Habecks Krisenbesuch in den USA: „Die Situation in der Ukraine überschattet alles“

Neue Wertschätzung: Janet Yellen (rechts), Finanzministerin der USA, begrüßt Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach den Worten von Habeck weitere westliche Sanktionen denkbar.

Neue Wertschätzung: Janet Yellen (rechts), Finanzministerin der USA, begrüßt Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach den Worten von Habeck weitere westliche Sanktionen denkbar.

Washington. Das Haar wirkt zerzaust, für eine Rasur hat offensichtlich die Zeit nicht gereicht. Ernst und betroffen steht Robert Habeck vor dem Weißen Haus. Es ist der Antrittsbesuch des Wirtschaftsministers in Washington, das Programm so hochkarätig besetzt wie lange bei keinem deutschen Ressortchef mehr. Doch das wirkt nebensächlich. „Die Situation in der Ukraine überschattet alles“, sagt der Grünen-Politiker.

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Eigentlich wollte Habeck in den USA zwei Tage über Handelsfragen und die Transformation zu mehr erneuerbarer Energie reden. Termine mit der Handelsbeauftragten Katherine Tai und Klimabotschafter John Kelly deuten darauf hin. Doch nun geht es vordringlich um Krieg und Frieden, um Sanktionen gegen Russland und die Frage, wie die deutsche Ölversorgung sichergestellt werden kann, falls der russische Diktator Wladimir Putin den Hahn zudreht.

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„Die Verzweiflung des Putin-Regimes scheint immer größer zu werden“, sagt Habeck. Kurz zuvor haben die Agenturen einen Raketenangriff auf den Kiewer Fernsehturm mit mindestens fünf getöteten Zivilisten gemeldet. „Verabscheuungswürdig“ nennt das der Minister und setzt hinzu: „Das wird sicher nicht dazu führen, dass der Westen weicher wird in seinen Maßnahmen.“ Hinter einem Zaun, nur ein paar Hundert Meter von dem Minister entfernt, bereitet sich zu dieser Zeit Präsident Joe Biden auf seine Regierungserklärung vor, die harte Botschaften für Moskau enthalten dürfte.

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Bei den Sanktionen „kein Ende der Fahnenstange“

Es sei klar, dass die bisherigen Sanktionen „noch nicht das Ende der Fahnenstange“ seien, sagt Habeck nach einem Gespräch mit Finanzministerin Janet Yellen: „Die jüngsten Angriffe werden dazu führen, dass die Bereitschaft zunimmt, tougher zu sein.“ Die amerikanische und die europäische Seite arbeiteten zusammen bei der Identifizierung neuer Ziele von Strafmaßnahmen.

Was die Reaktion auf eine mögliche Unterbrechung der russischen Öllieferungen nach Deutschland angeht, lasse er in seinem Haus alles „unideologisch“ prüfen: den Einsatz der nationalen Ölreserven, die Reduzierung des Energiehungers, den Import von Flüssiggas und auch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke, wiederholt der Grünen-Politiker eine viel diskutierte frühere Aussage, schränkt sie jedoch gleich ein. „Nach dem, was ich weiß, wird uns die Atomkraft nicht über den Winter 2022/2023 helfen.“

Klar sei aber, dass der Umbau des Energiesektors viel schneller vollzogen werden müsse, sagt Habeck. Er kritisiert „die naive, falsche Politik der letzten Jahre“ und benennt ein doppeltes Ziel: Ja, natürlich müsse Deutschland klimaneutral werden, „aber vor allem energiepolitisch unabhängiger“.

Kurzfristig ein Termin bei Außenminister Antony Blinken

Die skeptische Haltung seiner Partei zur in den USA verhassten Ostseepipeline Nord Stream 2 und Habecks Aussetzen der Zertifizierung haben dem Minister in Washington mächtig Respekt eingebracht. Viele Türen zu wichtigen Gesprächspartnern öffneten sich erst in den letzten Tagen. Am Dienstag kommt kurzfristig eine Begegnung mit Außenminister Antony Blinken zustande. Am Mittwoch steht ein Austausch mit Sicherheitsberater Jake Sullivan, dem derzeit wohl gefragtesten Mann der Biden-Regierung, auf dem Programm.

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Das Ende für die Pipeline, die Kehrtwende bei den Militärhilfen und die angekündigte Aufstockung der Verteidigungsausgaben haben Deutschland über Nacht vom Sorgenkind zu einem Lieblingspartner der US-Regierung gemacht. „Das wird hier registriert“, berichtet Habeck, „die Veränderungen führen dazu, dass einem Vertrauen und Erwartungen in einem Ausmaß entgegengebracht werden, das außergewöhnlich ist.“

Beinahe euphorisch spricht der Vizekanzler dann von einem „Momentum in der transatlantischen Partnerschaft“. Das verringert das Grauen des Krieges nicht. Doch es ist eine bittere Pointe, dass Putin offenbar das erreicht hat, was er am wenigsten anstrebte: eine Neubelebung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

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