Ein neues US-Bündnis im Indopazifik verärgert die Europäer

US-Präsident Joe Biden, Australiens Regierungschef Scott Morrison (l.) und der britische Premier Boris Johnson (r.) geben die Gründung eines indopazifischen Sicherheitsbündnisses bekannt.

US-Präsident Joe Biden, Australiens Regierungschef Scott Morrison (l.) und der britische Premier Boris Johnson (r.) geben die Gründung eines indopazifischen Sicherheitsbündnisses bekannt.

Brüssel. Ein neues indopazifisches Verteidigungsbündnis zwischen den USA, Großbritannien und Australien hat für massive Verstimmung in Europa geführt. Ohne die EU-Staaten vorab zu informieren, kündigte US-Präsident Joe Biden am Mittwochabend an, dass Australien mit atomar betriebenen U-Booten ausgerüstet werden soll. Die Sicherheitsallianz der drei Staaten richtet sich gegen die militärische Bedrohung durch China im Indopazifik.

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Bemerkenswert: Die Ankündigung erfolgte nur Stunden, bevor die EU-Kommission am Donnerstag ihre eigene Indopazifik-Strategie vorstellte. In Brüssel wurden daraufhin Zweifel laut, ob es die US-Regierung mit der neuen Zusammenarbeit auf geopolitischer Bühne nach den Trump-Jahren ernst meint.

Biden, der britische Premier Boris Johnson und der australische Regierungschef Scott Morrison erwähnten zwar China in ihrer Videoschalte nicht namentlich. Doch Peking fühlte sich angesprochen. Das chinesische Außenministerium nannte es „höchst unverantwortlich“, dass die USA und Großbritannien Atomtechnologie an Australien liefern wollten.

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Auch in Paris sorgte die neue Allianz für massive Verärgerung. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian äußerte am Donnerstag „völliges Unverständnis“. In scharfen Worten kritisierte er das neue Bündnis und sprach von einem „Stich in den Rücken“. „Das macht man nicht zwischen Verbündeten“, sagte Le Drian.

Der Ärger Frankreichs hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Paris geht nun ein lukratives Geschäft von fast 35 Milliarden Euro durch die Lappen. Denn Australien stieg kurz nach Bekanntgabe des neuen Bündnisses aus einem Vertrag über den Kauf von zwölf konventionell betriebenen U-Booten aus.

In Brüssel bemühte sich der Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag, seine Verärgerung in der Öffentlichkeit nicht zu zeigen. Bei der Vorstellung der europäischen Indopazifik-Strategie sagte der Spanier, er verstehe die Enttäuschung Frankreichs.

Josep Borrell, Außenbeauftragter der Europäischen Union.

Josep Borrell, Außenbeauftragter der Europäischen Union.

Indirekt ließ Borrell durchblicken, dass er von der Ankündigung Bidens, Johnsons und Morrisons völlig überrascht wurde. „Ich wurde nicht gefragt, mir war das nicht bewusst“, sagte Borrell und fügte hinzu, dass Bündnisse dieser Art schließlich nicht über Nacht entstünden.

Unklar ist, ob sich die US-geführte Allianz negativ auf die Bemühungen der EU auswirken wird, ihren Einfluss im indopazifischen Raum auszubauen. Damit sollen die gestiegenen Machtansprüche Chinas in der Region gekontert werden. Unter anderem sollen Marineschiffe aus EU-Staaten Handelswege sichern. Borrell sprach von einem „Weckruf für Europa“. EU-Ratspräsident Charles Michel twitterte: „Eine starke Indopazifik-Strategie der EU ist nötiger denn je.“ Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten müssten sich mit dem Thema bei ihrem Oktobergipfel auseinandersetzen.

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Harsche Kritik an dem Bündnis kam aus dem Europaparlament. Der Grünen-Außenpolitiker Reinhard Bütikofer sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Der Vorgang hat mich unangenehm überrascht. Das Timing dieser Ankündigung aus Washington ist jedenfalls grottenschlecht.“

Es sei „ein merkwürdiges Signal, wenn eine anglophone Allianz aus USA, Großbritannien und Australien just in dem Moment angekündigt wird, in dem die EU ihre Indopazifik-Strategie vorstellt“. Bütikofer sagte weiter: „Bislang bin ich davon ausgegangen, dass sich die EU, die USA und das Vereinigte Königreich gemeinsam diesem Raum zuwenden wollen.“

Nun habe US-Präsident Joe Biden die EU-Kommission noch nicht einmal vorab informiert, sagte Bütikofer. Die USA drängten die EU-Mitgliedsländer seit Langem, mehr sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen. Und seit Biden im Weißen Haus sitze, sei auch wieder die Rede von enger Zusammenarbeit. „Doch wie ernst ist das gemeint?“, sagte Bütikofer: „Wenn das der neue Stil der USA sein sollte, dann frage ich mich, was daran neu ist.“

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