Wie die Regierung den Ausverkauf der deutschen Wirtschaft verhindern will
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Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, gibt eine Pressekonferenz zur Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes und zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa
Berlin. Man könnte es für einen Zufall halten, dass die Bundesregierung mitten in der Corona-Krise eine Gesetzesverschärfung auf den Weg bringt, um die Übernahme deutscher Firmen durch ausländische Investoren besser verhindern zu können. Denn die Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes war schon lange geplant. Doch ein Zufall ist der Beschluss des Kabinetts ganz und gar nicht.
Denn die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig es ist, die Kontrolle über lebenswichtige Wirtschaftsbereiche zu behalten. Außerdem besteht derzeit die Gefahr, dass angesichts des Kursrutsches am Aktienmarkt deutsche Firmen von Ausländern billig aufgekauft werden.
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Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Mittwoch, das “sehr liberale” Außenwirtschaftsrecht werde mit Blick auf deutsche Sicherheitsinteressen nachgeschärft. Es gehe zum Beispiel um die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wie Impfstoffen sowie um kritische Infrastrukturen. Dies sind etwa Stromnetze.
Vorgestelltes Hilfspaket ist nur der erste Schritt
Der Bundeswirtschaftsminister berichtet, dass die Auswirkungen der Corona-Krise bereits spürbar seien.
© Quelle: Reuters
Altmaier kündigte an, die Bundesregierung werde zeitnah entscheiden, wie die Produktion von medizinischer Ausrüstung wieder stärker nach Europa und Deutschland geholt werden könne. Hintergrund: Viele Wirkstoffe für Medikamente, zum Beispiel für Antibiotika, werden inzwischen fast ausschließlich in Asien produziert. Das gilt auch für Schutzausrüstung, die derzeit dringend benötigt wird.
“Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit”
Altmaier betonte auch, er wolle einen “Ausverkauf” deutscher Wirtschafts- und Industrieinteressen verhindern. Diese Gefahr ist durch die Corona-Krise gestiegen: Denn durch den Kursverfall sind auch deutsche Industrieunternehmen billig zu haben. Bundestag und Bundesrat hatten angesichts der Corona-Krise einen Stabilisierungsfonds beschlossen, über den der Staat sich notfalls auch an strategisch wichtigen Unternehmen beteiligen kann. Auch das kann Übernahmen verhindern.
Konkret soll im Außenwirtschaftsgesetz die nationale Investitionsprüfung gestärkt werden, um Sicherheitsinteressen besser schützen zu können. So soll es künftig darauf ankommen, ob ein Firmenerwerb eines Investors von außerhalb der Europäischen Union zu einer “voraussichtlichen Beeinträchtigung” der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit führt – bisher war eine “tatsächliche Gefährdung” maßgeblich.
Zudem soll bei Firmenübernahmen aus dem Ausland der frühzeitige Abfluss von Fachwissen unterbunden werden können. Erwerbe bei kritischer Infrastruktur und weiterer ziviler Sicherheitsbereiche können künftig “schwebend unwirksam” sein, bis das Geschäft als unbedenklich abgesegnet ist.
Die Änderungen waren noch vor dem Ausbruch der Corona-Krise geplant worden. Altmaier hatte sich in seiner Industriestrategie, die er vor mehr als einem Jahr vorgelegt hatte, für eine stärkere Industriepolitik des Staates ausgesprochen. Er will damit unter anderem einen neuen “Fall Kuka” verhindern: Der Roboterhersteller war 2016 von einem chinesischen Konzern übernommen worden. Versuche, die Übernahme abzuwehren, waren gescheitert – auch weil das damalige Außenwirtschaftsrecht dies nicht zugelassen hatte. Später war der Einstieg eines chinesischen Konzerns beim Stromnetzbetreiber 50Hertz nur mit Mühe verhindert worden.
Kritik der Wirtschaft
Kritik an den Plänen der Bundesregierung kam aus der Wirtschaft und der Opposition. Der Maschinenbauverband VDMA warnte davor, ausländische Investoren unter Generalverdacht zu stellen. “Wer in der aktuell schwierigen Lage der Weltwirtschaft die Prüfung für Auslandsinvestitionen verschärft, setzt ein völlig falsches Zeichen”, sagte VDMA-Präsident Carl Martin Welcker. Deutschland sei wie kein anderes Land auf offene Märkte für Exporte und Investitionen angewiesen. “Wie sollen wir das von unseren Handelspartnern verlangen, wenn wir uns selbst stärker abschotten?”
Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier, sagte, eine zu starke Regulierung bei der Zufuhr ausländischen Kapitals könnte Wachstums- und Beschäftigungschancen inländischer Standorte beschränken. “Die Politik muss sich auch in Krisenzeiten dafür einsetzen, dass staatliche Eingriffe bei ausländischen Kapitalbeteiligungen in deutsche Unternehmen die Ausnahme bleiben.”
“Unternehmen werden gegängelt”
Der FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben betonte, das bestehende Instrumentarium in Deutschland funktioniere. “Die jetzt beschlossene Verschärfung bei der Investitionskontrolle gängelt deutsche Unternehmen ebenso wie ausländische Investoren. Das Gesetz ist ein Schritt weg von der freien Marktwirtschaft hin zur lenkenden Industriepolitik.”