Seehofers Seenotrettungsplan kommt kaum voran
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Seehofer hatte sich für eine Übergangslösung zur Seenotrettung ins Zeug gelegt. Auf EU-Ebene gibt es nun jedoch kaum Fortschritte.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Luxemburg. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kommt mit seinem Seenotrettungsplan in der EU nicht wirklich weiter. Die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten ließen sich am Dienstag bei einem Treffen in Luxemburg zwar über die Pläne informieren, wie aus Seenot gerettete Flüchtlinge im zentralen Mittelmeer künftig verteilt werden sollen. Doch kein Mitgliedsstaat schloss sich formal der Initiative Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Maltas an. Seehofer zeigte sich dennoch zufrieden.
Tagelange Irrfahrten sollen vermieden werden
Vor zwei Wochen hatte sich Seehofer zusammen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Italien und Malta auf eine Übergangslösung für die Bootsflüchtlinge im zentralen Mittelmeer geeinigt. Demnach sollen alle Flüchtlinge, die vor Italien und Malta aus Seenot gerettet werden, innerhalb von vier Wochen auf die Staaten verteilt werden, die sich an dem Mechanismus beteiligen. Damit sollen tagelange Irrfahrten von Rettungsschiffen vermieden werden, die bis zum Regierungswechsel in Italien vor einigen Wochen nicht in italienische Häfen einfahren durften.
Seehofer sagte am Dienstagabend in Luxemburg, die Initiative stelle ein Pilotprojekt dar. Daraus solle sich schrittweise ein gemeinsames EU-Asylsystem entwickeln. Das sei eine große Aufgabe, die auf die neue EU-Kommission unter Ursula von der Leyen zukomme, sagte Seehofer. Er hoffe, dass es bis zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 entscheidungsreife Vorschläge geben werde.
Viele EU-Staaten sind skeptisch
Aus dem Vorhaben, schon am Dienstag andere Staaten vom Sinn der Seenotrettungsinitiative zu überzeugen, wurde jedoch nichts. Vor zwei Wochen hatte Seehofer auf Malta noch erklärt, zwölf bis 14 Staaten würden mitmachen. Davon kann bislang keine Rede sein. Nach Diplomatenangaben dürften allerdings Luxemburg, Portugal und Irland auch in Zukunft Bootsflüchtlinge aufnehmen. Zudem zeigten sich Kroatien, Estland, Litauen und Rumänien grundsätzlich interessiert an einer Beteiligung.
Spanien, Griechenland und Zypern begrüßten nach Seehofers Worten die Initiative. Doch hätten diese Staaten bereits so viele Migranten aufgenommen, dass sie sich am Seenotrettungsmechanismus nicht auch noch beteiligen könnten. Der Innenminister sagte, er hoffe noch auf Belgien, das als flüchtlingsfreundlich gilt, aber seit Ende Mai keine Regierung mehr hat. Auch im Falle Österreichs wisse man noch nicht, wie sich die künftige Regierung verhalten werde, so Seehofer. Dagegen lehnen die osteuropäischen Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn die Verteilung von Flüchtlingen kategorisch ab.
Nur wenige Menschen kommen in Italien an
Der Verteilungsplan von Malta umfasst ohnehin nur einen Bruchteil der Migranten, die in Europa ankommen. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex erreichten knapp 6600 Menschen Malta und Italien in den ersten acht Monaten dieses Jahres. Nur wenige Menschen davon wurden aus Seenot gerettet, und nur solche Flüchtlinge sollen nach dem Plan von Malta verteilt werden. Nur bei einem geringen Teil von ihnen handelt es sich um Menschen, die tatsächlich aus Seenot gerettet wurden und dem Mechanismus zufolge verteilt werden sollten.
Anders sieht es im östlichen Mittelmeer aus. Dort kamen bis Ende August mehr als 38 000 Menschen an. Doch der Übergangsmechanismus von Malta gilt nicht für diese Flüchtlinge.
Seehofer verteidigte seine Pläne in Luxemburg indirekt gegen Kritik aus der Union in Deutschland. Zuletzt hatte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer vor neuen Anreizen für Menschenschmuggler auf dem Mittelmeer gewarnt. „Wir wissen alle miteinander, dass wir bei allem, was wir festlegen, immer darauf achten müssen, dass wir nicht das Geschäftsmodell von Schleppern bedienen, dass es Pull-Effekte gibt“, sagte die Bundesverteidigungsministerin am Wochenende bei einem Besuch in Niger.
"Kein Taxi-Service zwischen Libyen und Italien"
Seehofer betonte, dass der Verteilmechanismus zunächst nur sechs Monate gelten soll und zudem jederzeit gekündigt werden könnte: „Sollte sich eine missbräuchliche Entwicklung ergeben, bin ich der Erste, der den Mechanismus beendet.“ Es dürfe auch nicht zu einem „Taxi-Service zwischen Libyen und Italien“ kommen.
Es gelte jedoch, Humanität und Ordnung zu vereinen, so Seehofer. Die Zahl der aus Seenot geretteten Flüchtlinge sei sehr niedrig: „Real nehmen wir aus der Seenotrettung in einem Jahr so viele Menschen auf wie pro Tag in Deutschland auf dem Landweg ankommen." In den vergangenen 15 Monaten hat Deutschland 225 Bootsflüchtlinge aufgenommen.