„Der Tag“

Kehrtwende in China, Staatsbesuch in den USA

Seit der Explosion der Corona-Fallzahlen und dem abrupten Ende der rigorosen Null-Corona-Strategie in China vor zwei Wochen verbreitet sich das Virus mit hoher Geschwindigkeit im Milliardenvolk. Vielerorts sind die Krankenhäuser voll.

Seit der Explosion der Corona-Fallzahlen und dem abrupten Ende der rigorosen Null-Corona-Strategie in China vor zwei Wochen verbreitet sich das Virus mit hoher Geschwindigkeit im Milliardenvolk. Vielerorts sind die Krankenhäuser voll.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

unser China-Korrespondent Fabian Kretschmer schaut derzeit fassungslos auf die pandemische Kehrtwende, die die chinesische Regierung vollzogen hat. Noch vor wenigen Wochen wurde er in seiner Wohnung eingesperrt, weil ein Nachbar fünf Stockwerke über ihm als Corona-Verdachtsfall galt. Mittlerweile hat sich bereits jeder aus seinem Pekinger Bekanntenkreis mit dem Virus infiziert, wie er mir vorhin in einer E‑Mail schrieb. So, als handele es sich plötzlich nur noch um eine gewöhnliche Grippe.

In einer Reportage aus Peking blickt Kretschmer heute auf ein Land, das die Corona-Ausnahmezustände, die den Rest der Welt in den vergangenen zwei Jahren trafen, nun in komprimierter Form erlebt. Ausgerechnet die Hauptstadt wurde zuerst von Chinas flächendeckender Omikron-Welle getroffen, berichtet er. In der Hauptstadt ließ sich beobachten, wie die Kliniken überflutet wurden, sich selbst das Krankenhauspersonal zuhauf infizierte und Fiebermedikamente auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden. In Peking immerhin kehrt nun das öffentliche Leben allmählich wieder zurück: Tag für Tag bevölkert die wachsende Anzahl an Genesenen wieder die Restaurants, Shoppingmalls und U‑Bahnen.

Hunderttausende Tote nach Ende der Null-Covid-Politik in China befürchtet

Nach der plötzlichen Kehrtwende in der chinesischen Corona-Politik dürfen Infizierte jetzt sogar zur Arbeit gehen. Dabei verbreitet sich das Virus nun rasant.

„In Chinas Hauptstadt bilden Leid und Normalität ein geradezu surreales Nebeneinander“, schreibt Kretschmer. In den Pekinger Sportbars sitzen die Feierwütigen bereits wieder bis tief in die Nacht vor Bier vom Fass und Tequila-Shots. Doch gleichzeitig reihen sich die Leichenwagen vor den Bestattungsinstituten der Stadt zu langen Trauerschlangen. In nur wenigen Wochen hat das bevölkerungsreichste Land der Welt eine pandemische Kehrtwende hingelegt, die extremer nicht sein könnte: von einer drakonischen Null-Covid-Paranoia hin zur schnellstmöglichen Durchseuchung. Das Virus, das einst als tödliche Gefahr gebrandmarkt wurde, wird jetzt in den Staatsmedien nur noch als eine „gewöhnliche Erkältung“ dargestellt. Der Sprung ist gewaltig: Mussten Infizierte Anfang Dezember noch in Krankenhäuser, so erlauben ihnen mehrere Metropolen heute sogar die Rückkehr zum Arbeitsplatz.

Als Europäer kennt man diese Entwicklung aus den vergangenen Jahren: China befürchtet, dass das Gesundheitssystem der massiven Corona-Welle nicht mehr lange standhalten kann. In Shanghai sind Schülerinnen und Schüler inzwischen zu Onlineunterricht verpflichtet worden. Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner liegen mit Fieber im Bett, die idyllischen Gassen des alten Stadtkerns muten wie ein Geisterort an. Eine Erkenntnis scheint sich zu festigen: Dauerhaft entkommen kann man dem Corona-Virus offenbar kaum – es sucht sich seinen Weg. Und dies hat auch Auswirkungen auf den Rest der Welt: Die WHO stellte bereits klar, dass das globale Ende der Pandemie durch die Corona-Welle in China erst einmal in weite Ferne gerückt ist. Zu groß ist das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern, als dass man es in diesem Zusammenhang ignorieren könnte.

China müht sich derweil um kosmetische Schadensbegrenzung: In dem Land zählen inzwischen nur noch an Lungenentzündung und Atemversagen verstorbene Patientinnen und Patienten offiziell als Covid-19-Sterbefälle, der Tod von Menschen mit Vorerkrankungen dagegen nicht. In den meisten anderen Ländern werden alle Sterbefälle von coronapositiven Personen als solche registriert.

