Grenzkontrollen gegen Delta-Ausbreitung? Weiter Streit um Maßnahmen für Reiserückkehrer
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Verpflichtende Tests für Reiserückkehrer fordern Oppositionspolitiker angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante.
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Berlin. Die Ausbreitung der besonders ansteckenden Delta-Variante in Europa hat zu einer Debatte über die Verschärfung der Einreisekontrollen geführt. Während mehrere Ministerpräsidenten der Länder und Gesundheitspolitiker am Montag für striktere Regeln plädierten, konnten sich Bund und Länder jedoch auf keinen gemeinsamen Vorschlag einigen. Es gibt fortlaufend Gespräche zu diesem Thema, im Moment hält aber zumindest das Innenministerium Verschärfungen nicht für notwendig.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte kritisiert, dass bei Einreisen aus Risikogebieten derzeit ein Antigen-Test reiche, um eine Quarantäne zu vermeiden. Stattdessen sollten alle nicht geimpften Reiserückkehrer aus Risikogebieten und Hochinzidenzgebieten grundsätzlich in Quarantäne gehen. Diese solle frühestens nach fünf Tagen bei einem negativen PCR-Test aufgehoben werden dürfen, so der SPD-Politiker. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) verlangte mehr Kontrollen. Die Stichproben der Bundespolizei reichten nicht aus, kritisierte er.
FDP und Grüne kritisieren Reaktion der Bundesregierung
Auch die Opposition im Bund forderte strengere Regeln. Die Antwort der Bundesregierung auf die Delta-Variante komme – wie so oft in der Pandemie – zu spät, sagte Christine Aschenberg-Dugnus, Gesundheitsexpertin der FDP-Fraktion auf RND-Anfrage. „Die Diskussion über ein geregeltes Verfahren für Reiserückkehrer kommt anscheinend nur für die Bundesregierung überraschend“, sagte Aschenberg-Dugnus. Erneut herrsche Ungewissheit unter den Reisenden, erneut fehle Koordination sowie eine Kontrolle von Vorschriften und Testpflichten. Jetzt räche sich zudem, dass der digitale Impfnachweis noch nicht flächendeckend verfügbar sei.
Ruf nach strengeren Regeln für Heimkehrer wegen Delta-Variante
In vielen Ländern steigen die Corona-Zahlen wieder. Dies wird auf Rückreisende zurückgeführt, die sich im Ausland mit der Delta-Variante infiziert haben.
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Ähnlich äußerte sich Janosch Dahmen (Grüne), Arzt und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags. „Wir müssen konsequenter und flächendeckender testen“, sagte Dahmen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Nicht nur bei der Einreise müsse getestet werden, sondern noch ein zweites Mal am fünften Tag nach der Einreise, um mehr Fälle zu identifizieren. „Die nächsten zwölf Wochen sind eine kritische Phase, die wir nur überbrücken werden, wenn wir jetzt die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Delta-Variante deutlich verringern“, sagte Dahmen und betonte: „Ein reines Gegenanimpfen wird nicht schnell genug sein, wie wir in Großbritannien gesehen haben.“
Seehofer will stationäre Grenzkontrollen vermeiden
Die Bundesregierung sieht dagegen keinen Handlungsbedarf auf nationaler Ebene. „Wir sehen zur Zeit keinen Änderungsbedarf bei der Einreiseverordnung“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Es gebe derzeit bereits ein „recht striktes Einreiseregime“. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, Minister Horst Seehofer (CSU) sei fortlaufend mit den Ländern im Gespräch. „Er sieht momentan aber keine Veranlassung für stationäre Grenzkontrollen“, fügte der Sprecher hinzu. Regierungssprecher Steffen Seibert forderte die EU zu einem einheitlichen Handeln auf: „Wir werben bei unseren europäischen Partnern für eine einheitliche Herangehensweise bei Einreisen aus Virusvariantengebieten“, betonte der Regierungssprecher.
AfD fordert „wissenschaftliche Definition der Delta-Variante“
Auch für die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, sind die geltenden Maßnahmen wie die Digitale Einreiseanmeldung (DEA) sowie die Test- und Quarantäneauflagen ausreichend, um der Ausbreitung von Delta zu begegnen. „Wir alle haben uns einen Urlaub verdient, allerdings sollte auf Reisen in Hochinzidenz- und Virusvariantengebiete generell verzichtet werden“, sagte Dittmar dem RND.
Die AfD forderte verstärkte Grenzkontrollen, um „ein Einschleppen von gefährlichen Krankheiten und Infektionen zu verhindern“, wie der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Detlev Spangenberg, dem RND sagte. Weitere Einschränkungen persönlicher Freiheiten „ohne eine klare und von der Politik unabhängige wissenschaftliche Analyse“ lehnt die Partei ab. Bevor weitere Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen werden, brauche es „eine klare Definition der Delta-Variante auf wissenschaftlicher Basis“, so Spangenberg.