Illegale Abschiebungen in Griechenland: UN-Kommissar Grandi „beunruhigt“ über Pushbacks
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Ein Blick auf ein Schiff mit etwa 400 Migranten in der Nähe der südlichen Insel Kreta. (Symbolbild)
© Quelle: -/Hellenic Coast Guard/AP/dpa
Genf. Griechenland hat laut Informationen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seit Anfang 2020 in rund 540 Fällen Migranten nicht regelkonform abgeschoben. „Wir sind beunruhigt über wiederkehrende und übereinstimmende Berichte von den Land- und Seegrenzen Griechenlands zur Türkei“, sagte UN-Hochkommissar Filippo Grandi am Montag in Genf.
Der UNHCR-Chef reagierte unter anderem auf Medienberichte, wonach Mitglieder der griechischen Küstenwache geflüchtete Menschen vor der Insel Samos ins Meer geworfen haben sollen.
„Was an Europas Grenzen geschieht, ist inakzeptabel“
Sogenannte Pushbacks an der EU-Außengrenze würden nicht nur aus Griechenland, sondern auch aus anderen Ländern Mittel- und Südosteuropas gemeldet, sagte Grandi. Migranten hätten berichtet, dass sie auf dem Meer in Rettungsinseln zurückgelassen oder ins Wasser gezwungen worden seien.
„Was an Europas Grenzen geschieht, ist rechtlich und moralisch inakzeptabel und muss aufhören“, sagte Grandi.
Grünen-Politiker Pahlke: Auch Deutschlands Rolle kritisch überprüfen
Unterstützt wurde Grandis Kritik auch aus der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag. „Die illegalen Rückführungen von Menschen auf der Flucht und das Zurückdrängen an den Außengrenzen müssen als das benannt werden, was sie sind: Brutale und Menschenrechtswidrige Maßnahmen“, sagte der Abgeordnete Julian Pahlke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Um illegale Zurückweisungen an den Außengrenzen zu beenden, muss aber auch kritisch überprüft werden, in wie weit Deutschland dazu beiträgt“, mahnte der Grünen-Politiker an. Kein EU-Staat dürfe aus der Pflicht entlassen werden, Grundrechte und das Wohl von Flüchtenden zu schützen.
„In Griechenland, Kroatien oder auf dem Mittelmeer kann längst nicht mehr von sogenannten Einzelfällen die Rede sein. Es wurde ein System geschaffen, dass europäisches Recht untergräbt und das Sterben bewusst mit einkalkuliert“, sagte Pahlke. Die vielen europäischen Kommunen, die sich zu „sicheren Häfen“ zusammengeschlossen hätten, um Menschen aufzunehmen, seien eine Alternative: „Sie bereiten sichere und legale Fluchtwege in solidarische Städte und sind der praktische Beweis, wie nahe wir einer Koalition der aufnahmebreiten Staaten sind.“
Schwere Vorwürfe nach Medienberichten
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und die britische Zeitung „The Guardian“ hatten vorige Woche unter Berufung auf Augenzeugen und andere Quellen schwere Vorwürfe erhoben.
Demnach sollen im September griechische Grenzschützer aus der Türkei angekommene Migranten, die die griechische Insel Samos bereits erreicht hatten, wieder auf Boote gebracht und ins Meer geworfen haben. Dabei seien zwei Menschen ertrunken. Laut Grandi gab es im Januar bei einem ähnlichen Vorfall einen weiteren Toten in der Ägäis.
Griechenland: Türkei betreibt Propaganda
Die griechische Regierung wies die Medienberichte zurück und bezeichnete sie als Ergebnis türkischer Desinformation.
„Die von der Türkei betriebene Propaganda über illegale Migration führt dazu, dass in den Medien häufig falsche Geschichten auftauchen“, erklärte Migrationsminister Notis Mitarakis am Donnerstag. Griechenland schütze die Außengrenzen der Europäischen Union unter vollständiger Einhaltung des Völkerrechts.
RND/dpa/feh