Homeoffice-Pflicht gilt jetzt auch für Arbeitnehmer – was bedeutet das?
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Das Homeoffice-Potenzial ist einer Studie zufolge noch längst nicht ausgeschöpft.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Die Bundesregierung hat die Vorgaben für das Arbeiten im Homeoffice während der Corona-Pandemie noch einmal verschärft. Bisher mussten Arbeitgeber ihren Beschäftigten wenn möglich anbieten, im Homeoffice zu arbeiten. Nun wurden Arbeitnehmer ihrerseits verpflichtet, dieses Angebot auch anzunehmen.
Viele Gründe können dagegen sprechen
Im geänderten Infektionsschutzgesetz heißt es wörtlich: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Die zuständigen Behörden für den Vollzug der Sätze 1 und 2 bestimmen die Länder nach § 54 Satz 1.“
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Allerdings sind die Gründe, die die Beschäftigten anführen können, um nicht im Homeoffice arbeiten zu müssen, weitreichend. So heißt es auf der Internetseite des Deutschen Bundestags: „Gründe können räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung sein.“
„Zwang wird durch Ausnahmen ausgehöhlt“
Gunnar Roloff, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Rostock, sieht in der Formulierung einen politischen Kompromiss. „Die SPD beziehungsweise der Arbeitsminister fordern seit Monaten eine Pflicht zum Homeoffice. Andererseits stemmten sich die Gewerkschaften gegen eine strengere Regelung: Sie wollten, dass kein Arbeitnehmer gezwungen werden dürfe, im Homeoffice zu arbeiten“, erläutert er.
Laut dem Arbeitsrechtler liegen Zweifel nahe, ob die Neuregelung tatsächlich zu einem nennenswerten Anstieg der Beschäftigten im Homeoffice führen wird. „Der vermeintliche Zwang zum Homeoffice wird durch Ausnahmen wieder ausgehöhlt, die bereits im Gesetz angelegt sind“, so Roloff. Zumal bei Verstößen gegen den Homeoffice-Zwang nicht einmal konkrete Sanktionen vorgesehen seien.
Homeoffice-Potenzial längst nicht ausgeschöpft
Immer noch arbeiten in Deutschland wesentlich weniger Beschäftigte im Homeoffice als möglich wäre. Laut einer Studie des Ifo-Instituts hätten im März 2021 insgesamt 56 Prozent der Beschäftigten in Deutschland potentiell zumindest teilweise zu Hause arbeiten können. Aber nur 31,7 Prozent der Beschäftigten machten davon auch Gebrauch. Im Februar ermittelte das Ifo-Institut eine Quote von 30,3 Prozent.
„Der Vergleich nach Firmengröße macht deutlich, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wesentlich weniger auf Homeoffice umgestellt haben als Großunternehmen im selben Sektor“, schreiben die Studienautoren.