Frankreich: Die Impfpflicht für Pflegepersonal gilt

In einem Impfzentrum in Nizza wird eine Spritze für eine Corona-Impfung aufgezogen.

In einem Impfzentrum in Nizza wird eine Spritze für eine Corona-Impfung aufgezogen.

Paris. Manche haben bis zur letzten Minute gewartet, bevor sie sich doch noch impfen ließen. Francis Dufour, Krankenpfleger in einem psychiatrischen Krankenhaus in Clermont nördlich von Paris, gehörte dazu. „Ich kann nicht auf mein Gehalt verzichten“, begründete er den Schritt gegenüber der Zeitung „Le Monde“. In seiner Arbeitsstelle herrsche schlechte Stimmung, denn Kolleginnen und Kollegen, die die Impfung verweigerten, fühlten sich wie „Ausgestoßene“. Darüber hinaus wird ihr Arbeitsvertrag künftig ausgesetzt.

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Der heutige Mittwoch ist der Stichtag für alle in Frankreich, die im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten, aber auch für Apotheker und Apothekerinnen, Medizinstudentinnen und -studenten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute, um zumindest einmal gegen das Coronavirus geimpft zu sein. Allen anderen droht die Suspendierung. Bis 15. Oktober bleibt noch Zeit für die zweite Dosis. Das hat Präsident Emmanuel Macron vor zwei Monaten angekündigt – entgegen vorherigen Versprechen, keine Impfpflicht einzuführen.

Doch die französische Impfkampagne war damals ins Stocken geraten und die Sorge vor einem massiven Wiederanstieg der Infektionszahlen und einer Überlastung der Krankenhäuser groß. Macrons Ankündigung zeigte Wirkung: Hatten sich bis dahin nur gut die Hälfte der Menschen in den betroffenen Berufsgruppen impfen lassen, so waren es bei der letzten Erhebung vor einer Woche 88 Prozent des Pflegepersonals und 94 Prozent der Ärzte.

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Martin Hirsch, Direktor der öffentlichen Krankenhäuser in Paris, zufolge handelt es sich um „sehr, sehr wenige“ Pflegekräfte, die infolge der Impfpflicht gekündigt haben. Er gehe davon aus, dass ein bis zwei Prozent dieser definitiv nicht nachkommen werden. Damit sei Frankreich „wahrscheinlich das Land, wo das Krankenhauspersonal am meisten geimpft ist“.

In der Gesamtbevölkerung haben inzwischen mehr als 80 Prozent der über Zwölfjährigen eine vollständige Impfung erhalten. Diese hohe Quote ist vor allem Folge der Regeln zum „Gesundheitspass“, den Macron neben der Impfpflicht für alle Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich angekündigt hatte: Ihn muss seit mehreren Wochen besitzen, wer in ein Restaurant, Café, Theater oder Schwimmbad gehen, eine Fernreise mit dem Zug oder Bus, das Flugzeug nehmen, an Konzerten, Festivals oder Sportveranstaltungen teilnehmen will.

Der Pass ist ein Nachweis entweder der vollständigen Impfung oder eines negativen Corona-Tests. Ab 15. Oktober werden die Tests, die bis jetzt noch die Krankenkasse übernimmt, kostenpflichtig.

Für viele Menschen handelt es sich um eine Impfpflicht durch die Hintertür. In Schulen, Universitäten oder Notaufnahmen ist zwar kein „Gesundheitspass“ vorzuzeigen. Kommt es in einer Schulklasse zu einem Corona-Fall, müssen ungeimpfte Kinder und Jugendliche über zwölf Jahren allerdings zu Hause bleiben.

Eine große Mehrheit der Franzosen befürwortet diese Maßnahme, doch es bleibt ein harter und heterogener Kern an Gegnern, von denen viele seit Wochen jeden Samstag in etlichen französischen Städten demonstrieren. Ihre Zahl geht dabei zurück. Wurden zu Spitzenzeiten Anfang August 237.000 Menschen auf Frankreichs Straßen gezählt, so waren es zuletzt noch 121.000 Demonstranten.

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