Forsa-Umfrage: Ostdeutsche fühlen sich Russland deutlich näher, Westdeutsche den USA
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Wladimir Putin und Joe Biden am 16. Juni in Genf.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Bei der Haltung der Deutschen zu den USA einerseits und Russland andererseits gibt es über 30 Jahre nach der Deutschen Einheit weiterhin gravierende Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen. Das ergibt sich aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).
Beim Blick auf das deutsch-amerikanische Verhältnis finden 36 Prozent der Bürger, Deutschland solle sich von den USA unabhängiger machen. In Ostdeutschland sind 60 Prozent der Befragten dieser Meinung, in Westdeutschland lediglich 32 Prozent. Besonders verbreitet ist die Ansicht bei Anhängern der Linken (69 Prozent) und der AfD (62).
Putin gilt als Diktator
Umgekehrt ist das Verhältnis bei der Bewertung der deutsch-russischen Beziehungen. Für ein engeres Verhältnis sprechen sich 50 Prozent der Ostdeutschen aus, aber nur 25 Prozent der Westdeutschen. Die im Zuge des Ukraine-Konflikts verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland halten entsprechend 34 Prozent der Ostdeutschen für richtig, aber 68 Prozent der Westdeutschen. In ganz Deutschland liegt der Anteil bei 63 Prozent.
Die Zustimmung zum Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 klafft ebenfalls auseinander. In Ostdeutschland beträgt sie 74 Prozent, in Westdeutschland 48 Prozent. Quer durchs Land unterstützen 52 Prozent der Bürger das Projekt. Am stärksten ist die Ablehnung unter Grünen-Anhängern.
Auffällig ist, dass sich Ost- und Westdeutsche bei der Bewertung des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin weitgehend einig sind. Während 14 Prozent aller Bundesbürger meinen, man könne ihn im weitesten Sinne noch als Demokraten bezeichnen, halten 70 Prozent der Deutschen Putin für einen Diktator; darunter sind 60 Prozent der Ostdeutschen und 72 Prozent der Westdeutschen.
Das heißt, viele Ostdeutsche sprechen sich für engere deutsch-russische Beziehungen aus, obwohl sie Putin nicht als Demokraten einschätzen.
Es waren in der Vergangenheit auch in erster Linie ostdeutsche Ministerpräsidenten, die sich für engere deutsch-russische Beziehungen stark machten. Wirtschaftlich sind diese indes weniger bedeutend, als gemeinhin vermutet wird.
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Tatsächlich werden bloß noch rund 2 Prozent der ostdeutschen Güter nach Russland exportiert. Naheliegender erscheint deshalb, dass sich die Nähe aus der Transformation nach 1989 ergibt, in der sich viele Ostdeutsche auf sich selbst zurückgeworfen fühlten und in der Folge auf Vergangenes zurückgriffen.
Ergebnis der Geschichte
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), sagte dem RND: „Man kann die Unterschiede historisch erklären. Die alte Bundesrepublik hat die Westbindung gelebt, angefangen vom Marshallplan. Die ehemalige DDR war Teil der östlichen Hemisphäre. Wenn Menschen in den jungen Ländern deshalb der Meinung sind, dass es schön wäre, wenn wir ein besseres Verhältnis zu Russland hätten, dann teile ich das. Wir sind relativ näher dran.“
Er betonte zugleich, dass es im deutschen Interesse liege, Nord Stream 2 fertigzustellen.
Wanderwitz verwies aber auch auf den von Russland unterstützten Krieg in der Ostukraine und das von Moskau unterstützte diktatorische Regime in Belarus und sagte: „Weder Herr Trump noch Herr Putin haben ihre Länder zuletzt in einem guten Licht erscheinen lassen. Bei den USA hoffe ich, dass sich das jetzt ändert. In Russland ist kurzfristige Änderung nicht in Sicht. Und Sanktionen sind das einzige Mittel, das wir haben. Putin hat es selbst in der Hand, wie sich das Verhältnis entwickelt.“