Helge Braun: Ein Narkosearzt will die CDU retten
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Helge Braun ist seit dem 14. März 2018 Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben.
© Quelle: imago images/Chris Emil Janßen
Wer wissen möchte, wie Helge Braun tickt, muss sich nur vor Augen führen, welchen Typus Mitarbeiter Angela Merkel schätzt: uneitel, effizient, fachlich beschlagen, schnelle Auffassungsgabe, sehr ausdauernd beim Arbeiten. Der 49-jährige Hesse Braun, der Merkel seit 2018 als Kanzleramtsminister dient, ist zudem mit einem Gemüt gesegnet, das ihn in der Regel heitere Gelassenheit ausstrahlen lässt. Er lacht gerne und viel.
Nun schaltet der Minister von geräuschloser Arbeit im Maschinenraum der Regierung auf Angriffsmodus auf offener Bühne um. Als Überraschungskandidat hat er als Erster angekündigt, dass er sich beim Mitgliederentscheid um den CDU-Vorsitz bewerben möchte. Neben ihm gelten der frühere Fraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen als Anwärter für die Nachfolge von Armin Laschet.
In der Regierung abgewählt, als Parteipolitiker unbeschrieben
Mit der Kandidatur von Braun ist für die CDU-Basis eine doppelte Botschaft verbunden. Als Regierungsmitglied steht Braun nicht für Aufbruch und Neuanfang. Er ist Teil der Regierung, die gerade abgewählt wurde, und er ist der Vertraute der Kanzlerin, die nach 16 Jahren im Amt die politische Bühne verlässt. Als Parteipolitiker aber ist er ein unbeschriebenes Blatt. Aus den bisherigen Kämpfen um das Erbe Merkels hat er sich rausgehalten. Zugleich wäre er einer, der das Erbe Merkels als liberaler CDU-Mann und Pragmatiker der Macht tatsächlich antreten würde. Mit 49 Jahren könnte man so gerade eben noch von einem Generationenwechsel sprechen.
Politologe Korte: CDU braucht „Personal für neues Alleinstellungsmerkmal“
Am 21. Januar entscheidet die CDU über ihren neuen Parteichef. Politologe Karl-Rudolf Korte erklärt, welche Probleme die Christdemokraten damit lösen müssen.
© Quelle: RND
Bislang hat sich Friedrich Merz nicht erklärt. Sollte auch er seinen Hut in den Ring werfen, müsste er zum dritten Mal in drei Jahren im Wettbewerb um den Parteivorsitz gegen das alte Merkel-Lager antreten.
Es kommt auf die CDU-Basis an
Braun ist kein Charismatiker. Er ist sehr füllig, was ein wenig altmodisch wirkt. Mit seiner offensiven Freundlichkeit gewinnt er im persönlichen Umgang. Seine Chancen, das Rennen in der CDU zu machen, stehen nicht schlecht. Es wird sehr darauf ankommen, ob die Basis Sehnsucht hat nach CDU pur, nach einem gesellschaftspolitischen Ruck nach rechts und viel Wirtschaftsliberalität oder ob sie am Ende sagt, der kürzeste Weg zurück an die Macht führt über einen Kurs der Mitte.
In seinem ersten Beruf war Braun Narkosearzt. Alle Witze, die man über Merkels defensiven Regierungsstil und ihre Fähigkeiten zum Einlullen ihrer Gegner machen kann, sind in diesem Zusammenhang im Berliner Regierungsviertel bereits gerissen worden. Seit Beginn der Corona-Pandemie gehört der Mediziner Braun zu den Treibern im Team Vorsicht. Die vielen Papiere zu den unzähligen Pandemie-Ministerpräsidentenkonferenzen, die mit drastischen Schutzmaßnahmen gespickt waren, trugen seine Handschrift.
Ein Bastler aus dem Hobbykeller
Und wenn es immer noch so sein sollte, dass die Deutschen bei Politikerinnen und Politikern Bodenständigkeit und Bescheidenheit schätzen, dann kann Braun auch punkten. In seiner Freizeit steht er gern in seinem Hobbykeller und bastelt.
Die Bewerbungsfrist für den Mitgliederentscheid der CDU läuft noch bis zum 17. Dezember. Wer als Sieger aus der Basisbefragung hervorgeht, soll am 21. Januar auf einem Parteitag in Hannover zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt werden.