Bundesratsentscheidung am Freitag

Infektionsschutzgesetz vor letzter Hürde: Das kritisieren die Länder

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Präsident des Bundesrates, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) (Archivfoto).

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Präsident des Bundesrates, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) (Archivfoto).

Berlin. Vor der Abstimmung im Bundesrat über das Infektionsschutzgesetz hat sich in einigen Ländern Widerstand geregt. Thüringen, Schleswig-Holstein und Hessen fordern Anpassungen des Gesetzes.

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Die Kritik bezieht sich vor allem auf vier Punkte. So können Schülerinnen und Schüler anders als Arbeitnehmer nach einer Corona-Genesung nur mit der Vorlage eines bestätigten negativen Tests in den Unterricht zurückkehren. „Schülerinnen und Schüler werden erneut schlechter gestellt als Erwachsene und Arbeitnehmer“, sagte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU), der „Bild“-Zeitung.

Auch Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU) übte Kritik: „Für Kinder und damit auch für Schülerinnen und Schüler in Hessen sollen auch weiterhin keine strengeren Regeln oder Maßstäbe gelten als für alle anderen auch.“ Weiter sagte er auf RND-Anfrage: „Das muss auch mit Blick auf den Schulbesuch sichergestellt werden.“

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Am Freitagmorgen verlautete nach RND-Informationen aus Länderkreisen, dass die verpflichtenden Tests im Bundesrat gekippt wurden. Demnach soll in der heutigen Abstimmung im Bundesrat eine Protokollerklärung ergänzt werden. Aus Länderkreisen hieß es, die Bundesregierung wolle eine Formulierungshilfe vorlegen, mit der Corona wieder aus der Paragraph-34-Liste der Infektionskrankheiten des Gesetzes gestrichen werde.

Ampel hatte wochenlang gerungen

Die Abstimmung im Bundesrat ist die letzte Hürde für das Gesetz, um das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wochenlang gerungen hatten. Die Ampel hatte sich auf einen Kompromiss geeinigt, wonach unter anderem bundesweit FFP2-Masken in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen vorgeschrieben werden. In Fernzügen gilt die Maskenpflicht weiterhin, in Flugzeugen fällt sie weg.

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Rhein nannte die unterschiedlichen Maskenregeln in Verkehrsmitteln einen „schwerwiegenden Widerspruch“. Einerseits verschärfe der Bund die Maskenpflicht im Fernverkehr, indem er dort nur noch FFP2-Masken akzeptieren wolle, sagte er. „Andererseits streicht er jegliche Maskenpflicht in den Flugzeugen. Das versteht kein Mensch.“ Nun stelle sich die Frage der Maskenart auch für den öffentlichen Nahverkehr, für den wiederum die Länder zuständig sind, so Rhein. „Damit sind wir nicht glücklich.“

Nach den Plänen des Bundes können die Länder weitere Maßnahmen anordnen. Dazu zählt die Maskenpflicht im Nahverkehr und in öffentlich zugänglichen Innenräumen wie Geschäften und Restaurants. Ausnahmen muss es für Getestete geben. An Schulen und Kitas sollen Tests vorgeschrieben werden können: Ab Klasse fünf werden auch Maskenpflichten in Schulen möglich. Mit einem Landtagsbeschluss könnten die Länder weitere Vorgaben machen, wenn die Lage regional kritischer wird. Dazu zählen Maskenpflichten bei Veranstaltungen draußen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst forderte jüngst im RND-Interview „Schwellenwerte zur Einschätzung des Infektionsgeschehens“.

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Städtetag befürchtet „Flickenteppich“

Vor einem „Flickenteppich“ warnte der Deutsche Städtetag. „Es läuft darauf hinaus, dass jedes Bundesland unterschiedlich mit der Infektionsgefahr umgehen wird. Das ist nicht hilfreich“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem RND. „Für die nächste Corona-Welle brauchen wir einfach verständliche und plausible Vorgaben, damit sich die Menschen daran halten. Die Regeln sollten im Land überall gleich sein und nach gleichen Maßstäben in den Bundesländern angewandt werden.“

Die Maskenpflicht in Flugzeugen soll zum 23. September auslaufen.

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Auch die Teilimpfpflicht für Gesundheitskräfte sorgt bei den Ländern für Widerstand. So hält Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow die Entscheidung für falsch, die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsbereich nicht aufzuheben. „Ich habe dafür kein Verständnis“, sagte der Linken-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Meine Zustimmung wird das Infektionsschutzgesetz des Bundes in dieser Form nicht haben.“ Auch der Deutsche Landkreistag forderte eine Aufhebung: Man müsse wegkommen von Dingen, die die Gesundheitsämter unverhältnismäßig belasten und deren Nutzen nicht hoch sei, sagte der Präsident, Landrat Reinhard Sager (CDU), dem RND: „Dazu zählt die Impfpflicht für Pflegekräfte. Diese hat sich überholt, wir erleben ganz wenige Betretungsverbote für das Personal, dagegen große Unzufriedenheit bei Pflegekräften, die sich abwenden.“ Auch Bayern kündigte an, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen.

Beratungen liefen bis Donnerstagabend noch an. Trotz der Kritik und den Ankündigungen aus Bayern und Thüringen wird erwartet, dass das Gesetz durch den Bundesrat geht.

Baden-Württemberg erklärte auf RND-Anfrage, zustimmen zu wollen. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates, in dem die Fachminister der Länder zu Beratungen zusammenkommen, empfiehlt eine Zustimmung.

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