„Gaskrieg“ abgewendet: Russland und Ukraine lösen Pipeline-Streit

EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic, Russlands Energieminister Alexander Nowak und der ukrainische Energieminister Alexej Orschel nach ihren Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin.

EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic, Russlands Energieminister Alexander Nowak und der ukrainische Energieminister Alexej Orschel nach ihren Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin.

Berlin. Bei ihren Gesprächen in Berlin haben Russland und die Ukraine eine Grundsatzeinigung über einen neuen Gastransitvertrag erzielt. Das sagte EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic am Donnerstagabend nach stundenlangen Verhandlungen zwischen beiden Ländern unter Vermittlung der EU und Deutschlands. Es seien noch Details offen, die in den nächsten Tagen verhandelt werden sollen. Dann solle der Vertrag auch unterzeichnet werden.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sieht die Grundsatzeinigung eine Vereinbarung über die künftige Vertragslaufzeit vor sowie über die Menge für den Gastransit durch die Ukraine. Mit der Grundsatzeinigung scheinen mitten im Winter mögliche Engpässe bei der Energieversorgung von mehreren europäischen Ländern abgewendet worden zu sein.

Die Zeit drängte, weil die aktuellen Verträge Ende des Jahres auslaufen und damit ein neuer Gaskrieg wie 2009 drohte. Damals waren viele Wohnungen in Osteuropa kalt geblieben, weil Kiew und Moskau über die Preise für Gaslieferungen an die Ukraine und für den Transit gestritten hatten.

Der russische Energieminister Alexander Nowak und der ukrainische Energieminister Alexej Orschel dankten Sefcovic sowie der deutschen Bundesregierung für die Vermittlung. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem wichtigen Schritt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte bereits am Donnerstag in Moskau gesagt, dass die Verhandlungen auf einem guten Weg seien. Russland hatte demnach der Ukraine günstige Preise für die Gaslieferungen angeboten. Die finanzschwache Ukraine ist zudem auf die Transitgebühren für die Durchleitung des Gases nach Deutschland angewiesen.

Die EU-Kommission vermittelte bei den Verhandlungen, weil die Ukraine sich von Russlands Marktmacht unter Druck gesetzt fühlt und die Preise für politisch gesteuert hält. Die Ukraine befürchtete außerdem, dass sie künftig ihre Position als wichtigstes Transitland für russisches Gas und damit Milliardeneinnahmen aus den Durchleitungsgebühren verlieren könnte.

Trittin bewertet Einigung als Rückschlag für US-Präsident Trump

Diese Ängste gibt es deshalb, weil Russland neben der Ostseepipeline Nord Stream 1 trotz drohender US-Sanktionen auch bald die Leitung Nord Stream 2 fertigstellen will. Allerdings beteuerte Putin zuletzt immer wieder, dass wegen des großen Energiebedarfs in Europa der Transit durch die Ukraine weiterhin nötig sei. Russland verlangt aber auch, dass die maroden Leitungen dort saniert werden.

Nord Stream 2: US-Kongress beschließt Sanktionen
ARCHIV - 25.11.2019, Russland, Moskau: Wladimir Putin (r), Pr??sident von Russland, spricht w??hrend eines Treffens mit Alexander Novak (l), Energieminister von Russland und Alexei Miller, Vorstandsvorsitzender von Gazprom. ??Kraft Sibiriens??, ??Turkish Stream?? und ??Nord Stream 2?? - gleich drei neue internationale Gasleitungen nimmt Russland in diesem Winter in Betrieb. Sowohl US-Pr??sident Trump als auch Demokraten und Republikaner im Kongress laufen Sturm gegen Nord Stream 2. Das US-Parlament verabschiedet nun ein Sanktionsgesetz, um die Ostsee-Pipeline noch zu stoppen - kurz vor der Fertigstellung des umstrittenen Projekts. (zu dpa ??Nord Stream 2: US-Kongress beschlie??t Sanktionen??) Foto: Alexei Druzhinin/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollst??ndiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

Mit der Pipeline Nord Stream 2 soll künftig noch mehr russisches Erdgas nach Europa transportiert werden.

Eine endgültige Einigung zwischen Kiew und Moskau wäre ein wichtiger Baustein für eine künftige Lösung des Ukraine-Konflikts. Die Ukraine wirft Russland vor, Separatisten im Osten des Landes zu unterstützen. Dort herrscht seit mehr als fünf Jahren Krieg. Bei den Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten starben nach UN-Angaben bisher etwa 13.000 Menschen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD), begrüßte den Kompromiss im Gasstreit und äußerte die Hoffnung, nun auch an anderer Stelle im Ukraine-Konflikt Fortschritte erzielen zu können. „Es ist gut, dass man eine Einigung beim Gastransit gefunden hat. Die Bundesregierung hat hieran in den letzten Wochen und Monaten intensiv mitgearbeitet. Jetzt gilt es, dieses Momentum zu nutzen, um auch in anderen noch schwierigen Punkten zwischen Russland und der Ukraine voranzukommen und insbesondere dem Minsk-Prozess zu einer nachhaltigen und belastbaren Umsetzung zu verhelfen“, sagte Wiese dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Hieran arbeiten wir mit Nachdruck.“

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin bewertete die Einigung als Rückschlag für US-Präsident Donald Trump. „Das ist eine schlechte Nachricht für Donald Trump. US-Frackinggas mit einem CO₂-Abdruck wie Kohle dürfte auch weiterhin nur schwer zu vermarkten sein – aller Störmanöver zum Trotz“, sagte Trittin dem RND.

Der Bundestagsabgeordnete rief die Bundesregierung zu mehr Härte gegenüber Washington auf: „Die Bundesregierung muss jetzt die Subventionen für neue Flüssiggasterminals stoppen. Hierfür gibt es bei europaweit leer stehenden Kapazitäten keinen Grund – nach der jüngsten Erpressung durch die USA erst recht“, sagt Trittin.

Die russisch-ukrainische Einigung zeige, das „zähes Verhandeln“ der Ukraine mehr helfe „als die Erpressungspolitik der USA gegenüber europäischen Unternehmen“. Der Grünen-Politiker rechnet mit einer verlässlichen Gasversorgung in Europa und stabilen Preisen.

Trittin zufolge werde Europa dennoch auf längere Sicht die Gasimporte stoppen müssen. „Nimmt Europa seine Klimaziele ernst, wird auch der Import von Gas durch die Ukraine oder durch die Ostsee über kurz oder lang enden. Einen klimaneutralen Kontinent bis 2050 werden wir nur erreichen, wenn die Abhängigkeit von Gasimport verringert wird“, sagte er dem RND.

mit dpa

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige


Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Top Themen

Deutschland
 
Sonstiges

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken