Fahrverbote und Kartellrecht: Berlin sucht die Super-Spritpreisbremse
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Benzinpreise an einer Tankstelle in Baden-Württemberg. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will nun das Kartellrecht ändern.
© Quelle: IMAGO/Arnulf Hettrich
Berlin. Schon die Überschrift über dem vierseitigen Papier sagt viel: „Habeck plant Verschärfung des Wettbewerbsrechts“, steht über dem Schreiben aus dem Bundeswirtschaftsministerium, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Im ersten Absatz sind gleich mehrere Passagen fett gedruckt. Die Reform des Kartellrechts werde „auf dieses Jahr vorgezogen“, wird da etwa hervorgehoben. Die „Hürden für eine kartellrechtliche Gewinnabsenkung“ sollten gesenkt und das Kartellamt „missbrauchsunabhängige Eingriffsbefugnisse“ erhalten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lässt sich im „Spiegel“ mit einem weiteren Satz des Papiers zitieren. „Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind“, sagt er. Und er ergänzt: „Es ist offenkundig das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung.“
Mit anderen Worten: Der von der FDP durchgesetzte Tankstellenrabatt ist gescheitert. Die rund 3 Milliarden Euro machen nicht das Benzin billiger, sondern fließen vor allem in die Kassen der Konzerne.
Wirtschaftsminister Habeck plant Verschärfung des Kartellrechts
Damit solle der Staat auch ohne einen Nachweis von Marktmissbrauch Gewinne abschöpfen und notfalls die Konzerne zerschlagen können.
© Quelle: dpa
Schwieriger Nachweis
Sogar die FDP hatte daher in den vergangenen Tagen Habeck gedrängt, per Kartellrecht einzugreifen. Der Minister will nun vor allem einen Hebel ansetzen: Künftig soll das Kartellamt Preisabsprachen nicht mehr nachweisen müssen, wenn eigentlich konkurrierende Unternehmen ihre Preise auffällig parallel gestalten. Nachweise für Absprachen, also etwa mittels E-Mails oder Briefen, seien schließlich sehr schwierig, heißt es im Ministerium. Betont wird in dem Schreiben vorsorglich, dieser Schritt werde nur „als Ultima Ratio eingesetzt werden“, als letztes Mittel also.
Auch einen Weg, um Gewinne von abspracheverdächtigen Unternehmen abzuschöpfen, will man im Wirtschaftsministerium gefunden haben. Nicht eine Übergewinnsteuer, wie sie zuletzt etwa von der SPD gefordert wurde, soll hier greifen. Gegen dieses Instrument gibt es rechtliche Bedenken. Stattdessen soll auch hier das Kartellrecht greifen. Die entsprechende Regel ist bereits vorhanden, nun soll dafür die Hürde fallen – auch hier müsste künftig keine Absicht mehr nachgewiesen werden. Die Neuregelungen würden alle Branchen und Unternehmen betreffen.
Der Spott der CDU
Die FDP zeigte sich zurückhaltend.
„Vorschläge, die verfassungskonform sind und Deutschland als Investitionsstandort nicht schaden, sind willkommen“, sagte Fraktionschef Christian Dürr dem RND. „Die FDP legt hier insbesondere Wert auf die Schaffung von Transparenz bezüglich der Preisentwicklung an den Tankstellen.“ Eine allgemeine Übergewinnsteuer wäre allerdings sicher der falsche Weg, weil sie auch Impfstoffhersteller wie Biontech treffen und Innovationen hemmen würde.
Vize-Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) spottet: „Die Ampel sieht endlich ein, dass ihre Rabattmilliarden ohne Effekt versickern.“ Ob Habecks Vorschlag aber die Linie der Ampel oder ein unabgestimmter Alleingang“ sei, sei unklar.
Auf dem Ministeriumspapier steht möglicherweise nicht umsonst: „Habeck plant.“ Und es wird dort auch darauf verwiesen, dass eine Kartellrechtsänderung „nicht kurzfristig“ wirken könne.
Bei den Fahrverboten sind die Liberalen sich einig mit der Linkspartei. Deren Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem RND: „Robert Habeck sollte die Mineralölkonzerne zum Spritgipfel vorladen und die Preise ab sofort streng kontrollieren.“ Statt eines Fahrverbots, das die Bürger treffe, brauche es zeitweise staatliche Höchstpreise an den Zapfsäulen.
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