Nach Gräueltaten von Butscha

Deutschland und EU bereiten weitere Sanktionen gegen Russland vor

Die 57-jährige Tanya Nedashkivs'ka trauert um ihren Mann, der in Butscha am Stadtrand von Kiew getötet wurde. Angesichts der schockierenden Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha bereitet der Westen schärfere Sanktionen gegen Russland vor.

Die 57-jährige Tanya Nedashkivs'ka trauert um ihren Mann, der in Butscha am Stadtrand von Kiew getötet wurde. Angesichts der schockierenden Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha bereitet der Westen schärfere Sanktionen gegen Russland vor.

Berlin/Brüssel. Die Bundesregierung dringt auf Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unterstütze die Ermittlungen des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs zur Lage in der Ukraine „ganz ausdrücklich“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Montag.

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Als ersten Schritt erklärte Baerbock am Montag 40 Mitarbeiter der russischen Botschaft zu „unerwünschten Personen“ – sie müssen Deutschland nun verlassen. „Die Bilder aus Butscha zeugen von einer unglaublichen Brutalität der russischen Führung“, hieß es in ihrer Begründung. „Ähnliche Bilder müssen wir noch aus vielen anderen Orten befürchten, die russische Truppen in der Ukraine besetzt haben.“ Kanzler Olaf Scholz (SPD) verlangte, dass internationale Organisationen Zugang zu der ukrainischen Stadt Butscha, einem Vorort von Kiew, erhielten, um Verbrechen unabhängig zu dokumentieren.

Nach Butscha-Massaker: 40 russische Diplomaten des Landes verwiesen
04.04.2022, Berlin: Ein Polizeiwagen steht vor der russischen Botschaft an der Straße Unter den Linden. Nach dem Massaker im ukrainischen Butscha hat die Bundesregierung reagiert. Außenministerin Baerbock erklärte heute gleich 40 russische Diplomaten zu unerwünschten Personen - sie müssen Deutschland in den kommenden Tagen verlassen. Foto: Paul Zinken/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Es soll ein hartes Signal Richtung Moskau sein: Die Bundesregierung weist eine große Anzahl von Mitarbeitern der russischen Botschaft aus.

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Scholz stellt Verschärfung der Sanktionen in Aussicht

Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Butscha, die nach dem Abzug russischer Truppen von dort bekannt geworden waren, hatten am Wochenende international Entsetzen ausgelöst. Die Täter und ihre Auftraggeber müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Scholz. Zudem stellte er eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland in Aussicht. Weitere Maßnahmen würden „im Kreis der Verbündeten in den nächsten Tagen beschlossen“, sagte er. Baerbock erklärte: „Wir werden die Sanktionen gegen Russland verschärfen und die Ukraine noch stärker bei ihrer Verteidigung unterstützen.“ Putins hemmungslose Gewalt kenne keine Grenzen.

Baerbock zu „Massaker“ in Butscha: „Die Bilder sind unerträglich“
02.04.2022, Ukraine, Butscha: *** ATTENTION EDITORS GRAPHIC CONTENT ***  Ein ukrainischer Soldat geht entlang von Leichen auf einer zerstörten Straße. Fast 300 Zivilisten wurden entlang der Straße Butscha, einer Pendlerstadt außerhalb der Hauptstadt, getötet. Die meisten Opfer versuchten, den Fluss Buchanka zu überqueren, um in das ukrainisch kontrollierte Gebiet zu gelangen, und wurden dabei getötet. Russland ist am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert und hat damit den größten Militärangriff in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Foto: Mykhaylo Palinchak/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nach dem Abzug russischer Truppen lägen Tote auf den Straßen, berichtet der ukrainische Außenminister und forderte „vernichtende“ Sanktionen gegen Russland.

Nach dem Bekanntwerden der Gräueltaten könnte die EU dem Vernehmen nach noch in dieser Woche eine fünfte Sanktionsrunde gegen Russland auf den Weg bringen. Ein Energieembargo, wie es Polen und die baltischen Staaten fordern, dürfte jedoch nicht Teil der Sanktionen sein. Die Bundesregierung lehnt dies ebenso ab wie Österreich, während Italien nach eigenen Worten kein Veto einlegen würde – woraufhin der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bei Twitter fragte: „Wann Deutschland?“ Alle drei Länder sind wesentlich von russischen Energielieferungen abhängig.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte vor Beginn eines Treffens der Eurogruppe in Luxemburg, Deutschland versuche so schnell wie möglich, seine Abhängigkeit von russischer Energie zu beenden. „Aber Gas ist kurzfristig nicht substituierbar“, betonte er. Auf die Frage, ob sich Deutschland einem Kohle- und Ölembargo anschließen werde, antwortete Lindner nicht. „Keine Spekulationen“, sagte er. Man müsse den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter erhöhen, ohne sich selbst besonders zu schwächen.

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Morawiecki macht der Bundesregierung Vorwürfe

In dem Zusammenhang warf der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der Bundesregierung vor, auf der Bremse zu stehen. Das sei aus den Protokollen von EU-Treffen ersichtlich, sagte er in Warschau: „Jeder, der die Mitschriften liest, wird wissen, dass Deutschland die größte Bremse ist, wenn es um entschiedenere Sanktionen geht.“ Morawiecki hatte zuvor die Einberufung eines außerordentlichen Treffens der EU-Staats- und ‑Regierungschefs verlangt, damit ein weiteres Sanktionspaket schnellstmöglich verabschiedet werden kann. Alle Handelsbeziehungen mit Russland müssten „unverzüglich abgebrochen werden“.

Die EU-Kommission, die Sanktionen vorbereitet, wollte sich nicht über deren Art und Umfang äußern. Es handle sich dabei um einen „vertraulichen Prozess“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Außerdem müssten Sanktionen von den Mitgliedsstaaten erlassen werden. Die Diskussion in Brüssel konzentrierte sich auf Sanktionen unterhalb eines Energieembargos. Im Gespräch waren etwa höhere Zölle auf russische Gasimporte. Es gab zudem Forderungen, weitere russische Banken auf die Sanktionsliste zu setzen.

EU-Grüne wollen Oligarchenkinder sanktionieren

Die Europa-Grünen hatten zuvor gefordert, Familienmitglieder russischer Oligarchen zu sanktionieren. „Kinder von Putins oligarchischen Freunden sollten sich zum Einkaufen, für den Arztbesuch oder zum Studieren nicht mehr in der EU aufhalten dürfen“, sagte Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen-Europaabgeordneten, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Auch müssten die Schlupflöcher geschlossen werden, die es ermöglichten, russisches Vermögen in die Vereinigten Arabischen Emirate zu verlagern. Andresen sagte: „Die Emirate gehören durch die Aufnahme in die EU-Liste von Hochrisikoländern in der Geldwäscherichtlinie sanktioniert.“

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