US-Präsident Joe Biden (rechts) empfängt seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Oval Office des Weißen Hauses.

US-Präsident Joe Biden (rechts) empfängt seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Oval Office des Weißen Hauses.

Besuch im Weißen Haus

Eine weitere große Krise unserer Zeit erlebte gestern kurz vor dem Jahreswechsel noch einen – zumindest in diplomatischer Hinsicht – unerwarteten Höhepunkt: Die hochgeheime erste Auslandsreise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar habe das Zeug zum historischen Ereignis, schreibt unser USA-Korrespondent Karl Doemens. Am Abend europäischer Zeit filmten Fernsehteams Selenskyj gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden vor dem Kaminfeuer im Weißen Haus. Es sei eine „große Ehre“, in den USA zu sein, erklärte Selenskyj. Er überreichte Biden eine Medaille: Am Vortag sei er in der Frontstadt Bachmut gewesen, sagte der ukrainische Präsident, der in seinem gewohnten kriegerischen olivgrünen Outfit ins Weiße Haus kam. Ein Offizier dort habe ihn gebeten, seine Militärmedaille an Biden weiterzugeben, da dieser ein „sehr mutiger Präsident“ sei.

Kurz vor dem Treffen gab das Weiße Haus bekannt, was lange erwartet worden war: Die USA werden das Patriot-Flugabwehrsystem an die Ukraine liefern, außerdem Munition für ukrainische Kampfjets. Beides ist Teil weiterer US-Militärunterstützung in Höhe von 1,85 Milliarden Dollar. Washington hatte die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges bereits mit insgesamt 18,5 Milliarden Dollar unterstützt – mehr als jedes andere Land. Die Ukraine, beteuerte Biden seinem Gast, beeindrucke weiterhin die Welt. Er bezeichnete Selenskyj als den „Mann des Jahres“ – eine Anspielung auf die Entscheidung des „Time“-Magazins, das den ukrainischen Führer in diesem Monat auf seinem Cover verewigt hat.

Der Tag

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Zitat des Tages

Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der blöd genug ist, den Job zu übernehmen!

Elon Musk

auf Twitter zu seinem Rücktritt als Chef des Kurznachrichtendienstes

 

Leseempfehlungen: Erdgas und Spotify

Vor den Küsten Griechenlands werden große Erdgasvorkommen vermutet. Sie könnten nicht nur das Land auf Jahrzehnte mit Energie versorgen, sondern auch Europa helfen, russisches Gas zu ersetzen. Deshalb treibt die griechische Regierung jetzt die Explorationen voran, wie RND-Korrespondent Gerd Höhler berichtet.

Warum „Spotify Wrapped“ so erfolgreich ist – und warum uns das zu denken geben sollte: „Wrapped“ ist so erfolgreich, dass inzwischen auch andere Apps auf den Hype aufspringen. Der Trend hat auch eine problematische Seite, erklärt Matthias Schwarzer.

 

Aus unserem Netzwerk: Wenn jede Sekunde zählt

Unterwegs mit Notfallsanitätern: Zwischen Zwangspausen und Dauerstress – wie läuft der Alltag von Notfallsanitäterinnen und ‑sanitätern? Die Reportage der „Kieler Nachrichten“ (+) nimmt Sie mit zur Schicht an einem Dezembermorgen, die symptomatisch für ein System an der Kapazitätsgrenze ist.

 

Termine des Tages

Korruption in Brüssel: Die belgische Justiz entscheidet heute über die weitere Haft der ehemaligen Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili. Hintergrund ist der Korruptionsskandal um das Parlament, den belgische Ermittlungsbehörden vor zwei Wochen aufdeckten.

Schlechte Luft in Paris: Ein Einwohner von Paris verlangt vom französischen Staat Schadensersatz in Höhe von insgesamt 21 Millionen Euro, weil die zunehmende Luftverschmutzung in diesem Ballungsraum seine Gesundheit geschädigt habe. Damit hat sich schließlich auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg befasst – und will dazu heute ein Urteil fällen.

 

Was heute wichtig wird

Der Tag von El Gordo: Die spanische Weihnachtslotterie El Gordo (der Dicke) gilt mit ihrer mehr als 200-jährigen Tradition und einer ausgespielten Gesamtsumme von knapp 2,4 Milliarden Euro als größte und älteste Tombola der Welt. Heute ist der Tag der Ziehung.

Der Tag von El Gordo: Die spanische Weihnachtslotterie El Gordo (der Dicke) gilt mit ihrer mehr als 200-jährigen Tradition und einer ausgespielten Gesamtsumme von knapp 2,4 Milliarden Euro als größte und älteste Tombola der Welt. Heute ist der Tag der Ziehung.

 

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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,

Ihr Michael Pohl

 

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