Impfstoff-Streit: Trump nennt den Chef der Gesundheitsbehörde “verwirrt”
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US-Präsident Donald Trump (rechts) und sein demokratischer Gegner Joe Biden.
© Quelle: imago/ZUMA Press/dpa/RND Montage Behrens
Washington. Im US-Wahlkampf geraten die politischen Lager in der Debatte um Zulassung und Verfügbarkeit eines möglichen Impfstoffs gegen das Coronavirus zunehmend aneinander. US-Präsident Donald Trump und sein Rivale Joe Biden warfen sich gegenseitig vor, das Vertrauen der Bürger in ein potenzielles Mittel zu untergraben. Der demokratische Herausforderer argwöhnte, dass der Amtsinhaber mit seinem Pochen auf eine rasche Zulassung eines Vakzins vor der Wahl nur politische Pluspunkte sammeln wolle. Trump und seine Verbündeten entgegneten, dass die Bürger durch solche Kritik von einer Impfung abgeschreckt werden könnten.
Trump widerspricht Chef der US-Gesundheitsbehörde
Robert Redfield sei bei seiner Befragung zu einem Corona-Impfstoff vor dem US-Senat "verwirrt" gewesen, sagte US-Präsident Donald Trump vor Journalisten.
© Quelle: Reuters
Biden ließ sich am Mittwoch in Wilmington im US-Staat Delaware von Gesundheitsexperten über den aktuellen Stand bei der Suche nach einem möglichen Impfstoff informieren. Danach attackierte er Trump scharf. Dieser sei schon mit einer “Inkompetenz und Unehrlichkeit” aufgefallen, als es um die Bereitstellung von Schutzausrüstung gegen das Coronavirus sowie Tests gegangen sei, sagte Biden. Amerika könne sich eine Wiederholung dieser Fiaskos beim Thema Impfmittel nicht erlauben.
"Ich vertraue Impfstoffen, ich vertraue Forschern, aber ich vertraue nicht Donald Trump - und momentan kann es das amerikanische Volk auch nicht", ergänzte Biden.
“Ich denke, er war verwirrt” - Trump widerspricht Experten erneut
Am Abend (Ortszeit) warf Trump neue Fragen über den kürzlich von der Regierung vorgestellten Plan für eine Einführung eines potenziellen Impfstoffs auf. Auf die Frage, wann jeder in den USA Zugang zu einer Impfung bekommen könne, sagte Trump: “Ich denke, das wird sehr bald sein.” Einer seiner medizinischen Berater, der Radiologe Scott Atlas, stellte 700 Millionen verfügbare Impfstoff-Dosen bis Ende März in Aussicht.
Zuvor hatte der Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, die für die Versorgung mit Impfstoffen zuständig ist, Mitte kommenden Jahres als Zeithorizont genannt. “Wenn Sie mich fragen, wann das allgemein für die amerikanische Bevölkerung verfügbar sein wird, damit wir die Impfung nutzen und zu unserem normalen Leben zurückkehren können, dann schauen wir, denke ich, in Richtung des späten zweiten oder des dritten Quartals 2021”, sagte Robert Redfield bei einer Anhörung im US-Senat. Er stand dabei unter Eid.
“Ich denke, er hat vermutlich die Frage falsch verstanden”, sagte Trump bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus zu Redfields Worten. “Ich denke, er war verwirrt.” Man werde die Impfung viel schneller verteilen. “Vielleicht kennt er sich nicht mit dem Verteilungsprozess aus.”
Biden will bei Zulassung Impfstoff sofort nehmen
Der renommierte Immunologe Anthony Fauci bekräftigte wenig später in einem Live-Interview mit dem “Wall Street Journal”, dass er mit einer Rückkehr zur Normalität durch eine breite Impf-Kampagne erst Mitte bis Ende kommenden Jahres rechne. Man werde zwar viele Menschen aus besonders gefährdeten Gruppen vermutlich bereits Anfang 2021 impfen können. “Aber die Idee, dass man die gesamte Bevölkerung, die sich impfen lassen will, binnen eines oder zwei Monaten impfen kann - das wird sehr, sehr schwer zu machen sein”, sagte Fauci. Zugleich schränkte er ein, dass man immer noch keine Gewissheit habe, dass es einen effizienten und sicheren Impfstoff geben werde - auch wenn er “vorsichtig optimistisch” sei. Fauci hatte bereits vergangene Woche gesagt, dass er mit einer Effizienz von 70 bis 75 Prozent bei einem Corona-Impfstoff rechne.
Biden hat erklärt, schon "morgen" einen Impfstoff zu nehmen, wenn er denn verfügbar wäre. Doch wolle er zunächst "sehen, was die Forscher dazu sagen". Seine Vizekandidatin Harris hat betont, dass sie Trumps Äußerungen über die angebliche Sicherheit von potenziellen Mitteln nicht über den Weg traue. Sie treibe die Sorge um, dass Forscher und Gesundheitsexperten vom Präsidenten ein "Maulkorb" angelegt werde, weil dieser noch vor dem Wahltag im November eine schnelle Zulassung eines Impfstoff sehen wolle.
RND/AP/dpa