Taliban und afghanische Regierung starten Friedensgespräche in Katar

Der Leiter des Hohen Rats für Nationale Aussöhnung, Abdullah Abdullah.

Der Leiter des Hohen Rats für Nationale Aussöhnung, Abdullah Abdullah.

Doha. Fast zwei Jahrzehnte nach der Militärinvasion Afghanistans haben in Katar innerafghanische Friedensgespräche begonnen. Delegationen der Taliban und der Regierung Afghanistans kamen am Samstag in Doha für eine Eröffnungszeremonie zusammen.

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Delegationen beider Seiten trafen sich nach dem Auftakt bereits in großer Runde, wie die Deutsche Presse-Agentur aus gut informierten Diplomatenkreisen erfuhr. Die Atmosphäre soll entspannt gewesen sein, es seien sogar Witze gemacht und gelacht worden. Dennoch war der Ernst während der öffentlichen Veranstaltung zu spüren, beide 21-köpfigen Teams hatten sich in den vergangenen Wochen akribisch vorbereitet.

Vertreter der Konfliktparteien sprachen beim Auftakt der Gespräche im Gastgeberland Katar von einem “historischen Tag”. Dieser werde als Ende der Gewalt in die Geschichte eingehen, sagte der Vorsitzende des afghanischen Hohen Rats für Versöhnung, Abdullah Abdullah. Doch ob es schnell zu einer Waffenruhe in den Verhandlungen kommt, wurde von Experten am Rande der Veranstaltung mit Skepsis gesehen. Immer noch herrsche viel Misstrauen zwischen den Taliban und der Regierung.

Maas: Nur afghanisches Volk kann über Zukunft entscheiden

US-Außenminister Mike Pompeo forderte, den historischen Moment zu nutzen und den Friedensprozess zu schützen. “Wir hoffen, dass dieses Kapitel ein Kapitel der Versöhnung und des Fortschritts ist und nicht eine weitere Chronik der Tränen und des Blutvergießens”, sagte Pompeo in Doha. Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte, dass Frauenrechte und Minderheiten geschützt werden. Doch “nur das afghanische Volk kann über seine Zukunft entscheiden”, sagte Maas per Video.

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Der Beginn der Gespräche ist mit großen Hoffnungen verbunden. Die Regierung hat einen Waffenstillstand als Forderung zur obersten Priorität gemacht, wie der Chef-Unterhändler der afghanischen Regierung, Masum Staneksai, in Doha sagte.

Auch die Taliban blicken gespannt auf das nächste Treffen, das bereits an diesem Sonntag in kleiner Runde stattfinden soll. “Wir sind hoffnungsvoll für die künftigen Verhandlungen und hoffen, dass beide Seiten zeigen, dass sie sich auf gemeinsame Werte einigen, um die Probleme Afghanistans zu lösen”, sagte ein Mitglied der Taliban-Delegation, Suhail Schahin, der Deutschen Presse-Agentur.

Das Golfemirat Katar als Gastgeber ist eines von fünf Ländern, die sich für die Friedensgespräche engagieren. Auch Deutschland, Norwegen, Usbekistan und Indonesien gehöre zu der Gruppe. Die Nationen unterstützen den Friedensprozess als Vermittler, wollen aber in die direkten Verhandlungen nicht eingreifen. Bereits im Juli 2019 wurde eine von Katar und Deutschland ausgerichtete Konferenz in Doha veranstaltet. Katar betonte, dass ihnen Neutralität wichtig sei.

Afghanische Friedensgespräche in Doha
12.09.2020, Katar, Doha: Die Taliban-Delegation nimmt an der Er��ffnungssitzung der Friedensgespr��che zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban teil. Fast zwei Jahrzehnte nach der Milit��rinvasion Afghanistans haben in Katar innerafghanische Friedensgespr��che begonnen. Delegationen der Taliban und der Regierung Afghanistans kamen am Samstag in Doha f��r eine Er��ffnungszeremonie zusammen. Foto: Hussein Sayed/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

In Katars Hauptstadt Doha haben am Samstag afghanische Friedensgespräche begonnen.

Abkommen der USA verpflichtet Taliban zur Aufnahme der Friedensgespräche

Ein Abkommen der Taliban mit den USA von Ende Februar verpflichtete die Islamisten zur Aufnahme der Friedensverhandlungen. Die Vereinigten Staaten wollen ihre Soldaten abziehen; erst am Donnerstag kündigte US-Präsident Donald Trump einen weiteren Truppenabbau an. Dass die Gespräche nun beginnen, ist das wichtigste Zugeständnis, dass die Amerikaner den Taliban im Gegenzug für ihren Abzug abringen konnten.

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Von der Entwicklung hängt auch die Zukunft des Einsatzes der Bundeswehr und anderer ausländischer Truppen in Afghanistan ab. Die Bundeswehr ist seit 2002 am Hindukusch. Seit dem 1. Januar 2015 ist sie dort im Rahmen des Ausbildungseinsatzes Resolute Support. Der Bundestag hatte das Mandat zuletzt am 13. März 2020 bei einer Obergrenze von 1300 Soldaten verlängert. Die meisten deutschen Soldaten sind in Masar-i Scharif stationiert.

Bis zuletzt ging der Konflikt in Afghanistan brutal weiter. Ein Gefangenenaustausch, der vor den Gesprächen eigentlich Vertrauen aufbauen sollte, hatte für erhebliche Verzögerungen geführt. Die Taliban hatten seit dem Abkommen mit den USA keine Nato-Soldaten mehr getötet, ihren Kampf gegen die afghanischen Sicherheitskräfte aber intensiv weitergeführt. Jahrelang hatten die Islamisten Gespräche mit Kabul abgelehnt und die Regierung als “Marionette des Westens” bezeichnet.

RND/dpa

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