Debatte um Mangellage

Wegen Gasäußerung: Linken-Abgeordneter fordert Habeck-Rücktritt

Robert Habeck bei seinem Auftritt in Wien.

Robert Habeck bei seinem Auftritt in Wien.

Berlin. Aus der Linksfraktion im Deutschen Bundestag kommt der Ruf nach einem Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wegen dessen Äußerung über ein mögliches Ende der Priorisierung von Privathaushalten im Falle einer Gasmangellage. „Auch Wirtschaftsminister Habeck hat geschworen, Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden. Wer aber die Bürger nicht mehr vor Gasabschaltungen schützt und die Preise bewusst nach oben treibt, tut das Gegenteil und macht einen schlechten Job. Robert Habeck sollte zurücktreten“, forderte der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Macht Habeck weiter, droht ein historischer Kälte- und Teuerwinter für die Bürger. Unter Angela Merkel hätte eine solche Politik keine Chance gehabt“, so Pellmann weiter.

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Der Angeordnete forderte die Bundesregierung auf, mit Russland über ein Gasabkommen zu verhandeln. „Wir brauchen einen Gaspreisdeckel und die Bundesregierung muss endlich mit Moskau reden, anstatt irgendwie auf genügend Gas zu hoffen. Die kontraproduktiven Energiesanktionen müssen weg, dafür brauchen wir ein Gasabkommen mit Russland für den Winter“, sagte er. „Nichts bringt es der Ukraine, wenn die Bürger hierzulande frieren und verarmen und die Industrie ruiniert wird.“

Robert Habeck: Mit Energiesicherungsgesetz Gasmarkt stabilisieren

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht im Energiesicherungsgesetz, das eine sofortige Anpassung von Preisen bedeuten würde, neue Möglichkeiten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Dienstag bei einem Auftritt in Wien Äußerungen getätigt, die als Abkehr von der gesetzlich festgelegten priorisierten Versorgung privater Kunden im Fall einer Gasmangellage interpretiert worden waren.

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„Die europäische Notfallverordnung Gas sieht vor, dass kritische Infrastruktur und Verbraucher geschützt sind und Industrie und Wirtschaft nicht“, sagte der Wirtschaftsminister. Dies sei sinnvoll bei kurzfristigen und regionalen Problemen, etwa wenn ein Kraftwerk ausfalle. „Und dann sagt man, na ja, das überbrücken wir mit Kurzarbeitergeld für die Industrie und wir reparieren dann später, aber frieren soll niemand.“

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Das sei aber nicht das nun drohende Szenario, so Habeck weiter. „Wir reden hier möglicherweise von einer monatelangen Unterbrechung von Gasströmen.“ Deshalb müsse an dieser Stelle noch mal nachgedacht und nachgearbeitet werden. Private Haushalte müssten auch „ihren Anteil leisten“, so der Minister. Denn „eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion“ hätte „massive Folgen“ für die Versorgungssituation.

Wirtschaftsministerium rudert zurück

Das Bundeswirtschaftsministerium bemühte sich am Mittwoch, die Aufregung wieder einzufangen. Die europäische Verordnung, auf der der deutsche Notfallplan Gas basiert, definiere geschützte Kunden und diese Vorgabe gelte, sagte eine Sprecherin. „Das heißt Kindergärten, Krankenhäuser, private Verbraucher sind geschützte Verbraucher und diese werden auch im Fall einer Gasmangellage weiter versorgt und beliefert und nicht abgeschaltet.“ Klar sei aber auch, „dass im Fall einer Gasmangellage alle Verbraucher einen Beitrag zum Energiesparen leisten müssen“. Dafür brauche es dann auch Standards zum Energiesparen.

Über das Energiesicherungsgesetz könnte die Bundesregierung Verordnungen zur Energieeinsparung erlassen. Dabei könnte es zum Beispiel darum gehen, Vorgaben zu Mindesttemperaturen beim Heizen abzusenken.

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Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte den Vorrang vor Privathaushalten vor der Industrie. „Privathaushalte und systemrelevante Einrichtungen müssen in einer Gasmangellage ganz klar eine Priorität haben“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Das ist auch so im Gasnotfallplan festgeschrieben, Privathaushalte und soziale Einrichtungen sind dort besonders geschützt. Für mich zählen Schulen ebenso dazu.“

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach lehnt es ebenfalls ab, den Vorrang für Privathaushalte aufzuweichen. „Ich bin der Meinung, die bisherige Priorisierung, die wir haben, also zunächst die schützenswerte Infrastruktur, dann die privaten Haushalte und dann die Wirtschaft, ist richtig“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Inforadio des RBB. „Und wir sollten aus meiner Sicht auch dabei bleiben.“

Sollte endgültig kein Gas mehr nach Deutschland fließen, werde ein „Optionierungsmechanismus“ greifen, sagte Steinbach. Dabei werde es darum gehen, mit den reduzierten Gasmengen gegenseitig auszukommen. „Das heißt, man wird den Unternehmen Anreize bieten, aktiv zu sparen, und damit insgesamt das Kontingent so zu gestalten, dass es ausreichend ist“, erläuterte er. Über staatliche Eingriffe „sollten wir im Augenblick alle nicht diskutieren“, fügte Steinbach hinzu. Denn es müsse alles getan werden, um dies zu vermeiden.

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Berlins SPD-Chef wirft Habeck „unterkühlte Politik“ vor

Berlins SPD-Chef Raed Saleh kritisierte Habeck. „Es ist richtig, die Industrie und Arbeitsplätze zu sichern. Habeck will aber die zu befürchtenden Kostenexplosionen von bis zu 500 Prozent auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen“, sagte Saleh dem „Tagesspiegel“. „Das ist unterkühlte Politik.“

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Der Bund müsse sich bei der Abfederung der explodierenden Energiekosten stärker beteiligen, forderte Saleh, der auch Fraktionschef der SPD im Abgeordnetenhaus ist. Schließlich habe der Bund durch gestiegene Kosten in vielen Lebensbereichen zwischen 2021 und 2023 „rund 50 Milliarden Euro ungeplante Mehreinnahmen aus genau diesen Kostenentwicklungen bei der Mehrwertsteuer“, sagte er.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnt: „Gerade Menschen mit geringen Einkommen müssen ja jetzt schon 150, 200 Euro mehr im Monat für Lebensmittel, für Energie – gerade für Gas auch – zahlen.“ Vor dem Hintergrund der Debatte sagte er: „Wir brauchen gar nicht erst warten auf das Problem. Wir haben schon jetzt eine Krise.“

Die Politik tue noch nicht genug, um Menschen, die wirklich Hilfe benötigten, zu entlasten, kritisierte Fratzscher. Bei den bisherigen Entlastungspaketen seien „nicht wirklich die Menschen am unteren Ende gezielt entlastet“ worden, sondern es sei nach dem Gießkannenprinzip vorgegangen worden. „Menschen, die Hartz IV, die eine Grundrente erzielen, die haben keinen Schutzmechanismus“, warnte der DIW-Präsident. „Die Menschen, die brauchen jetzt dringend Geld in die Tasche, denn die Situation wird nicht besser, sondern eher in den kommenden Monaten noch mal deutlich schlechter.“

Mit Material von dpa

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