Kompromiss beim Verfassungsschutzgesetz in Sicht
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln.
© Quelle: dpa
Berlin. Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium sind bei ihren seit Monaten stockenden Verhandlungen über eine Reform des Verfassungsschutzgesetzes einen Schritt weitergekommen. Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Regierungskreisen erfuhr, ist das Bundesjustizministerium jetzt bereit, dem Bundesamt für Verfassungsschutz die Erlaubnis zur Quellen-TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) zu geben. Damit könnte es nach Zustimmung der G-10-Kommission Onlinetelefonate überwachen oder Messengernachrichten wie Whatsapp lesen.
Nicht zustimmen will das Bundesjustizministerium hingegen weiterhin der Onlinedurchsuchung. Damit könnte der Verfassungsschutz unverändert nicht auf komplette IT-Geräte zugreifen. Nach RND-Informationen ist das Bundesinnenministerium nun willens, diese zweite Weigerung zu akzeptieren, sodass einer Reform des Verfassungsschutzgesetzes nichts mehr im Wege stünde.
Ein Paket von Gesetzen
Die ehemalige Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hatte Verhandlungen über eine Reform des Verfassungsschutzgesetzes vollständig abgelehnt – unter anderem mit dem Argument, dass es dann zumindest auch bessere Kontrollmöglichkeiten des Dienstes geben müsse. Ihre Nachfolgerin Christine Lambrecht (SPD) war zu Gesprächen bereit; allerdings ging es bei diesen seit Monaten nicht voran.
Unionspolitiker und Vertreter der Sicherheitsbehörden sagen, Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung seien eigentlich keine Kompetenzerweiterungen. Sie seien nur eine Anpassung der Kompetenzen an das digitale Zeitalter. In Sachen Quellen-TKÜ stimmt das Bundesjustizministerium dieser These neuerdings zu.
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Armin Schuster (CDU), sagte dem RND: “Ein Kompromiss, dass wir auf die Onlinedurchsuchung verzichten, wäre mit Schmerzen akzeptabel, wenn wir die Quellen-TKÜ drin hätten und gleichzeitig die erweiterten Kontrollmöglichkeiten auch wieder herausgenommen würden, die die SPD in den Gesetzentwurf hinein verhandelt hat.”
Saskia Esken will nicht
Außerdem werde in der großen Koalition derzeit noch über weitere Sicherheitsgesetze verhandelt – so etwa über das Bundespolizeigesetz, das IT-Sicherheitsgesetz oder ein Gesetz über Wiedereinreisesperren für kriminelle Asylbewerber nach dem Fall des Bremer Clanchefs Ibrahim Miri. Wenn diese ebenfalls abgeschwächt werden sollten, dann müsse man das gesamte Paket im Koalitionsausschuss zur Debatte stellen.
Nach RND-Informationen wären Lambrecht und die Innenpolitiker der SPD zu größeren Konzessionen beim Verfassungsschutzgesetz bereit. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken widersetzt sich dem aber.