System aufrechtzuerhalten, wird die öffentliche Diskussion um die Probleme im Pflegesektor deutlich verstärken.“ Konkret gehe es dabei um Themen wie Personalbeschaffung, Qualifikationen und Arbeitsbedingungen.