Ghani bleibt Präsident in Afghanistan – Verlierer will Gegenregierung

Aschraf Ghani, Präsident von Afghanistan, spricht auf der 56. Münchner Sicherheitskonferenz.

Aschraf Ghani, Präsident von Afghanistan, spricht auf der 56. Münchner Sicherheitskonferenz.

Kabul. Mehr als vier Monate nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat die Unabhängige Wahlkommission den amtierenden Präsidenten Aschraf Ghani zum Sieger erklärt. Ghani habe 50,64 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die Wahlkommission in einer Pressekonferenz am Dienstag mit.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Damit hat Ghani die Wahl bereits im ersten Durchgang für sich entschieden. Sein wichtigster Herausforderer, Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatte im Vorfeld gedroht, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Angesichts der Kontroverse über das Ergebnis droht Afghanistan eine innenpolitische Krise zur Unzeit. Die USA und die militant-islamistischen Taliban stehen an der Schwelle zu einem Abkommen über Wege zu Frieden, die auch innerafghanische Friedensgespräche einleiten sollen. Um in den Verhandlungen mit den Islamisten zu bestehen, ist Beobachtern zufolge vor allem Einigkeit auf der anderen Seite vonnöten.

Präsident reagierte euphorisch

Ghanis wichtigster Herausforderer, Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, kam den Resultaten zufolge auf 39,52 Prozent der Stimmen. Von den weiteren Kandidaten erhielt niemand auch nur auf fünf Prozent der Stimmen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Abdullah Abdullah (M), Regierungsgeschäftsführer von Afghanistan, spricht nach einer Konferenz mit seinen Parteimitgliedern mit Journalisten.

Abdullah Abdullah (M), Regierungsgeschäftsführer von Afghanistan, spricht nach einer Konferenz mit seinen Parteimitgliedern mit Journalisten.

Ghani reagierte euphorisch. Sein Wahlsieg sei ein “Sieg des Volkes und der Republik”, sagte er in einer Ansprache im Präsidentenpalast, bei der sich seine Stimme immer wieder überschlug. Gleichzeitig versprach er, sich für die Rechte der afghanischen Bürger einzusetzen und den Friedensprozess voranzutreiben. Es sei an der Zeit, Frieden in jeder Ecke des Landes sicherzustellen.

Die Präsidentenwahl hatte am 28. September stattgefunden. Ende Dezember hatte die Wahlkommission nach wochenlangen Verzögerungen wegen technischer Probleme und nach Vorwürfen der Wahlfälschung vorläufige Ergebnisse verkündet. Auch damals wurde für Ghani ein Wert von 50,64 Prozent der Stimmen ermittelt.

Gegenkandidaten hatten vorläufige Resultate nicht anerkannt

Abdullah sowie weitere Präsidentschaftskandidaten hatten das vorläufige Resultat nicht anerkannt. Er will eine eigene Regierung aufstellen. “Wir sind das Siegerteam bei den Wahlen, basierend auf den sauberen Stimmen des Volkes”, sagte Abdullah am Dienstag bei einer Ansprache vor seinen Anhängern in Kabul. Abdullah kündigte an, eine “inklusive Regierung” zu formen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Wahlbeteiligung war mit 1,8 Millionen Stimmen die geringste seit dem Fall des Taliban-Regimes im Jahr 2001. Mehr als 9,6 Millionen der geschätzt 35 Millionen Afghanen waren zur Wahl registriert. Auch aus diesem Grund urteilen Beobachter, dass Ghanis Mandat schwach sein wird. Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network sagt, eine Wahlbeteiligung von knapp über 15 Prozent sei “nicht überzeugend”.

“Wahlkommission mit dubiosen Prozeduren”

Schwerer wiegt Ruttig zufolge allerdings, dass die Wahlkommission mit “dubiosen Prozeduren” pauschal die 300.000 umstrittenen Stimmen für gültig und damit Ghani zum Sieger erklärt und ihm eine Stichwahl erspart habe. Das wirke gerade zum jetzigen Zeitpunkt – kurz vor einem möglichen Beginn von Friedensgesprächen mit den Taliban – verdächtig.

“Das sieht nach politischem Druck aus, um Ghani zum einzig legitimen Verhandlungspartner zu machen”, sagte Ruttig. Damit dürfte sich die politische Krise weiter vertiefen – dabei wäre ein breiter politischer Konsens notwendig, um gegen die Islamisten nicht unter die Räder zu kommen.

RND/cle/dpa

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken