„Kommunikatives Desaster“

Virologe Schmidt-Chanasit kritisiert Lauterbach für Impfempfehlung scharf

Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe der Universitität Hamburg

Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe der Universitität Hamburg

Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, sollen sich auch Menschen unter 60 Jahren ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen. Doch der Vorschlag, den Lauterbach am Donnerstagabend im Gespräch mit dem „Spiegel“ verkündete, sorgt für Diskussionen. Auch der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg hat den Vorstoß, der über andere Empfehlungen hinausgeht, stark kritisiert. „Das ist natürlich ein kommunikatives Desaster. Das verunsichert Menschen“, sagte er am Samstag im Interview mit dem Fernsehsender Welt.

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Lauterbach geht mit seiner Empfehlung weiter als die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), welche diese Woche einen zweiten Booster für Menschen ab 60 Jahren empfohlen hat. Auch die Ständige Impfkommission (Stiko) hat aktuell eine andere Position. Sie legt nur über 70‑Jährigen und Risikogruppen eine vierte Impfung nahe.

Virologe spricht mögliche Nebenwirkungen an

Schmidt-Chanasit meint, die Stiko orientiere sich an klaren Parametern. Aus diesen folge: „Die vierte Impfung ist, gerade weil sie für einen kurzen Zeitraum schwere Verläufe verhindern kann, für besonders Gefährdete sinnvoll“, so der Virologe. Aus seiner Sicht sollte man sich etwa auf Pflegeeinrichtungen konzentrieren und darauf verzichten, Jüngeren ein Impfangebot zu machen.

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Darüber hinaus sei bis jetzt unberücksichtigt, dass sich sich viele Geimpfte auch infiziert hätten. „Da stellt sich natürlich überhaupt nicht die Frage der vierten Impfung. Und von möglichen Nebenwirkungen haben wir noch gar nicht gesprochen“, sagte Schmidt-Chanasit.

Mehrere Studien haben die Wirksamkeit einer Corona-Impfung und den Nutzen gegenüber den Risiken bereits erwiesen. Dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das für ebendiese Abwägung verantwortlich ist, wurden bis Ende 2021 insgesamt 244.576 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet. In 29.786 davon ist es zu einer „schwerwiegenden unerwünschten Reaktion“ gekommen, berichtet das PEI. Dem Robert Koch-Institut (RKI) wurden im selben Zeitraum insgesamt rund 150 Millionen Impfungen gemeldet.

Lauterbach empfiehlt: Zweiter Booster auch für Jüngere

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission bislang eine zweite Booster-Impfung für Menschen ab 70 Jahren.

Schmidt-Chanasit: Lauterbachs Aussage zu fünfter Impfung „nicht seriös“

Lauterbachs Ankündigung, viermal Geimpfte könnten sich später ohne Probleme ein fünftes Mal impfen lassen, bezeichnete Schmidt-Chanasit als „nicht seriös“. Man wisse noch nicht, wie die Empfehlung später aussehen werde.

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Auch ob es zu einer starken Herbstwelle kommen wird, ist für den Virologen nicht sicher. Da sich angesichts hoher Infektionszahlen bereits im Sommer viele ansteckten, könnte sich durch eine zeitliche befristete Immunisierung der Anstieg verschieben.

RND/sf

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