Klare Worte: Wie der Bürgermeister von Hanau die Stadt zusammenhält
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Der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
© Quelle: Nicolas Armer/dpa/imago/Patrick Scheiber/Montage RND
Mal ein Foto vom Pressetermin im neuen Restaurant in der Innenstadt, mal ein Statement zum lokalen Wohnungsbau: Bis vor zwei Wochen sah die Facebook-Seite von Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky genauso aus, wie man sich die Facebook-Seite des Bürgermeisters einer mittelgroßen Stadt vorstellt. Für Menschen, die nicht in Hanau leben, nicht besonders interessant.
Dann erschoss ein Rassist in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln.
Nach dem Terroranschlag ist in der hessischen Stadt nichts mehr, wie es war, auch nicht das öffentliche Auftreten des Oberbürgermeisters. Täglich meldet er sich über das soziale Netzwerk bei seinen gut 10.000 Followern, berichtet von neuen Erkenntnissen zur Tat, teilt Traueranzeigen, lädt zu Trauermärschen, Kundgebungen und Mahnwachen ein. Im Mittelpunkt jeder Mitteilung stehen die Angehörigen der Opfer und sein Dank für alle Menschen, die die Angehörigen unterstützen.
Unter jedem Facebook-Post schreibt Kaminsky #hanaustehtzusammen. Und unter jedem Post danken ihm etliche Kommentatoren für seinen unermüdlichen Einsatz in diesen schweren Tagen: In langen Texten erklärt der Oberbürgermeister, wie anders seine Arbeitstage seit jenem 19. Februar ablaufen: morgens Lagebesprechung mit dem Krisenstab, Pressekonferenzen und Interviews mit Journalisten aus aller Welt, Faschingsumzug absagen, Kondolenzbuch im Rathaus auslegen. Kaminsky besucht die Beisetzungen aller Opfer und plant mit seinen Mitarbeitern eine zentrale Trauerfeier. Es kommen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Volker Bouffier.
Zentrale Trauerfeier im Congress Park Hanau
Die Trauerfeier findet an diesem Mittwochabend um 18 Uhr im Congress Park Hanau am Schlossplatz statt und soll zwischen einer und eineinhalb Stunden dauern. Rund 650 Gäste sind eingeladen, hauptsächlich Angehörige der Ermordeten. Zudem werden 200 Journalisten erwartet. “Wir rechnen an diesem Tag mit großen Besucherströmen, da voraussichtlich viele Menschen Anteil nehmen und der Opfer gedenken wollen”, sagt Kaminsky. Für diese Menschen sollen auf dem Freiheitsplatz und dem Marktplatz in Hanau Leinwände aufgestellt werden, auf denen die Trauerfeier live übertragen wird.
Der Oberbürgermeister findet immer wieder klare Worte. Bei der Beisetzung einer ermordeten zweifachen Mutter kritisierte er das Wort Fremdenfeindlichkeit. “Sie waren keine Fremden. Sie waren Mitbürger unserer Gesellschaft”, sagt er. Die 43-jährige Frau hatte im Hanauer Stadtteil Kesselstadt Pizza holen wollen, als sie erschossen wurde. Sie sei “ein Opfer von Rassismus und Hass."
Claus Kaminsky ist seit 17 Jahren Oberbürgermeister von Hanau
Der Anschlag hat ganz Deutschland erschüttert. Aber am härtesten trifft er eben Hanau. Und Hanau, das ist laut Claus Kaminsky aus seiner Biografie, aus seiner DNA nicht wegzudenken. Dort ist der SPD-Politiker vor 60 Jahren zur Welt gekommen, dort lebt der Ehemann und Vater dreier Söhne, dort war er Bürgermeister von 1995 bis 2003, dort ist er seitdem, seit 17 Jahren also, Oberbürgermeister.
Einmal mehr bittet Kaminsky die Bürger seiner Stadt, ihr friedliches Miteinander, ihre Solidarität zu zeigen. Für die zentrale Trauerfeier am Mittwoch hat die Stadt ein Gedenkplakat vorbereitet, das sich jeder ausdrucken und mitbringen kann. Darauf steht in Großbuchstaben: “Die Opfer waren keine Fremden!" Darauf folgen die Worte, die Kaminsky in diesen Tagen so oft gesagt hat. “Hanau steht zusammen.”