„Zahnloser Tiger“: Merkel will Schwellenwert für Hospitalisierungsindex
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Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (Archivbild).
© Quelle: imago images/Political-Moments
Berlin. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Lage am Donnerstag einen verbindlichen Wert für zusätzliche Maßnahmen beim sogenannten Hospitalisierungsindex festlegen. Ohne Schwellenwert bliebe der Index, der die Lage in den Krankenhäusern widerspiegelt, „ein zahnloser Tiger“.
Das sagte Merkel am Mittwoch bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags. Bund und Länder müssten sich deswegen auf einen Wert verständigen, bei dem verbindlich zusätzliche Schritte zur Eindämmung der Pandemie unternommen werden, sagte Merkel, die digital an der in Erfurt tagenden Konferenz teilnahm.
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Bislang empfiehlt das Gremium eine Auffrischungsimpfung unter anderem Menschen ab 70 Jahren.
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Corona-Kranke belegen fünf Prozent Intensiv-Betten
Bei der Änderung des Infektionsschutzgesetzes im September war der Hospitalisierungsindex zum maßgeblichen Faktor für die Beurteilung der Pandemielage erklärt worden. Damit sollte nicht mehr allein die Zahl der Corona-Neuinfektionen als Hauptkriterium für Eindämmungsmaßnahmen gelten. Bis heute gibt es aber anders als bei der Sieben-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen keinen Richtwert, ab wann die Politik handeln muss.
Derzeit liegt der Hospitalisierungsindex bei 4,9, das heißt, so viele Menschen wurden in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner mit Covid-19 ins Krankenhaus eingewiesen. Covid-19-Erkrankte machen derzeit rund 15 Prozent der belegten Betten auf Intensivstationen aus.
Merkel: Corona-Lage ist dramatisch
Bei den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Lage am Donnerstag will Bundeskanzlerin Merkel einen Schwellenwert für den Hospitalisierungsindex festlegen.
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Kritik an Ampel Parteien
In ihrer Rede ließ Merkel zudem Kritik an den Plänen von SPD, Grünen und FDP anklingen, die mit einer erneuten Änderung des Infektionsschutzgesetzes Schutzmaßnahmen aufrechterhalten, die sogenannte epidemische Lage nationaler Tragweite aber auslaufen lassen wollen. Auch wenn es für die Verlängerung dieser Notlage derzeit keine Mehrheit gebe, „kann es für mich keinen Zweifel daran geben, dass wir uns mitten in einer solchen Notlage befinden“, sagte Merkel. Die Lage sei dramatisch. „Die vierte Welle trifft unser Land mit voller Wucht.“
Beim Treffen mit den Regierungschefs und -chefinnen der Länder will Merkel zudem über den Fortschritt der Impfungen reden. Bei den Auffrischungsimpfungen werde erneut eine „nationale Kraftanstrengung“ gebraucht, sagte die scheidende Kanzlerin. Die Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Lage kommt am Donnerstagnachmittag per Videokonferenz zusammen. Schon am Vormittag will der Bundestag über die Änderungen am Infektionsschutzgesetz beraten.
Sorge wegen Hetze
Zudem kritisierte Merkel die Zunahme von Hass und Gewalt gegen Kommunalpolitiker. Umso mehr Anerkennung verdiene die tägliche Arbeit der Bürgermeister und Oberbürgermeister in Deutschland, sagte sie. Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) sagte, mehr als die Hälfte der Kommunalpolitiker in Deutschland sei schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden. Jeder Fünfte habe bereits über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht, aus Sorge um die eigene oder die Sicherheit seiner Familie. Meinungsfreiheit höre auf, wo gehetzt, Hass gesät, verleumdet oder Menschen anderer Kultur oder Religion anfeindet würden, sagte Jung.
RND/epd