Frauenquote: Die Jungs haben sich gut eingerichtet
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Fifty-Fifty wäre die Gleichstellung von Männern und Frauen. Im Bundestag sitzen 30 Prozent Frauen, in vielen Unternehmensvorständen nur Männer.
© Quelle: dpa
Eigentlich reicht ein Blick ins Grundgesetz. “Männer und Frauen sind gleichberechtigt”, steht dort. Es folgt der Zusatz: “Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.”
Eigentlich also müsste ja alles klar sein. Und trotzdem ist es anders: Frauen verdienen im Schnitt 20 Prozent weniger als Männer. Sie tragen – moderne Partnerschaften hin oder her – weiterhin den Hauptteil der sogenannten Sorgearbeit: Kinder, Kranke, Alte – Frauensache. Das ist nicht grundsätzlich schlimm, sondern oft auch erfüllend.
Aber es bedeutet in der Regel auch weniger Lohn, weniger Karrierechancen und, wenn Job und Familie unter einen Hut zu bringen sind, mehr Stress. Und aus weniger Lohn folgt ein Weiteres: weniger Rente und ein größeres Risiko der Altersarmut.
Giffey setzt auf Einigung mit Union bei Frauenquote für Unternehmen
Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) freut sich darüber, dass sich jüngst auch Kanzlerin Angela Merkel zu der Frauenquote unterstützend geäußert hatte.
© Quelle: Reuters
Der Herrenwitz der Unternehmen
So oft ist das alles gesagt, geschrieben und beklagt worden. Aber die Wiederholung scheint nötig. Es ändert sich ja nichts, oder zumindest nicht genug. Im Gegenteil: In den Chefetagen von Unternehmen sind Frauen weiter von so hohem Seltenheitswert, dass Journalisten Texte schreiben, wenn es doch mal wieder eine nach oben schafft.
70 Prozent der deutschen Unternehmen finden offenbar nichts dabei, sich mit einer Ziel-Frauenquote von null als Herrenwitz zu präsentieren. Im Bundestag ist seit der letzten Wahl nur noch jeder dritte Abgeordnete eine Frau. Und das liegt sicher nicht daran, dass sich nur die Qualifiziertesten durchgesetzt haben.
Eine Bundeskanzlerin, eine Verteidigungsministerin und eine EU-Kommissionspräsidentin sind ein Fortschritt. Aber dass drei Frauen auf diesen Posten immer noch etwas Besonderes sind, zeigt: Zu Gleichberechtigung als Normalzustand ist es noch ein Stück hin.
Die Jungs haben sich gut eingerichtet und machen Jobs eben weiter gerne unter sich aus. Es gibt ja auch was zu verlieren.
Es mag sein, dass die Corona-Krise bei der Erkenntnis hilft. Sie hat deutlicher werden lassen, wie wichtig viele der schlecht bezahlten Jobs in der Pflege, an den Ladenkassen, in den Kitas sind, die oft Frauen machen. Wie sich zumindest bei Bürojobs Abläufe eben doch so organisieren lassen, dass die Präsenz in Sitzungen aufs Telefon oder ins Internet verlagert werden kann.
Tricksereien und Blockaden
Und es ist längst Zeit, dass die CDU ernsthaft Anlauf zu einer Frauenquote nimmt. Zwar ist fraglich, ob die CDU ihren Frauenanteil im Bundestag wieder auf über 20 Prozent schrauben kann, weil die Quote für Wahllisten freiwillig ist und für Direktmandate nicht gilt. Aber wenn mehr Frauen in Parteivorständen sitzen, gibt es künftig mehr Auswahl bei der Kandidatensuche.
Es ist eine Chance für die CDU, wenn sie Gleichberechtigung nicht als Emanzipationskram lächerlich macht. Sogar die sonst bedächtige Frauen-Union hat sich beschwert, dass die freiwillige Quote mit Tricksereien und Blockaden ausgehebelt wurde.
Noch ist die Quote in der CDU nur ein Vorschlag – eine der letzten Amtshandlungen der scheidenden Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die in ihrer kurzen Amtszeit doch eine kleine Revolution hinbekommen hat.
Die Bestätigung durch den Parteitag wird eine der ersten Aufgaben des neuen Parteivorsitzenden sein. Es wäre ein denkbar schlechter Start, wenn der neue Mann die Quote wenige Monate vor der Bundestagswahl gleich wieder vom Tisch wischt.
Dabei wäre es natürlich schön, wenn es ohne Quote funktionieren würde. Wenn der Staat oder eine Parteiführung nicht eingreifen müsste, um gleiche Bezahlung und gleiche Chancen zu ermöglichen. Aber der Selbstverständlichkeit muss manchmal nachgeholfen werden.