Treffen mit Berichterstattern statt mit Führungsebene

Nur Show? Habeck berät mit Abgeordneten über Heizungsgesetz

Robert Habeck bei der aktuellen Stunde auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion zu den Heizungsplänen der Bundesregierung.

Robert Habeck bei der aktuellen Stunde auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion zu den Heizungsplänen der Bundesregierung.

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Berlin. Robert Habeck hat die Ärmel hochgekrempelt, der oberste Knopf seines weißen Hemdes ist geöffnet, das Jackett hängt über der Stuhllehne. Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister steht seit Wochen unter massivem Druck, zwischenzeitlich musste er mit Patrick Graichen auch noch seinen Experten für die Energiewende wegen Verflechtungen von Amtsgeschäften mit Privatem in den einstweiligen Ruhestand schicken. Jetzt will Habeck den Menschen die Sache mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) direkt erklären. Es gebe offensichtlich noch Nachbesserungsbedarf, sagt er und nennt vier Punkte. Sein Ministerium verbreitet das Video auf Twitter kurz vor Pfingsten. Die Botschaft: Habeck packt an. Aber packt der Grünen-Politiker das auch?

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Für Dienstag, dem ersten Arbeitstag von Graichens Nachfolger Philipp Nimmermann im Amt des Staatssekretärs, hat er Abgeordnete der Koalition zum Gespräch eingeladen. Nicht die Führungsebene, auch nicht deren Stellvertreter, sondern die Berichterstatter, also jene Politikerinnen und Politiker, die als Expertinnen und Experten gelten, aber nicht die Entscheidungen treffen und demnach nicht allzu viel zu sagen haben. Bei SPD und FDP rümpft manch einer etwas die Nase, weil sich parallel davon die Riege der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im vertraulichen Kreis damit abmüht, das Gesetz doch noch vor der Sommerpause auf den Weg zu bringen, obwohl die FDP wenig Lust dazu hat.

Kritiker: Kein Durchbruch von Treffen zu erwarten

Habeck wolle nach außen unter Beweis stellen, dass er das Heft des Handels in der Hand habe und ziehe dafür eine kleine Show ab, verlautet aus der Koalition. Denn das Treffen mit den Berichterstatterinnen und -erstattern sei zwar löblich, könne aber keinen Durchbruch bewirken, weil in der Runde außer Habeck eben niemand etwas entscheiden könne.

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Die Liberalen bremsen auch am Dienstag wieder und melden Zweifel an, ob das mit der Einbringung des Gesetzes in den Bundestag noch vor der Sommerpause klappt. Dabei hat der höchste Entscheider der Koalition, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), genau das mit dieser freundlichen Umschreibung angemahnt: „Alle Beteiligten haben diesen Ehrgeiz.“ In Koalitionskreisen wird aber spekuliert, die FDP wolle am liebsten erst die Landtagswahlen in Hessen und Bayern im Oktober überstanden haben. Profitiert von der Regierungsbeteiligung im Bund hat sie bei solchen Wahlen bisher so gut wie gar nicht. Mehrfach flog sie aus der Landesregierung oder gleich aus dem Parlament.

Die FDP betont, sie wolle das Gesetz nicht verhindern, sondern nur verbessern. Wirklich? Sie betont, wie wichtig es wäre, den Energiebereich über den Emissionshandel zu regeln. Es gibt auch jetzt schon ein GEG, verabschiedet von der unionsgeführten Vorgängerregierung, und die FDP lässt keine Gelegenheit aus, dieses Gesetz als mangelhaft zu kritisieren – weil es keinen Schutz gegen höhere Gas- und Ölpreise durch den EU-Emissionshandel vorsehe. Das ist aber genau das Ziel von Habecks Gesetz. Die Liberalen wollen außerdem weniger Vorschriften für Heizungsalternativen im Gesetz – sie ziehen dagegen mit dem Stichwort „Mikromanagement“ zu Felde.

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Al-Wazir: „Kann vor der Sommerpause verabschiedet werden“

Der hessische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Tarek Al-Wazir, der bei der Landtagswahl im Oktober als Spitzenkandidat der Grünen antritt, sagt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die Änderungsvorschläge liegen nun auf dem Tisch. Wenn man an der Sache interessiert ist, dann kann das auch noch vor der Sommerpause verabschiedet werden, damit endlich Planungssicherheit besteht. Das spätere Inkrafttreten hat Robert Habeck ja bereits in Aussicht gestellt.“

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Das könne man „ein Stück weit entzerren“, hat Habeck in dem Video angekündigt. Bisher ist Januar 2024 der Stichtag, ab wann es nicht mehr möglich sein soll, neue Gas- oder Ölheizungen einzubauen. Für Neubauten solle das Gesetz dann „unmittelbar“ gelten, für Altbauten erst später, sagt Habeck. Bei der Nutzung von Holz oder Heizpellets gehe „bestimmt noch mehr“, und für den städtischen Bereich seien vernetzte Fernwärme- und Nahwärmesysteme eine sehr gute Lösung. Dazu solle es noch einmal einen „Fernwärmegipfel“ geben, kündigt Habeck an. Außerdem sollten erst die Kommunen ihre Wärmewende planen und die Konzepte dann mit den Entscheidungen der Verbraucherinnen und Verbraucher „synchronisiert“ werden. Damit soll verhindert werden, dass man sich für viel Geld eine Wärmepumpe einbauen lässt und wenig später die Kommune eine zentrale Lösung anbietet.

Wasserknappheit, Dürren und andere Umweltkatastrophen machen die Klimakrise weltweit überdeutlich. Junge Menschen reagieren unterschiedlich auf die verstörenden Bilder. Einige werden psychisch krank, andere kämpfen als Klimaaktivisten gegen die gefährliche Entwicklung.

Klimawandel im Eozän: Was wir aus den Erkenntnissen für heute ableiten können

Vor knapp 56 Millionen Jahren stiegen die Temperaturen auf der Erde deutlich. Aus Sicht vieler Forschender ist dieses Klimaereignis durchaus mit der heutigen Klimakrise vergleichbar. Die Erkenntnisse sind dabei alles andere als beruhigend.

Städte- und Gemeindetag mahnt: „Fristen zu ambitioniert“

Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung, sagt dem RND, es brauche ein Gesamtkonzept für Energieeffizienz, Gebäudeenergie und kommunale Wärmewende. Und auch der Deutsche Städte- und Gemeindetag mahnt: Das GEG und das Wärmeplanungsgesetz müssen eng miteinander abgestimmt werden. Anderenfalls würden voreilig Fakten geschaffen. Die derzeit diskutierten Umsetzungsfristen für einen Heizungstausch, aber auch für eine kommunale Wärmeplanung, seien zu ambitioniert, sagt ein Sprecher dem RND. Es handele sich um kapitalintensive und komplexe Prozesse, die nicht innerhalb von drei oder vier Jahren umgesetzt werden könnten. „Überlegungen, dass etwa die Fernwärmeversorgung bereits im Jahr 2030 zu 50 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden soll, zeugt von wenig Realitätssinn.“

Und wann kommt nun der Durchbruch? Aus Kreisen der Grünen-Bundestagsfraktion verlautet: Mit ernsthaften Verhandlungen sei in der kommenden Woche zu rechnen.

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