Grüne beklagen Geheimniskrämerei bei Scheuers Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft
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Die Aufschrift „Kein Netz“ ist auf dem Bildschirm eines Mobiltelefons zu sehen. Eine neue bundeseigene Gesellschaft, die mit Fördermitteln Funklöcher schließen will, soll laut einer Antwort der Bundesregierung länger arbeiten als gedacht.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Berlin. Beste Freunde werden Andreas Scheuer und Sven-Christian Kindler wahrscheinlich nicht mehr. Ob Bahn, Straßenbau oder Pkw-Maut – dem Bundesverkehrsminister von der CSU wird von dem niedersächsischen Haushaltspolitiker der Grünen im Bundestag häufig und gern auf die Finger geklopft.
Zurzeit gibt es zwischen den beiden eine Auseinandersetzung über die in Naumburg (Sachsen-Anhalt) angesiedelte bundeseigene Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft (MIG). Sie soll mit Fördermitteln in Höhe von 1,1 Milliarden Euro rund 5000 Mobilfunkstandorte errichten und Funklöcher im 4G-Netz schließen.
Inzwischen gibt es jedoch im zuständigen Bundesverkehrsministeriums „konzeptionelle Vorüberlegungen“, den Auftrag auf den Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes auszuweiten.
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Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler.
© Quelle: imago images/Political-Moments
Unklarer Auftrag für „Funklochgesellschaft“
Das bringt die Grünen auf die Palme.
- Erstens, weil sie glauben, dass die Bundesnetzagentur die Aufgaben der „Funklochgesellschaft“ MIG kostengünstiger erledigen könnte.
- Zweitens, weil sie seit sieben Monaten Scheuer auffordern, ihnen den Geschäftsbesorgungsvertrag vorzulegen. Der regelt, was die Gesellschaft konkret tut, wo sie einkauft oder wann sie wen als Unterauftragnehmer beauftragt.
- Und drittens, weil der Haushaltsausschuss des Bundestags mit den Stimmen der Koalition der MIG im März – quasi als Blankoscheck, findet Grünen-Politiker Kindler – 160 Millionen Euro für die operative Tätigkeit nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag freigegeben hat.
Der Haushaltsexperte der Grünen will wissen, wofür. „Im März hat die Koalition Scheuer Millionen für sein neues Funklochamt bewilligt, aber bis heute kennt niemand die finalen Verträge, die mit diesem Beschluss freigegeben wurden“, so Kindler. „Selbst jetzt, nachdem das Geld freigegeben wurde, bleiben die Verträge im Tresor des Bundesverkehrsministers. Was will Andreas Scheuer hier verbergen? Vielleicht, wie teuer der ganze Spaß mit seinem Funklochamt am Ende wirklich wird?“
Groko sieht keinen Handlungszwang
Obwohl auch der Bundesrechnungshof in zwei Berichten das Grundgerüst der MIG bemängelte, sehen die Koalitionäre keinen Handlungszwang. Im Gegenteil: Sie halten die Zusage der Bundesregierung, den Geschäftsbesorgungsvertrag dem Parlament vorzulegen, für ein großes und unübliches Entgegenkommen – zumal der entsprechende Antrag der Oppositionsfraktionen vom Haushaltsausschuss abgelehnt worden war.
SPD-Haushaltspolitiker Gustav Herzog erwartet von dem Bundesverkehrsministerium, dass die MIG „jetzt endlich“ ihre operative Arbeit aufnimmt. „Mit dem Beschluss des Telekommunikationsgesetz (TKMoG) sind weitere Voraussetzungen geschaffen worden, den Ausbau der Mobilfunkversorgung voranzutreiben. Ich bezweifle allerdings, dass permanente Fragen der Opposition nach dem Sachstand den Prozess beschleunigen.“
5G: Der Mobilfunkstandard der Zukunft
5G soll der neue Standard für die Anbindung an das Internet werden. Doch was genau ist 5G, und wo gibt es noch Herausforderungen in der Netzabdeckung?
© Quelle: AFP
96,5 Prozent von einem Mobilfunknetzbetreiber versorgt
Herzog betont die Unterschiede beim Umgang mit den beiden Mobilfunkstandards 4G (LTE) und 5G. Bei 5G gebe es ein großes eigenwirtschaftliches Interesse der Telekommunikationsunternehmen am Ausbau. Erst mit der für 2023 oder 2024 erwarteten Auktion von Frequenzen, die Ende 2025 auslaufen, sei absehbar, „ob für die MIG überhaupt ein Bedarf oder gar eine Notwendigkeit besteht“, so Herzog. „Die MIG sollte sich durch erfolgreiche Arbeit ganz schnell selbst überflüssig machen.“
Nach Angaben der Bundesnetzagentur vom vergangenen Herbst sind 96,5 Prozent der Fläche Deutschlands von mindestens einem Mobilfunknetzbetreiber mit 4G beziehungsweise LTE versorgt – es bleiben also 3,5 Prozent der Fläche, wo gar kein Empfang in diesem Übertragungsstandard möglich ist.
Hinzu kommen „graue Flecken“, wo nur ein bis zwei der drei deutschen Mobilfunknetze empfangbar sind – diese Löcher will die Telekommunikationsbranche mit Kooperationen untereinander schließen. Der Ausbau des ultraschnellen 5G-Netzes wird noch Jahre dauern.