Die EU kritisiert das Hongkong-Gesetz – doch Sanktionen gibt es keine
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Demonstranten in Hongkong protestieren gegen Pekings neues “Sicherheitsgesetz” für die frühere britische Kronkolonie.
© Quelle: Kin Cheung/AP/dpa
Brüssel. Die Europäer wollen sich in ihrer China-Politik nicht von Drohgebärden aus den USA beeindrucken lassen. Zwar zeigten sich die EU-Außenminister am Freitag bei einem Videotreffen besorgt über Pekings Pläne, die Autonomie Hongkongs zu beschneiden. Doch im Gegensatz zu den USA, die lautstarke Kritik an dem “Sicherheitsgesetz” für Hongkong geäußert und mit Sanktionen gedroht haben, setzen die Europäer weiter auf den Dialog mit China.
Eine Absage des für September geplanten EU-China-Gipfels lehnte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) ab.
Mass will auch Unangenehmes besprechen
“Es gibt vieles, über das wir mit China sprechen wollen und sprechen müssen”, sagte Maas. Dafür sei der Gipfel, der im September in Leipzig stattfinden soll, eine gute Gelegenheit. Dazu gehörten auch die unangenehmen Themen. So dürfe das “hohe Maß an Autonomie Hongkongs nicht ausgehöhlt werden”, sagte der Außenminister. Der Grundsatz “Ein Land, zwei Systeme” müsse gewahrt bleiben.
Maas: Autonomie Hongkongs darf nicht ausgehöhlt werden
Außenminister Heiko Maas hat China zur Einhaltung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Hongkong aufgerufen.
© Quelle: Reuters
Die EU habe jedoch weiter das Ziel, durch ein ambitioniertes Investitionsabkommen echte Fortschritte in den gemeinsamen Beziehungen zu erzielen. Zudem eröffne der Gipfel die Möglichkeit, bei China die Notwendigkeit ehrgeiziger Klimaziele einzufordern, so Maas.
Asselborn: Europa muss sich einig sein
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zeigte sich besorgt über den Streit zwischen den USA und China. Washington und Peking liegen wegen des Ursprungs des Coronavirus, wegen Handelsstreitigkeiten und nun auch wegen des Hongkong-Gesetzes über Kreuz. “Die Rivalität zwischen den beiden wichtigsten Handelspartnern der EU ist nicht förderlich für eine gute internationale Zusammenarbeit”, sagte Asselborn dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Bei einer Zuspitzung der Gegensätze zwischen den USA und China wird es keine Gewinner geben.”
Multilaterale Lösungen seien “wichtiger denn je”, sagte Asselborn. Deswegen müsse die Europäische Union mit einer Stimme sprechen und sich “geschlossen für ihre Werte und Interessen einsetzen”.
Die Einheit innerhalb der EU ist allerdings brüchig. Mitgliedsstaaten wie Ungarn, Griechenland und Zypern gelten in Brüssel als Wackelkandidaten, wenn es um die einhellige Verurteilung Chinas geht.
Diplomaten: EU hat kaum Druckmittel
Dass sich die EU den US-Rufen nach Sanktionen gegen China anschließen könnte, halten Diplomaten in Brüssel derzeit für so gut wie ausgeschlossen. Im Vergleich zu den USA habe die EU relativ wenig Druckmittel zur Hand. Europa werde es letztlich nicht verhindern können, wenn Peking die Autonomie Hongkongs beschneiden wolle. “Wir können den Chinesen nur sagen, dass sie sich damit wirtschaftlich ins Knie schießen würden, aber verhindern können wir es nicht.”
Hongkong-Aktivist Joshua Wong: „Heute Hongkong, morgen Taiwan, und dann der Rest der Welt“
Joshua Wong, der bekannteste Vertreter der Demokratiebewegung in Hongkong, spricht mit RND-Reporter Jan Sternberg über die Lage in der Sonderverwaltungszone.
© Quelle: RND
Chinas Volkskongress hatte am Donnerstag die Pläne für das umstrittene Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt und damit die Grundlage für den offiziellen Erlass geschaffen. Das Gesetz wird international scharf kritisiert, weil es Hongkongs Parlament umgeht und sich gegen Aktivitäten richtet, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden. Das Gesetzesvorhaben ist der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie, wo es über Monate starke chinakritische Demonstrationen gab.