Größer als das Weiße Haus: Millionenschwerer Plan zum Ausbau des Kanzleramts sorgt für Kritik
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Das Bundeskanzleramt soll für rund 777 Millionen Euro ab Anfang 2023 erweitert werden.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Berlin. Der Ausbauplan ist teuer – und umstritten: 21 Jahre, nachdem das Bundeskanzleramt in Berlin-Mitte erstmals bezogen wurde, plant die Bundesregierung eine Erweiterung des Gebäudes. Diese soll inzwischen rund 777 Millionen Euro kosten, ursprünglich vorgesehen waren Kosten in Höhe von 457 Millionen Euro.
Die Erweiterung sei nach Regierungsangaben nötig, um dem Personalaufwuchs gerecht zu werden. Anfang 2023 soll der Bau starten – und vier bis fünf Jahre dauern.
Das soll der Anbau enthalten
Von den mehreren Millionen Euro, die die Bundesregierung in die Erneuerung des Kanzleramts stecken will, soll unter anderem ein Kindergarten und eine etwa 250 Quadratmeter große Kanzlerwohnung entstehen. Der bisherige Hubschrauberlandeplatz soll aufwendig modernisiert werden. Die Bundesregierung betont auf ihrer Homepage: „Der Bundeskanzler benötigt aufgrund seines extrem engen Terminkalenders eine maximale Mobilität, die ohne Hubschraubereinsätze nicht gewährleistet werden kann.“
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Ein Modell zeigt einen möglichen Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts. Im Vordergrund sieht man das bereits bestehende Gebäude.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Die Bundesregierung rechtfertigt die geplante Erweiterung des Kanzleramts mit bis zu 400 neuen Büroräumen, die aufgrund „kontinuierlicher Aufgabenerweiterungen in der aktuellen und den zurückliegenden Legislaturperioden und dem damit einhergehenden deutlichen Aufwuchs des Personalkörpers“ geschaffen werden müssten. Eine Erweiterung des Kanzleramts sei außerdem nötig, um den 260 Beschäftigten, die bislang in externen Büroräumen untergebracht sind, einen Arbeitsplatz im Kanzleramtsgebäude zu bieten.
140 Millionen Euro Risikokosten noch nicht genehmigt
Insgesamt beschäftigt das Kanzleramt laut einem Regierungssprecher um die 840 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ausgelegt sei der bestehende Bau für 580 Beschäftigte.
Neben den geplanten 637 Millionen Euro für den Erweiterungsbau des Kanzleramts rechnet die Bundesregierung mit weiteren 140 Millionen Euro für Risiken und potenzielle Preiserhöhungen, was die geplante Gesamtsumme von 777 Millionen Euro ergibt. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat die Gesamtkosten bereits anerkannt.
Auch das Bundesfinanzministerium – dessen Zusage für den Baustart nötig ist – hat die 637 Millionen Euro inzwischen genehmigt. Mit einer Freigabe der weiteren 140 Millionen Euro für mögliche Baurisiken wolle man noch warten, bis genauere Kostenprognosen möglich seien, wie eine Regierungssprecherin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte.
Kritik von der Opposition
Die Oppositionsparteien kritisieren das Bauvorhaben der Bundesregierung. Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch sagte dazu vergangene Woche im Bundestag, die geplante Erweiterung werde der ursprünglichen Intention des Kanzleramtsgebäudes, Bescheidenheit zu demonstrieren, nicht mehr gerecht. Der stellvertretende AfD-Sprecher Stephan Brandner sprach sogar von der Errichtung eines „Protzklotzes“.
Kritik kommt auch von der CDU/CSU – obwohl sie einer Erweiterung des Kanzleramtes ursprünglich zugestimmt hatte und der Ausbau seinerzeit von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeleitet wurde. Mittlerweile jedoch, so die Unionsfraktion, hätten sich die Rahmenbedingungen geändert: Aufgrund aktueller Krisen wie dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Inflation und der hohen Gaspreise wüssten viele Menschen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. „Da ist ein neuer Prachtbau und ein Ausbau des Kanzleramtes zur größten Regierungszentrale der Welt vollkommen aus der Zeit gefallen“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei, dem RND.
„Ein Ausbau des Kanzleramts zur größten Regierungszentrale der Welt ist vollkommen aus der Zeit gefallen“
Thorsten Frei
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU
Viermal so groß wie das Weiße Haus
In der Tat ist das Kanzleramt schon jetzt mit einer Nutzfläche von rund 25.000 Quadratmetern etwa viermal so groß wie das Weiße Haus. Ein Vergleich der beiden Regierungssitze ist allerdings schwierig, da das Bundeskanzleramt fast den gesamten Verwaltungsapparat beinhaltet, während das Weiße Haus diesen in einem Nebengebäude untergebracht hat. Durch die Erweiterung des Kanzleramts soll die Nutzfläche auf 50.000 Quadratmeter verdoppelt werden.
Die Bundesregierung gibt an, Kritik an der umstrittenen Kanzleramtserweiterung zur Kenntnis genommen zu haben, aber an ihrem Vorhaben festhalten zu wollen. „Umplanungen kurz vor Baubeginn im kommenden Jahr würden zu deutlichen Mehrkosten führen und den geplanten Fertigstellungstermin verschieben“, sagt eine Regierungssprecherin. Einsparpotentiale würden regelmäßig geprüft und gegebenenfalls umgesetzt – wenn möglich.