Wie Helge Braun sich um den CDU-Vorsitz bewirbt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/C7TD6DKJ2FDFPIH4T7EKNDNLQA.jpg)
Kanzleramtschef Helge Braun kandidiert für den CDU-Parteivorsitz.
© Quelle: imago images/photothek
Berlin. Helge Braun wählt die Briefform. CDU-Chef will der 49-jährige bisherige Kanzleramtschef werden, er ist die Überraschung im Kandidatenfeld. Am Freitagabend holt er sich dafür die notwendige Nominierung bei seinem Kreisverband im hessischen Gießen ab. Und dann verschickt er ein Schreiben an die Parteimitglieder. Fünf Seiten sind das mit Organisationsvorschlägen, dem Versprechen von inhaltlicher Klarheit. Braun empfiehlt sich als Parteiarbeiter und „kooperativer Vorsitzender“ – eine zumindest indirekte Abgrenzung zu den Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz, die in der CDU nicht als Teamspieler gelten.
Als ausgebildeter Notarzt und Intensivmediziner habe er außerdem gelernt, „mit Krisensituationen professionell umzugehen“.
An den Beginn setzt Braun allerdings ein Bedauern: „Uns alle bedrückt das historisch schlechte Ergebnis der CDU bei der Bundestagswahl“, schreibt Braun. „Uns ärgert die Art und Weise, wie wir verloren haben. Die Liste der Versäumnisse und Streitigkeiten ist lang. So können und dürfen wir nicht weitermachen.“
Wahrgenommen worden ist Braun bislang vor allem als Kanzleramtsminister. In dem Brief betont er seine Arbeit als Parteipolitiker: Seit 31 Jahren sei er CDU-Mitglied, seit 18 Jahren Kreisvorsitzender und seit 14 Jahren Bezirksvorsitzender. „Parteiarbeit macht mir Freude“, betont Braun.
Mit einer ganzen Reihe von Organisationsvorschlägen versucht Braun die Parteibasis zu überzeugen, die dieses Mal in einer Mitgliederbefragung die Entscheidung über den CDU-Vorsitz treffen soll. Schnellere Reaktionsfähigkeit gehört dazu, eine Organisationsreform der Parteizentrale und bessere technische Unterstützung für die Kreisgeschäftsstellen. Außerdem sollten die Mitglieder künftig in Onlinekonferenzen noch am selben Tag über die Sitzungen des Bundesvorstands unterrichtet werden.
Und eine zentrale Schwäche der Union greift Braun auch auf: Monatelang haben CSU und CDU vor der Bundestagswahl über die Aufstellung des Kanzlerkandidaten gestritten. Es müsse künftig eine Vereinbarung geben, „wie wir künftig unseren Kanzlerkandidaten nominieren“, schreibt Braun.
Schließlich sei die Geschlossenheit von CDU und CSU entscheidend für den Erfolg. Auch die CDU für sich müsse gemeinsam auftreten: „Wir müssen eine gemeinsame Haltung haben“, befindet Braun. „So macht Politik Spaß.“
Die CDU müsse ihre Inhalte auch klarer definieren. In den vergangenen Jahren habe man „zu wenig diskutiert und nicht klar genug Position bezogen“. Ist das eine Distanzierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bis 2018 auch die CDU geführt hat? Braun war einer ihrer engsten Mitarbeiter im Kanzleramt. Die Nähe könnte ihn bei den Mitgliedern Stimmen kosten, heißt es bei manchen in der CDU. Braun erwähnt Merkel nicht namentlich, aber reiht sie ein in die „herausragenden Persönlichkeiten der CDU – unseren Kanzlern und unserer Kanzlerin“.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Und die konturlosere Zeit sei eine erfolgreiche Regierungszeit gewesen und die bringe nun mal die Notwendigkeit zu Kompromissen mit sich. „Gut fürs Land“, sei das gewesen, „aber schlecht für die Wahrnehmung des Profils der Union. Die Corona-Politik, Russland, die steigende Inflation, die Sicherheitspolitik nennt Braun unter anderem als Themen.
Zu den Konflikten in der CDU zählt er den zwischen Urheberrechts- und Digitalpolitik. Auch den Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie müsse man überwinden.
Braun verspricht Erneuerung
„Neue CDU. Neue Stärke“, hat Braun als Motto über seinen Brief gesetzt.
„Jetzt aber voran“ hat der Außenpolitiker und frühere Umweltminister Norbert Röttgen als Motto gewählt, der seine Kandidatur am Vormittag in einer Pressekonferenz verkündet hat. Merz hat seine Kandidatur noch nicht offiziell verkündet.
Röttgen kündigt Kandidatur für CDU-Vorsitz an
Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 17.11. - aber jetzt hat sich der erste Bewerber für den CDU-Vorsitz aus der Deckung gewagt. Es ist ein Altbekannter.
© Quelle: dpa
Wenn das Rennen um den Vorsitz gelaufen sei und ein Parteichef feststehe, gebe es „keinen einzigen Tag mehr Zeit für Streit über offene Führungsfragen“, schreibt Braun. Den Fraktionsvorsitz werde er auf jeden Fall nicht übernehmen. Einen Namen dafür nennt er allerdings auch nicht.