„Der Tag“

House of Kahrs: „Potenzial, den Kanzler zu stürzen“

Ein Bild aus alten Zeiten: Johannes Kahrs (links) und Olaf Scholz (damals Erster Bürgermeister von Hamburg) beim Christopher Street Day in Hamburg 2011. Mit dabei: Jana Schiedek (SPD), die damalige Senatorin für Justiz und Gleichstellung.

Ein Bild aus alten Zeiten: Johannes Kahrs (links) und Olaf Scholz (damals Erster Bürgermeister von Hamburg) beim Christopher Street Day in Hamburg 2011. Mit dabei: Jana Schiedek (SPD), die damalige Senatorin für Justiz und Gleichstellung.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

haben Sie schon Ihr Bankschließfach aufgeräumt? Der Ex-Bundestags­abgeordnete Johannes Kahrs (SPD) hat das offenbar versäumt, denn Ermittlerinnen und Ermittler haben in seinem Schließfach eine ungewöhnlich große Menge Bargeld entdeckt. 214.000 Euro in unterschiedlich großen Scheinen bunkerte Kahrs im Keller der Hamburger Sparkasse – das Geld wirft jetzt neue Fragen auf, die sogar Kanzler Scholz stürzen könnten.

Aufgefallen war das geheime Schließfach laut Medienberichten, weil bei Ermittlungen in Zusammenhang mit kriminellen Steuerbetrügereien auch der frühere SPD-Politiker ins Visier geriet. Es geht um illegale Cum-ex-Geschäfte, bei denen sich Banken mehrfach Steuern erstatten ließen, obwohl sie diese nie gezahlt hatten. Das ist so, als ob man einen Pfandbon kopiert und dann an der Supermarktkasse immer wieder aufs Neue abkassiert. Nur mit dem Unterschied, dass nicht ein Supermarktinhaber ausgeplündert, sondern das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf diese Weise geklaut wird.

Es geht um Millionen, die am Ende für Schulen, neue Straßen und andere Investitionen fehlen. SPD-Politiker Kahrs soll sich dafür eingesetzt haben, dass die Hamburger Warburg-Bank ihr derart „verdientes“ Geld nicht zurückgeben muss, so der Verdacht. Im Gegenzug könnten die mehr als 200.000 Euro an Kahrs geflossen sein.

„Diese Affäre hat das Potenzial, den Kanzler zu stürzen“, sagte der frühere Linken-Politiker Fabio De Masi dem „Tagesspiegel“. „Das Schließfach ist Sprengstoff für den Kanzler.“ Laut dem selbsternannten Finanzdetektiv könne das Bargeld im Schließfach nur einen Grund haben: „Offenbar wollte Kahrs keine elektronische Datenspur auf seinem Konto.“

Manch einer fühlt sich an die Netflix-Serie „House of Cards“ erinnert, in der die Grenzen zwischen Politik und kriminellen Geschäften immer mehr verschwimmen.

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Kahrs soll drei Treffen zwischen einem Cum-ex-Banker und Parteikollege Olaf Scholz, damals Hamburger Oberbürgermeister, vermittelt haben – die Bank dankte mit Spenden an die Hamburger SPD. Doch der Kanzler erklärte, über vieles, was er vor nur wenigen Jahren tat und sprach, große Erinnerungslücken zu haben. An die Inhalte der brisanten Gespräche könne er sich nicht erinnern, wie er im Untersuchungs­ausschuss sagte. Auch beim Bargeld im Schließfach zeigte sich Scholz nun ahnungslos. Die wichtigsten Fragen und Antworten liefern meine Kollegen Tim Szent-Ivanyi und Jan Sternberg aus dem RND-Hauptstadtbüro.

Heute tagt erneut der Untersuchungs­ausschuss in Hamburg. Als Zeugen geladen sind vier ehemalige Beschäftigte der Finanzbehörde, ehe nächste Woche Scholz persönlich dem Ausschuss erneut Rede und Antwort stehen muss.

Doch der Umgang mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger ist nicht der einzige dunkle Fleck aus der Vergangenheit, der die SPD belastet. Sie wird auch Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder einfach nicht los. Schröder habe nicht gegen die Parteiordnung verstoßen, hieß es gestern vom Schiedsgericht – er darf also in der Partei bleiben.

Schröders informelle Gespräche mit Kriegsverbrecher Putin sorgen weiter für Zündstoff innerhalb und außerhalb der Partei. „Man möge sich vorstellen, welch elementare Friedensrolle die SPD doch spielen könnte, wenn ihr Altkanzler und ihr Bundeskanzler gemeinsam einen Vermittlungsversuch unternehmen könnten“, schreibt unsere stellvertretende Leiterin des Berliner Hauptstadtbüros, Kristina Dunz. „Aber Schröder ist der falsche Mann dafür. Die SPD wird ihn nicht rufen.“

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Zitat des Tages

Man kann leider noch keine vollständige Entwarnung geben.

Leif Erik Sander,

Impfstoffforscher von der Berliner Charité, im RND-Interview über den Corona-Herbst

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Termine des Tages

  • Bei der Sondergesundheits­ministerkonferenz beraten heute die Gesundheitsministerinnen und ‑minister von Bund und Ländern unter anderem über das neue Infektions­schutzgesetz.
  • US-Außenminister Antony Blinken besucht heute im Rahmen seiner Asien- und Afrika-Reise Südafrika.
 

Wer heute wichtig wird

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft heute die Spitze des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), um unter anderem über die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern im Fußball zu sprechen. Hier im Bild: Scholz beim Besuch der deutschen Mannschaft nach dem Spiel im Wembleystadion.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft heute die Spitze des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), um unter anderem über die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern im Fußball zu sprechen. Hier im Bild: Scholz beim Besuch der deutschen Mannschaft nach dem Spiel im Wembleystadion.

 

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