Kabinett verabschiedet umstrittenes Klimaschutzpaket
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Das Bundeskabinett hat sein Klimaschutzpaket verabschiedet.
© Quelle: Julian Stratenschulte/Uwe Anspach/dpa/imago images/photothek/Montage RND
Berlin. Das Bundeskabinett hat das bis zuletzt umstrittene Klimapaket verabschiedet. Dabei geht es zum einen um konkrete Vorhaben, mit denen Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 erreichen will - das sogenannte Klimaschutzprogramm. Zum anderen legt die Regierung mit dem am Mittwoch verabschiedeten Bundes-Klimaschutzgesetz fest, wie die Maßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung umgesetzt und überwacht werden sollen.
Das Gesetz regelt zum Beispiel, dass einzelne Minister für die Erreichung jährlicher Klimaschutzziele in ihrem Bereich verantwortlich sind. Insbesondere um das Gesetz wurde bis zuletzt gerungen. Der Bundestag muss ihm noch zustimmen.
"Klimaschutz wird praktisch Gesetz - und das ist sehr gut"
Deutschland will seinen Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren im Vergleich zu 1990. Bis Mitte des Jahrhunderts soll die Bundesrepublik weitgehend klimaneutral werden, also unter dem Strich keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr ausstoßen.
Vor dem Beschluss hatte die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer hat das Klimaschutzgesetz gegen Kritik verteidigt und die Deutschen auf Mehrbelastungen eingestimmt. „Wenn das Klimapaket heute im Kabinett beschlossen wird, läutet das tatsächlich einen Paradigmenwechsel ein. Erstmals werden Klimaziele gesetzlich festgelegt. Erstmals wird ein Mechanismus eingeführt, der sicherstellt, dass die Klimaziele erreicht werden“, sagte Dreyer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Den Vorwurf mancher Kritiker, dass der Zielerfüllungsdruck auf einzelne Minister nicht groß genug sei, wies Dreyer zurück. „Keines der zuständigen Ressorts wird sich nachsagen lassen wollen, dass es im Bereich Klima versagt hat. Zumal es unangenehme Folgen für den jeweiligen Etat haben würde“, so die SPD-Politikerin. „Jeder Minister, jede Ministerin wird alles daran setzen, auf dem Klimapfad zu bestehen.“
Die Menschen in Deutschland müssten sich darauf einstellen, dass nun Änderungen auf sie zukommen würden, betonte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. „Ob beim Heizen, Autofahren oder Reisen - es wird sich für den Einzelnen viel ändern“, sagte Dreyer. Selbst bei gutem Willen seien längst nicht alle Menschen in der Lage, überall gleichzeitig mit einzusteigen. „Wer eine neue Heizung finanzieren muss, kann sich nicht gleichzeitig ein klimafreundliches Auto leisten“, so die kommissarische Chefin der SPD. „Deswegen investieren wir kräftig in die Schaffung von klimafreundlichen Alternativen für die Bürgerinnen und Bürger und steigen bei den Belastungen gemäßigt ein - mit der klaren Botschaft, dass in den nächsten Jahren viel auf jeden von uns zukommen wird, wenn wir unser Handeln nicht auf klimafreundlich umstellen“, sagte Dreyer.
Kritiker halten geplanten CO2-Preis für zu niedrig
Die Grundrichtung des Programms ist schon seit der Einigung über Eckpunkte im Klimakabinett im September bekannt. Unter anderem soll ein CO2-Preis klimaschädliche Brennstoffe aus Öl, Erdgas und Kohle verteuern. In den Bereichen Verkehr und Heizen will die Bundesregierung 2021 mit 10 Euro pro Tonne CO2 einsteigen. Kritiker halten diesen Preis für zu niedrig, Umweltschützer kritisierten die Pläne als unzureichend.
Auch aus Dreyers eigener Partei gibt es Kritik. "Es ist mir absolut unverständlich, wie trotz der massiven fachkundigen sowie stimmigen Kritik, der offenkundig wirkungslose CO2-Preis von nur 10 Euro pro Tonne beibehalten werden konnte und damit weitere Jahre faktisch ohne Bepreisung erfolgen werden, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer dem RND. "Ein CO2-Einstiegspreis von 10 Euro je Tonne - zumal erst ab 2021 - ist wissenschaftsfeindlich und eine reine Nebelkerze", kritisierte Scheer, die sich auch um den Parteivorsitz bewirbt.
Außerdem verkenne das Klimaschutzprogramm den erheblichen Mehrbedarf an Erneuerbaren Energien zur Einhaltung der Klimaschutzziele. "Wir brauchen eine Vervierfachung des Ausbaus statt weiterer Ausbauhemmnisse, wie sie nun mit der 1000-Meter-Abstandregelung für Windenergie verabschiedet wurde", sagte Scheer. "Statt weitere Barrieren zu schaffen, müssen bestehende abgebaut werden. "
Wirtschaftsspitzenverbände mahnten unterdessen stärkere Entlastungen beim Strompreis an. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek rief die Wirtschaft auf, sich im Klimaschutz "auch aus eigenem Interesse" stärker zu engagieren. "Klimaschutz made in Germany muss das neue Markenzeichen werden", sagte die CDU-Politikerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Sie kündigte dem Bericht zufolge an, die Entwicklung neuer klimafreundlicher Technologien voranzutreiben. Das Bundesforschungsministerium werde allein über den Klimafonds 360 Millionen bis 2023 zusätzlich erhalten.
RND/ani/dpa