G7-Gipfel: Große Probleme, kleine Schritte
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Die G7-Chefs posieren für ein Gruppenfoto vor dem Itsukushima-Schrein in Hiroshima.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
Hiroshima. Am Ende geht es in der internationalen Politik häufig mehr um große Symbole als um das Kleingedruckte in irgendwelchen Gipfelerklärungen. Und auf der symbolischen Ebene ist der G7-Gipfel von Hiroshima schon nach seinem ersten Tag ein Erfolg.
Ein Signal der Einigkeit und der Entschlossenheit haben die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten demokratischen Industrienationen am Freitag in die Welt gesendet. Und durch den persönlichen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj tags drauf wurde das Signal noch um einiges stärker. In jedem Fall stark genug, um es in Moskau oder Peking hören zu können.
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Seine Pflicht hat der Gipfel damit erfolgreich absolviert. Bei der Kür allerdings hapert es zum Teil gewaltig. Schon ein kurzer Blick hinter die glitzernden Gipfelkulissen genügt, um zu erkennen, dass die vermeintlich „großen“ sieben, die in Wahrheit nur noch knapp 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und nur 10 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, in vielen Fragen alles andere als einig sind. Vor allem in der Wirtschaftspolitik kämpft jeder mit harten Bandagen – für sich. Es geht um geostrategischen Einfluss, es geht aber immer wieder auch um schnödes Geldverdienen.
So ist es kein Wunder, dass die USA auf ein weitgehendes Importverbot für Waren aus Russland drängen, von dem US-Unternehmen weit weniger betroffen als die europäische Konkurrenz wären. Das erklärt die Zurückhaltung auf dem alten Kontinent, wobei man dort sehr genau weiß, dass die Ukraine ohne die gewaltige militärische und monetäre Unterstützung der USA längst verloren wäre. US-Präsident Joe Biden hat recht, wenn er von seinen Verbündeten fordert, dass diese gefälligst ein Schippchen drauflegen sollen.
Umgekehrt sind es in der China-Politik die Amerikaner, die etwas von den Europäern wollen. Der Indopazifik ist weit weg von der Nordsee, das amerikanisch-chinesische Ringen um Einfluss in dieser Region ist vielen auf dem alten Kontinent herzlich egal.
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© Quelle: dpa
Das gilt auch und besonders für den Konflikt um Taiwan. Nicht nur in Paris stellen sich manche die Frage, ob das europäische Interesse am Erhalt der Demokratie von Taipeh groß genug ist, um im Ernstfall einen Konflikt mit China und damit auch den eigenen Wohlstand zu riskieren. Zumal der völkerrechtliche Status von Taiwan – anders als bei den von Russland okkupierten Teilen der Ukraine – auch noch alles andere als eindeutig ist. Der in schöner Regelmäßigkeit wiederkehrende Vorwurf vieler Schwellenländer, dass der Westen bei internationalen Konflikten gern mit zweierlei Maß misst, kommt jedenfalls nicht von ungefähr.
Aufstrebende Schwellenländer sind wählerisch
So unterschiedlich die Interessen von Europäern und Amerikanern sind, so alternativlos ist ihre Zusammenarbeit. Sie sind aufeinander angewiesen, wenn der Rest der Welt nicht vollends aus den Fugen geraten soll. Und sie müssen um die aufstrebenden Länder des globalen Südens werben, wenn die Brandmauer um das imperialistische Russland und das zunehmend aggressive China am Ende halten soll.
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Leicht wird das nicht, denn weder in Brasilien noch in Indien oder Südafrika träumen die Menschen davon, Teil des Westens zu sein. Die Schwellenländer sind sich ihrer wachsenden Bedeutung sehr bewusst, und sie schauen sich sehr genau an, wer ihnen das beste Angebot macht.
Dass der Gipfel das nun bereits zum zweiten Mal versucht hat, ist ein gutes Zeichen. Mehr aber auch nicht. Das Ringen um die Zukunft der Welt wird weitergehen. Auch wenn jeder noch so kleine Fortschritt mühsam erkämpft werden muss.