In der Corona-Krise braucht es eine globale Politik
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Die Corona-Pandemie betrifft die ganze Welt.
© Quelle: imago images/Christian Ohde
Die Corona-Krise hat vor Augen geführt, wie stark wir Teil an internationalen Bewegungen und Entwicklungen haben: Menschen sind global mobil, sie tragen auch Krankheiten über Ländergrenzen. Geschlossene Ländergrenzen wiederum unterbrechen Lieferketten und bringen die Produktion weltweit zum Erliegen. Die Pandemie legt unübersehbar offen: globale Effekte unseres Handelns auszublenden und sich für globale Entwicklungen nicht verantwortlich und mit anderen Nationen solidarisch zu fühlen, Politik wesentlich national auszurichten, ist nicht nur politisch kurzsichtig, sondern hochriskant.
Wir erleiden die Pandemie global, und wir besiegen das Covid-19-Virus entweder global – oder gar nicht. Die Mittelvergabe für Hilfen, der Umgang mit Forschung, Entwicklung, Verteilung von Tests, Medikamenten und Impfstoffen spiegelt diese Erkenntnis bisher allerdings nicht wider.
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Cornelia Füllkrug-Weitzel, Theologin und Politologin, ist Präsidentin des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“.
© Quelle: Hermann Bredehorst/Brot für die
Ein unerforschter Krankheitserreger kann Gesundheitssysteme in allen Teilen der Welt an ihre Grenzen bringen – ganz besonders schnell und dramatisch jedoch in ärmeren Ländern. Hier fehlt es schon für die Versorgung alltäglicher Erkrankungen an Personal, Medikamenten, Labor- und Behandlungskapazitäten. Wie viele Tests, Impfungen, Behandlungen kann ein Arzt im Tschad, der für ein Einzugsgebiet mit 20.000 Menschen zuständig ist, oder ein Krankenhaus mit einem Einzugsgebiet von 300 Kilometern im Sudan durchführen?
Was schon im Alltag unmöglich ist, kann in einer Krise erst recht nicht funktionieren. Also sollte die internationale Gemeinschaft es sich gemeinsam mit lokalen Akteuren zur Aufgabe machen, weltweit eine medizinische Grundversorgung für die breite Bevölkerung zu schaffen, statt nur auf rein medizinisch-technische Lösungen wie etwa Impfprogramme zu setzen. Investitionen in Gesundheitssysteme galten bisher als zu langwierig und kostspielig. Ein global aktives Virus jahrelang nicht eindämmen zu können, weil dafür die Gesundheitsstrukturen fehlen, ist jedoch weit kostspieliger.
Covid-19 gemeinsam besiegen
Öffentliche Gesundheitskapazitäten zu stärken, um Gesundheitskrisen zu bewältigen und auch die reguläre medizinische Versorgung gewährleisten zu können, muss endlich international Priorität bekommen und ausreichend finanziert werden. Funktionierende Konzepte, wie eine Basisgesundheitsversorgung auf Gemeindeebene funktionieren kann, gibt es längst. Im Lichte einer globalen Herausforderung macht es auch keinerlei Sinn, ohnehin zu schwache Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern noch weiter zu schwächen, indem man Ärzte und Pflegepersonal für das eigene Gesundheitssystem abwirbt, wie Deutschland gerade etwa in Mexiko oder den Philippinen.
Wir brauchen internationale Absprachen, die diese Praxis beenden. Stattdessen sollten wir Pflegearbeit im eigenen Land endlich so bezahlen, dass sie attraktiv für junge Leute ist. Notwendig ist außerdem, ein globales Medikamentensystem zu etablieren, in dem sichergestellt ist, dass alle Menschen Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten, Diagnostika und Impfstoffen erhalten. Bisher garantieren Patente hohe Medikamentenpreise für Pharmaunternehmen und machen sie unbezahlbar für ärmere Länder.
In unserer Serie „Wie wollen wir jetzt Leben?“ stellen wir Ihnen vom 7. bis zum 14. November Ideen für eine nachhaltige Welt vor.