Hambacher Forst: Polizei schnappt „Fäkalien-Täter“ – nach über 24 Stunden
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HTJHMAGSOCOSZO7DNQK6GALSFQ.jpg)
Polizisten stehen vor Baumhäusern im Hambacher Forst.
© Quelle: David Young/dpa
Kerpen. Diese Festnahme hat sich die Polizei Zeit und Personal kosten lassen: Beamte haben am Dienstag im Hambacher Forst nach über 24-stündigem Einsatz einen jungen Mann festgenommen, der von einem Baumhaus aus einen Eimer mit Fäkalien auf einen RWE-Mitarbeiter geworfen haben soll - und dazu einen Brandsatz, der den Mann aber nicht traf. Gegen den Mann wird nach Polizeiangaben wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung ermittelt.
Immer wieder Fäkalien ausgekübelt
Die Eimer, in die die Baumhausbewohner in luftiger Höhe ihre Notdurft verrichten, sind berüchtigt: Noch bei der letzten großen Baumhaus-Räumung vergangenen Herbst rückten Polizeikräfte mit Sonnenschirmen an, nachdem Aktivisten immer wieder Fäkalien auf Menschen ausgekübelt hatten - ohne dass das weitere Konsequenzen für die Täter hatte. Das ändert sich nun.
Jetzt traf es einen RWE-Mitarbeiter, wie die Polizei mitteilte: Bei Aufräumarbeiten soll der Tatverdächtige einen Mitarbeiter des Energiekonzerns am Montagmorgen mit einem ganzen Fäkalieneimer getroffen haben. Außerdem soll er einen Brandsatz geworfen haben, der aber auf dem Boden landete. Jetzt soll vor allem die Tat mit dem Ekelfaktor zum ersten Mal strafrechtliche Konsequenzen haben.
RWE, SEK, MfG
Die Polizei riegelte das Baumhaus ab und forderte den Mann auf herunterzukommen. Der weigerte sich. Den ganzen Montag, in der Nacht und auch am Dienstagmorgen. Die Polizei hatte das Baumhaus die ganze Zeit abgeriegelt. Am Morgen waren noch die Strahler zu sehen, mit denen die Einsatzkräfte das Gelände in der Nacht erleuchtet hatten.
Inzwischen war das SEK da, auch mit Höhenkletterern. Ein Hubwagen stand bereit und auch die Männer mit den Motorsägen, die für das schwere Gerät Platz schaffen sollten. Bäume sollten fallen. Das sagte auch die Polizei in ihren Ansagen, mit denen sie den Mann am Dienstagmorgen drei Mal aufforderte herunterzukommen. Ein Gericht hatte einen Durchsuchungsbeschluss zur Ergreifung des Tatverdächtigen in der Baumhaussiedlung „Krähennest“ erlassen.
Der Mann seilte sich ab – und wurde festgenommen
Als die Motorsäge aufkreischte und ins Holz des ersten Baumes schnitt, waren Schreie zu hören: „Nein, nein, nein“ und „lass den Baum in Ruhe!“ - wahrscheinlich von Aktivisten, die hinter die Polizeiabsperrung verwiesen wurden. Blitzschnell seilte sich der mutmaßliche Fäkalienwerfer von seinem Baumhaus ab.
Später kam die Nachricht aus dem Aachener Polizeipräsidium: „Er ist es.“ Der Abgleich mit einer Täterbeschreibung und Fotos habe ergeben, dass der Mann den Fäkalieneimer geworfen habe. Er kam in Haft, teilte die Polizei mit.
„Grotesk, aber nicht überraschend“
„Die Unverhältnismäßigkeit dieses Einsatzes ist grotesk, aber leider nicht überraschend“, twitterte das Aktionsbündnis Ende Gelände. Die Polizei lobte sich dagegen für das „schrittweise, besonnene und konsequente Vorgehen“. Sie zog nach Einsatzende am Mittag ab.
Das Mitglied der ehemaligen Kohlekommission Antje Grothus kritisierte, das Vorgehen von RWE und Polizei im Hambacher Forst schade dem Demokratieverständnis vieler Menschen. Die NRW-Landesregierung „täte gut daran“ mit Unterstützung beispielsweise der Landeskirchen Gespräche im Sinne einer Mediation aufzunehmen.
86 Baumhäuser geräumt
Die Polizei hatte im vergangenen Herbst 86 Baumhäuser von Braunkohlegegnern geräumt. Anfang Januar waren knapp 50 neue Baumhäuser und andere Bauten gezählt worden. Der Wald am Tagebau Hambach gilt als Symbol der Klimaschützer im Kampf gegen die Kohle.
Lesen Sie auch: RWE: Kosten für Hambacher Wald gehen in die Milliarden
Von RND/dpa