Im Osten endlich was Neues?

Außenministerin Annalena Baerbock steigt heute in Kiew aus dem Flugzeug.

Außenministerin Annalena Baerbock steigt heute in Kiew aus dem Flugzeug.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

in der großen Diplomatie zählen die leisen Zwischentöne und die kleinen Symbole. Das gilt auch für Außenministerin Annalena Baerbock, wenn sie heute und morgen in der Ukraine und in Russland deutsche Interessen vertritt. In Moskau wird sie auch die von der Bundes­regierung geförderte Ausstellung „Diversity United“ besuchen. Eine Schau, die unter anderem die Geschlechter­identität thematisiert – nicht ansatzweise ein Lieblings­thema der russischen Staatsführung.

Wirklich angenehm dürfte es für Baerbock weder mit den russischen noch mit den ukrainischen Gesprächspartnern werden. Die Ukraine dürfte ihren Wunsch nach Waffenlieferungen wiederholen. Dem wird Baerbock vermutlich nicht zustimmen, aber hat sie ein anderes Angebot dabei? Und was sagt sie zur umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2?

Und dann Russland: „Als Briefträgerin wird Baerbock nicht agieren, wenn sie am Dienstag in Moskau mit Lawrow zusammentrifft“, schreibt unsere Hauptstadtkorrespondentin Daniela Vates. Es braucht deutliche Worte – und auch hier das passende Angebot, vermutlich für weitere Gespräche über die Sicherheit der Ukraine.

Russlands Präsident Wladimir Putin dürfte Baerbocks Reise aufmerksam verfolgen.

Russlands Präsident Wladimir Putin dürfte Baerbocks Reise aufmerksam verfolgen.

Freunde und politische Gegner haben Baerbock Tipps und Wünsche mitgegeben:

  • „Wichtig ist, einen konzilianten Ton anzuschlagen und bei Provokationen cool zu bleiben“, empfiehlt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD).
  • Der stellvertretende Unions­fraktions­chef Johann Wadephul (CDU) bezeichnete die Reise als Test. „Angesichts der enormen Spannungen an der ukrainischen Grenze und der verbalen Drohgebärden aus Moskau erwarte ich von Annalena Baerbock klare Botschaften, eine klare Haltung und unmissverständliche Ansagen, damit Russland einen Kurs der Deeskalation einleitet“, sagte er dem RND. „Sie hat gerade in der Russland-Politik sehr hohe Ansprüche formuliert, die sie jetzt auch erfüllen muss.“

Ansprüche sind das, die für uns selbstverständlich sind, in Russland aber zurzeit nichts mit der Realität zu tun haben. Etwa im Fall von Alexej Nawalny: Heute vor genau einem Jahr wurde der Oppositionelle verhaftet.

„Während es früher noch Nischen der Systemkritik gab, stehen jetzt die Zeichen auf Abschaffung aller Rechte und Freiheiten“, kommentiert Jan Emendörfer. Ob Nawalny jemals wieder freigelassen werde, sei völlig ungewiss.

Ansprüche sind das auch auf ein friedliches Miteinander und daran, die Grenze zum Nachbarland zu respektieren. Die Angst davor, dass Putins Russland im Osten der Ukraine dem nicht gerecht wird, ist mehr als real. Reporter Axel Büssem ist nach Luhansk gereist und beschreibt die düstere Atmosphäre. Nur wenige Hundert Meter trennen die gegnerischen Truppen dort. Diese Situation friedlich zu lösen – das wäre mal etwas erfreulich Neues im Osten.

Diplomatie ist, wenn man eigentlich heulen oder vor Wut brüllen möchte – aber für die Kameras ein leichtes Lächeln aufsetzen muss.

 

Zitat des Tages

Ich glaube, es hat über die zwei Jahre auch oft Wunschdenken regiert, etwa dass im Sommer die Pandemie vorbei ist und im Herbst nicht wiederkommt. Das sehe ich schon kritisch. Man muss in Szenarien denken, um langfristig zu planen.

Alena Buyx,

Vorsitzende des Deutschen Ethikrates

Hier können Sie das vollständige Interview mit Alena Buyx lesen.

 

Leseempfehlungen: Long Covid und tote Regierungskritiker

Long Covid: In der Omikron-Welle werden sich sehr viele Menschen gleichzeitig mit Corona infizieren. Das könnte auch eine Welle der Spätfolgen nach sich ziehen, befürchten Fachleute. Aber wie häufig kommt Long Covid überhaupt vor, wen trifft die Diagnose, wie wird diese gestellt – und kann eine Impfung davor bewahren? RND-Redakteurin Saskia Heinze ist der Frage nachgegangen.

Tote Regierungskritiker: Im August 2021 wurde der belarussische Aktivist Witali Schischow erhängt in Kiew aufgefunden. Schnell stand der Verdacht im Raum, dass der belarussische Geheimdienst KGB dahintersteckt. Doch die Ermittlungen treten auf der Stelle – wie auch in anderen Fällen von Regierungskritikern, berichtet unser Chefkorrespondent im RND-Hauptstadtbüro, Jan Emendörfer.

 

Aus unserem Netzwerk: Heldentat und eine Dogge

Heldentat: Mit sieben und zehn Jahren werden zwei Geschwister aus Heiligenhafen zu jungen Helden. Als ihr Vater einen Herzinfarkt erleidet, leisten sie Erste Hilfe und retten ihm das Leben. Heute geht es dem Vater sehr gut und Sohn Leon hat einen neuen Traumberuf gefunden, berichten die „Lübecker Nachrichten“.

Sommerurlaub boomt in Deutschland: Obwohl der Sommer noch weit in der Ferne scheint, verzeichnen vor allem die Tourismusorte an den Küsten Schleswig-Holsteins eine höhere Nachfrage als in den vergangenen Jahren. Statt einer Vorbuchungsquote von 30 Prozent für Unterkünfte liegt der Wert zum Jahreswechsel diesmal um weitere 10 Prozentpunkte höher, berichten die „Kieler Nachrichten“.

 

Termine des Tages

11 Uhr: Onlinetreffen des Weltwirtschaftsforums, das wegen der Pandemie nicht vor Ort in Davos stattfinden kann. Bei dem digitalen Meeting sprechen unter anderem UN-Generalsekretär António Guterres, Chinas Staatschef Xi Jinping und der US-Immunologe Anthony Fauci.

16 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz reist nach Madrid und wird von Ministerpräsident Pedro Sánchez empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche steht die Corona-Pandemie.

Ganztätig: Die Weltgesundheits­organisation (WHO) will heute entscheiden, ob der globale Gesundheitsnotstand wegen des Coronavirus beibehalten wird.

 

Wer heute wichtig wird

Novak Djokovic ist endgültig ausgereist, jetzt könnte es tatsächlich um Tennis gehen: In der Nacht haben die Australian Open in Melbourne begonnen. Heute tritt auch der Hamburger Alexander Zverev in der ersten Runde an.

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Ihr Christian Palm

 

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