Kabinett einig: Geheimdienste sollen WhatsApp und Co. mitlesen dürfen

Das Icon des Messengerdienstes  WhatsApp und der Online-Plattform Facebook sind auf einem Smartphone zu sehen.

Das Icon des Messengerdienstes WhatsApp und der Online-Plattform Facebook sind auf einem Smartphone zu sehen.

Berlin. Die Bundesregierung will den Geheimdiensten künftig erlauben, Kommunikation über Whatsapp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitzulesen. Das Kabinett entschied am Mittwoch, dass der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst (MAD) künftig nicht nur laufende Gespräche via Messenger überwachen dürfen sollen, sondern auch Botschaften, die per Messenger verschickt werden.

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Voraussetzung für die sogenannte Quellen-TKÜ ist allerdings in jedem einzelnen Fall eine entsprechende Anordnung. Die Geheimdienste können also nicht nach eigenem Gutdünken Kommunikation mitlesen und speichern. Um die Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen zu verbessern, wird die Zahl der Mitglieder der für ihre Genehmigung zuständigen G10-Kommission des Bundestages erhöht. Außerdem soll der Kommission ein technischer Berater an die Seite gestellt werden. Die Reform muss noch vom Bundestag gebilligt werden.

Reform war heftig umstritten

Befürworter des Entwurfs sagen, damit wäre der Inlandsgeheimdienst von seinen Möglichkeiten her bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.

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Die Reform war in der Koalition sehr umstritten. Ein erster Entwurf war den anderen Ministerien bereits im März 2019 zur Stellungnahme übersandt worden. Damals sah er für die Geheimdienste auch noch die Erlaubnis für „Online-Durchsuchungen“ vor. Darunter versteht man den verdeckten Zugriff auf Computer, Smartphones und andere IT-Geräte, deren Daten dann ausgelesen werden können. Dieser Passus wurde auf Druck der SPD gestrichen.

Kritik aus der FDP

Die FDP kritisierte das Vorhaben. „Dass nun auch die Nachrichtendienste den Staatstrojaner einsetzen dürfen sollen, gleicht einem Ausverkauf der Bürgerrechte. Es überrascht sehr, dass Bundesjustizministerin (Christine) Lambrecht (SPD) als Verfassungsministerin diesen Schritt hin zum gläsernen Bürger als Ideal konservativer Sicherheitspolitik mitgeht“, sagte der FDP-Vizefraktionschef Stephan Thomae der dpa.

„Die Überwachung verschlüsselter Kommunikation, also die Quellen-TKÜ, ist der kleine Bruder der Online-Durchsuchung und stellt ebenso einen massiven Grundrechtseingriff dar.“ Beide hätten bei den verdeckt und im Gefahrenvorfeld agierenden Nachrichtendiensten „nichts verloren“.

Der nun vom Kabinett gebilligte Entwurf aus dem Bundesinnenministerium sieht außerdem einen erweiterten Austausch von Informationen zwischen dem MAD und den Verfassungsschutzbehörden vor. Auch werden die Hürden für die Beobachtung von Einzelpersonen durch den Verfassungsschutz gesenkt. Damit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus den rechtsextrem motivierten Terroranschlägen in Halle und Hanau. Beide Anschläge waren von Tätern verübt worden, die nach bisherigen Erkenntnissen keiner Gruppierung angehörten.

Vertrauen in Verfassungsschutz mittelmäßig ausgeprägt

Das Vertrauen der Bürger in den Verfassungsschutz ist einer SWR-Umfrage zufolge nur mittelmäßig bis unterdurchschnittlich ausgeprägt. 51 Prozent der 1004 von Infratest-Dimap Befragten gaben an, dem im Inland zuständigen Verfassungsschutz sehr großes oder großes Vertrauen entgegenzubringen, beim im Ausland tätigen Bundesnachrichtendienst taten dies nur 38 Prozent.

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Umgekehrt bekundeten 43 beziehungsweise 49 Prozent, wenig oder kein Vertrauen in diese Dienste zu haben - mit Abstand am stärksten Anhänger der AfD, in geringerem Maße aber auch der Linken.

Andere, ebenfalls abgefragte Institutionen wie die Polizei (79 Prozent) oder die Gerichte (65 Prozent) genießen bei weit mehr Menschen Vertrauen. In der vorgegebenen Liste schnitten nur die Parteien mit 30 Prozent Vertrauen schwächer als die Geheimdienste ab.

Zugleich befanden aber 56 Prozent, der Verfassungsschutz kümmere sich zu wenig um den Rechtsextremismus, und 47 Prozent, zu wenig um den Linksextremismus.

RND/dpa

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